ESMA versüßt Vorschlag zu Mifid II

Kritischer Punkt zur Provisionsberatung gestrichen - Maijoor: Verbot war nie Ziel - Strenge Regeln

ESMA versüßt Vorschlag zu Mifid II

Die Europäische Wertpapieraufsicht ESMA kommt der Finanzbranche mit ihren Vorschlägen zur Provisionsberatung einen Schritt entgegen. Doch die Ratschläge an die EU-Kommission zur Finanzmarktrichtlinie Mifid II enthalten weiterhin genügend Stoff, um Banken und Fondshäusern das Geschäft zu erschweren.jsc Frankfurt – Die heftige Kritik der Finanzbranche an dem Konsultationspapier der Europäischen Wertpapieraufsicht ESMA zur überarbeiteten Finanzmarktrichtlinie Mifid II hat Wirkung gezeigt – wenn auch nur zum Teil. Die Behörde in Paris nimmt in ihren am Freitag veröffentlichten Ratschlägen an die Europäische Kommission zur Auslegung der Richtlinie Abstand von einem Vorschlag, der in den Augen von Kritikern ein “faktisches Verbot” der in Deutschland verbreiteten provisionsbasierten Wertpapierberatung bedeutet hätte: Eine Provision dürfe, so sah es das noch im Mai veröffentlichte Papier der ESMA vor, nicht für Güter und Dienstleistungen verwendet werden, die grundlegend für den ordentlichen Geschäftsbetrieb des Finanzdienstleisters sind. Dabei sind Vertriebsprovisionen eine gewöhnliche Einnahmequelle in der Branche.Nun streicht die ESMA den umstrittenen Passus kurzerhand und gibt damit in einem wichtigen Punkt nach. Auch schlagen die Aufseher nun versöhnliche Töne an: Die Behörde verstehe das Anliegen der Kritiker, dass der Zugang der Kunden zu einer Finanzberatung nicht unbeabsichtigt erschwert werden dürfe, schreibt die ESMA in dem zugehörigen Bericht. Ein “faktisches Verbot” sei auch im Konsultationspapier niemals Ziel der Aufseher gewesen, erklärte ESMA-Chef Steven Maijoor in einer eilig einberufenen Telefonkonferenz. Ein Ende der Provisionsberatung war in den meisten eingereichten Stellungnahmen zum Konsultationspapier als mögliche Folge skizziert worden, wie der Bericht aufschlüsselt. Strenge VorgabenMit ihrem Entgegenkommen dürfte sich die Aufsicht etwas Luft verschafft haben, um dafür andere Vorschläge durchzusetzen. So fordert die ESMA weiterhin eine Qualitätsverbesserung für den Kunden. Dazu zählt ein “zusätzlicher oder höherwertiger Service”, der im Verhältnis zu der Höhe der Provision stehen muss. So soll dem Kunden etwa eine breite Palette an geeigneten Instrumenten angeboten werden, oder dem Kunden sollen andere Vorteile wie eine jährliche Beratung gewährt werden. Zudem sollen fortgesetzte Anreize (“Ongoing Inducement”) für den Kunden mit einem anhaltenden Nutzen in Verbindung stehen. Ähnliche Vorgaben hatte die ESMA schon im Konsultationspapier im Mai festgehalten.Auch darf die Provision an den Vermittler die Dienstleistung an den Kunden nicht verzerren (“without bias or distortion”). Diese Vorgabe dürfe viele hellhörig machen, stellen Provisionen im Vertrieb doch immer einen finanziellen Anreiz dar, ein bestimmtes Produkt zu empfehlen. Für den Schutz von Anlegern macht die ESMA darüber hinaus viele weitere Vorgaben: So müssen Anbieter für ihre Finanzprodukte etwa Zielgruppen definieren und Kosten offenlegen.Welche konkreten Folgen die Vorschläge der ESMA für die alltägliche Beratung zu Wertpapieren und Fonds haben werden, ist aber noch nicht genau absehbar. Das Verfahren zur Einführung der Richtlinie ist noch im vollen Gange (siehe Grafik). Die Vertreter der Finanzbranche dürften sich in den kommenden Wochen verstärkt an die EU-Kommission wenden, um die Vorgaben noch zu entschärfen. Erst ab 2017 sollen die Regeln der Mifid in der Praxis gelten, wie die ESMA aufschlüsselt. Auch will die Aufsicht in Zukunft weitere Vorgaben machen. Um die Kriterien zu “spezifizieren”, schlägt die Aufsicht vor, weitere Richtlinien und Empfehlungen “zu einem späteren Zeitpunkt” zu entwickeln.Die Richtlinie Mifid II und die dazugehörige Mifir treffen Regelungen, die vom Anlegerschütz über Hochfrequenzhandel bis hin zur Transparenz von Handelsplattformen reichen. Bei der Ausarbeitung der Richtlinie befindet sich die Aufsicht in heikler Rolle, lässt ihr der Gesetzestext doch Spielraum. Zwar heißt es in der Richtlinie, dass ein “unabhängiger” Berater keine Provisionen kassieren darf. “Abhängigen Beratern” ist das aber gestattet – aber nur, wenn die Zahlung dazu bestimmt ist, die Qualität der Dienstleistung für den Kunden zu verbessern. Die EU-Kommission hatte die ESMA beauftragt, für diese Einschränkung konkrete Vorgaben zu machen. Vertreter der Finanzbranche fordern eine sanfte Auslegung und weisen darauf hin, dass der europäische Gesetzgeber von einem Verbot der Provisionsberatung abgesehen habe. Anlegerschützer begrüßen eine schärfere Regulierung, wie ESMA-Bericht ausführt. Der Streit ums richtige Maß der Regulierung geht in die nächste Runde.