Ali Masarwah, Analyst bei MorningstarHerr Masarwah, passive Investmentfonds verzeichnen seit Jahren hohe Zuflüsse. Wird sich das fortsetzen?Ja, auf jeden Fall. ETFs sind einfach effiziente Instrumente, um die Risikoprämien abzugreifen, die es auf den Märkten zu holen gibt. Und immer mehr Vertriebe bieten ETFs an.Rund drei Viertel der passiven Fonds schneiden langfristig besser ab als aktive. Warum ist das so?Die Kosten von ETFs sind sehr viel tiefer als die von aktiv verwalteten Fonds. Wobei zu den Kosten auch Handelskosten und Performancegebühren zählen.Hat Europa bei passiven Investments Nachholbedarf?In den USA werden bestimmte Märkte bereits weitgehend passiv abgebildet. Ist das der Maßstab, dann haben wir in Europa noch Luft nach oben.Welchen Anteil können passive Indexfonds am gesamten Fondsvermögen erreichen?Ich halte eine Quote von 50 % für möglich.Die laufenden Gebühren von ETFs sind bereits niedrig. Werden sie noch weiter sinken?Im Durchschnitt werden sie deutlich sinken. Die neuen Produkte sind extrem günstig und weisen teilweise Kosten von nur fünf Basispunkten p.a. auf. Alte ETFs sind teilweise noch wesentlich teurer; sie werden sukzessive günstiger werden oder von preiswerteren ETFs verdrängt werden.Warum sind die Kosten eines Fonds für langfristig orientierte Anleger so wichtig?Kosten sind der wichtigste Faktor für Erfolg oder Misserfolg eines Investments. Das Schöne ist, dass der Anleger diesen Faktor auch kontrollieren kann. Müssen aktive Fonds nicht ihre Managementgebühren senken? Wird der Abstand bleiben?Aktive Fonds werden bereits günstiger, sie spüren den Druck durch ETFs. Doch kostet aktives Management so viel Geld, dass ein Abstand bleiben wird. Dies gilt auch dann, wenn Produkt- und Vertriebskosten bei den Gebühren getrennt werden.Ist die Transparenz und Einfachheit von Indexfonds ein Vorteil? ETFs sind vergleichbar mit Lego-Steinen, oder?Das kann man so sagen. ETFs können wie ein Baukasten benutzt werden. Aber eine One-Shop-Lösung ist mit einem Weltaktien-Indexfonds genauso möglich.Würden Sie physisch replizierende Produkte bevorzugen oder sind Swap-ETFs genauso gut? Hier sind wir bei Morningstar agnostisch. Beide Abbildungsmethoden haben ihre Berechtigung. Mit physischer Abbildung mag die Story einfacher zu erzählen sein. Bei komplexen Märkten sorgen Swaps für eine bessere Replikation. Auch steuerliche Gründe können für Swaps sprechen.Wie lässt sich eine breite Streuung gewährleisten?Ganz einfach: Anleger sollten auf jeden Fall ein Produkt auf einen breit gestreuten Index wählen.Welche Segmente sind sinnvoll, wo ist Vorsicht geboten?Vor allem bei Aktien ist Diversifikation wichtig. Aktien-ETFs auf den DivDax mit 15 Titeln oder auf den Dax mit 30 Titeln sind keine optimale Streuung. Solche ETFs sind nur als Beimischung geeignet.Wie beurteilen Sie Smart-Beta-Produkte?Damit begibt sich der Anleger faktisch in die Welt des aktiven Managements. Und wie wir wissen, ist das mit der Outperformance eine tückische Sache..Machen Bond-ETFs im Niedrigzinsumfeld Sinn?Bonds sind ein fester Bestandteil gemischter Portfolios, und dann sind günstige Bond-ETFs logischerweise auch sinnvoll.Wie beurteilen Sie Core-Satellite-Strategien?Das kommt darauf an, wie viel Vermögen ein Portfolio umfasst. Bei kleinen Vermögen lohnt es kaum, mehrere Produkte zu erwerben. Je höher das Vermögen, desto eher besteht die Möglichkeit, Satelliten beizumischen. Doch sollten Anleger sich zuvor darüber klar werden, was sie damit bezwecken wollen.Wie können Anleger bei passiven Anlagen Risiken begrenzen? Schließlich endet die Aufwärtsbewegung der Aktienmärkte auch einmal.Ich bin kein Freund von taktischen Spielereien, diese funktionieren häufig in der Praxis nicht. Bei langfristigem Anlagehorizont senkt ein jährliches Re-Balancing, das die Aktienquote wieder auf das Ausgansniveau stellt, das Risiko. Ansonsten sollten Anleger stets nur nach ihrer Risikotragfähigkeit investieren.Sind ETFs für Sparpläne gut geeignet?Ja, sehr gut sogar. Doch gilt es immer die Kosten eines Sparplans zu beachten. Was ist bei ETFs noch wichtig?Obwohl täglich handelbar, sind ETFs ein effizientes Instrument, um langfristig Vermögen aufzubauen. Darauf sollten sich Investoren konzentrieren – und ihre Trading-Instinkte bändigen. Das Interview führte Werner Rüppel.