ETF-Absatz über Direktbanken gewinnt an Fahrt

Eine halbe Million Sparpläne spülen Geld in das Segment - Klassischer Vertrieb dominiert aber weiterhin

ETF-Absatz über Direktbanken gewinnt an Fahrt

Von Jan Schrader, FrankfurtDie Anleger deutscher Direktbanken greifen immer häufiger zu börsengehandelten Fonds (ETF). Seit Anfang des Jahres ist die Zahl der Sparpläne um annähernd die Hälfte auf 476 000 von zuvor 323 000 gestiegen, zeigt eine Statistik des Online-Dienstes “Extra-Magazin” für Oktober. Demnach legt jeder Sparer monatlich 152,40 Euro zur Seite, was einen ETF-Absatz von 72,5 Mill. Euro pro Monat ergibt. Darüber hinaus kamen dem Segment offenbar steigende Kurse und der Kauf von Fondsanteilen jenseits von Sparplänen zugute, so dass das erfasste ETF-Anlagevolumen innerhalb der ersten zehn Monate von 10,1 Mrd. auf 13,4 Mrd. Euro zulegte. Der “ETF-Retail-Marktreport” erfasst Daten von insgesamt sechs Direktbanken, darunter die ING-DiBa und die Commerzbank-Tochter Comdirect.Im Vergleich zum gesamten deutschen Fondsabsatz ist das ETF-Geschäft allerdings klein: Das Segment aktiver Aktienfonds, mit denen ETF häufig verglichen werden, zog laut deutschem Fondsverband BVI von Anfang Januar bis Ende September 1,7 Mrd. Euro an, also netto 190 Mill. Euro pro Monat. Die ebenfalls im traditionellen Vertrieb verkauften Mischfonds, die neben weiteren Anlageklassen ebenfalls auch Aktien enthalten, kommen sogar auf 18,6 Mrd. Euro seit Jahresbeginn, also monatlich netto mehr als 2 Mrd. Euro. Der Bestand der klassischen Produkte liegt mit 276 Mrd. Euro (aktive Aktienfonds) und 254 Mrd. Euro (Mischfonds) weit über dem ETF-Volumen bei den Direktbanken. Und auch klassische Adressen haben die Bedeutung von Sparplänen entdeckt: Über das Netz der Sparkassen hat die DekaBank zur Jahresmitte bereits knapp 3,8 Millionen Verträge angehäuft, während Union Investment über die Familie der Volks- und Raiffeisenbanken knapp 4,3 Millionen Sparpläne abgesetzt hat, wie die Gesellschaften jeweils angeben. Grenze nicht erkennbarDie rasche Verbreitung von ETF-Sparplänen sowie Angebote einer automatischen Vermögensverwaltung wie Cominvest der Comdirect oder die Kooperation der ING-DiBa mit dem Online-Anbieter Scalable Capital sprechen jedoch für eine relative Gewichtszunahme börsengehandelter Fonds. Wo aber die Grenzen für die Indexprodukte liegen, ist in der Branche umstritten. Während in den USA der Gründer der Fondsgesellschaft Vanguard, Jack Bogle, einen Marktanteil von ETF und weiteren Indexfonds von 70 bis 90 % für möglich hält, gilt der geringe Anteil an selbständigen Sparern hierzulande als Hürde für ETF-basierte Modelle. Denn während Finanzberater im provisionsbasierten Vertrieb Privatleute aktiv ansprechen können und somit auch Menschen erreichen, die nicht aus eigener Initiative heraus zu Fonds gegriffen hätten, spielen ETF im klassischen Vertrieb kaum eine Rolle. Die für niedrige Kosten bekannten Produkte sind somit auf Modelle angewiesen, die von Sparern gezielt ausgewählt werden müssen – so wie bei Direktbanken der Fall.Offen ist, wie sich das umfassende EU-Regelwerk Mifid II auf den Fondsvertrieb auswirkt. Die deutlichere Offenlegung von Vertriebsprovisionen sowie strengere Regeln für den Vertrieb könnten aus Sicht von Marktbeobachtern alternative Vertriebs- und Gebührenmodelle fördern, auch wenn sich ein rascher Wandel der Vertriebspraxis nicht abzeichnet. Gehandelt werden ETF aber bereits heute rege: Knapp 1,1 Mrd. Euro beträgt das Transaktionsvolumen der Direktbanken im Oktober – ein Zeichen von Eigeninitiative.