Serie Förderbanken (9)EIB

EU-Förderbank EIB expandiert – und will mehr

Die Europäische Investitionsbank wandelt sich immer mehr vom reinen Infrastruktur- zum Entwicklungsfinanzierer mit globalem Anspruch. Wie verträgt sich ihre Top-Bonität mit mehr Hang zum Risiko?

EU-Förderbank EIB expandiert – und will mehr

Serie Förderbanken: Europäische Investitionsbank (9)

EU-Förderbank EIB expandiert – und will mehr

Europäische Investitionsbank baut Präsenz in Ukraine und global aus – Scheidender Bankchef Hoyer aufgeschlossen für risikoreichere Projekte

Wiederaufbau der Ukraine, Schwerpunktbüros in verschiedenen Teilen der Welt, strategische Zukunftsprojekte: Die Europäische Investitionsbank wandelt sich immer mehr vom reinen Infrastruktur- zum Entwicklungsfinanzierer mit globalem Anspruch. Wie verträgt sich mehr Hang zum Risiko mit ihrer Top-Bonität?

Von Stefan Reccius, Brüssel

Die Europäische Investitionsbank (EIB) will weiter expandieren – und zeigt sich aufgeschlossen, dafür auch stärker ins Risiko zu gehen. "Wir stehen natürlich bereit, noch mehr zu tun, solange die Investitionen auch 'bankable' sind", sagte EIB-Chef Werner Hoyer der Börsen-Zeitung. Gemeint ist, dass geförderte Projekte absehbar Erträge abwerfen und es sich nicht um rein spekulative Zukunftswetten handelt.

Die Förderbank der Europäischen Union expandiert mit neuen Vertretungen sowohl innerhalb Europas als auch in anderen Teilen der Welt. Seit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ist sie zudem maßgeblich dafür verantwortlich, mit den Milliardenhilfen aus der EU konkrete Wiederaufbauprojekte zu finanzieren. Die EU-Kommission erwägt, die EIB perspektivisch noch stärker in Projekte von hoher strategischer Relevanz einzubinden.

Schwerpunkt in der EU

Die Hauptaktivität der EIB liegt mit einem Finanzierungsvolumen im mittleren zweistelligen Milliarden-Euro-Bereich im EU-Binnenmarkt (siehe Grafik). Was auffällt: Die Finanzierungsvolumina unterscheiden sich je nach Mitgliedstaat zum Teil deutlich. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt ist die EIB in Ländern wie Spanien oder Portugal, Polen oder Griechenland um ein Vielfaches stärker engagiert als in Deutschland.

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Man sei besonders dort aktiv, wo es Finanzierungsengpässe gebe, was hierzulande kaum der Fall sei, heißt es. Gleichwohl nimmt die EIB für sich in Anspruch, auch in Deutschland eine Reihe bedeutsamer Projekte finanziert zu haben. Als ein prominentes Beispiel gilt die Impfstoffproduktion von Biontech. Zudem verweist man bei der EIB darauf, dass die Kreditzusagen in Deutschland stark steigen: von 2021 auf 2022 um 20%.

Für die Unterstützung der Ukraine ist die EIB auf die Mitarbeit und Zahlungsbereitschaft der EU-Staaten angewiesen. Denn staatliche Garantien sind ihre Voraussetzung für die Finanzierung an den Kapitalmärkten, und das dank ihres Topratings "AAA" zu besten Konditionen. Bislang hat das gut geklappt, mit 668 Mill. Euro Soforthilfe und 1,7 Mrd. Euro Infrastrukturhilfe für den Wiederaufbau. Für dieses Jahr sind die Garantien allerdings aufgebraucht, weshalb es übergangsweise ein Treuhandfonds für Ukraine-Hilfen tun muss.

Manche Projektnehmer stöhnen

"Dabei kommt uns zugute, dass wir das Land sehr gut kennen", sagt EIB-Chef Hoyer. "Wir sind dort seit 2007 tätig und haben unsere Aktivitäten nach dem russischen Einmarsch auf der Krim und der damit verbundenen Entscheidung, unsere Aktivitäten in Russland zu beenden, signifikant erhöht." Überhaupt sei die EIB wegen des Kriegs noch stärker gefordert: "Wir investieren ein Rekordvolumen in erneuerbare Energien, Energieeffizienz und den Stromnetzausbau, aber auch in die grüne Transformation unserer Industrie."

Dem Vernehmen nach läuft das nicht immer reibungslos ab. Projektnehmer monieren, dass die Auflagen für Kredite immer höher werden, schildert jemand mit Kenntnis von der Materie hinter vorgehaltener Hand. Es werde deshalb immer schwieriger, Projektnehmer zu finden. So sei es schon vor Russlands Angriffskrieg schwierig gewesen, Banken für Projekte in der Ukraine zu finden.

Ukraine-Hilfen in der Schwebe

Seit anderthalb Jahren hat die EIB alle Aktivitäten außerhalb der EU in der Sparte "EIB Global" gebündelt. Sie macht im laufenden Jahr mit voraussichtlich 8,5 Mrd. Euro etwa ein Zehntel des Finanzierungsprogramms der EIB aus (siehe Grafik). Bis 2025 soll EIB Global laut interner Prognose auf 10,3 Mrd. Euro wachsen. Eine verstärkte Präsenz in der Region der geplanten EU-Erweiterung steckt ebenso dahinter wie die Vernetzung in anderen aufstrebenden Weltregionen.

Ausdruck der Expansion sind regionale Schwerpunktbüros. Einen ersten sogenannten Hub hat die EIB in Kenias Hauptstadt Nairobi eröffnet. Fünf weitere sind geplant: in Côte d’Ivoire, Serbien, Ägypten, der Ukraine und Südafrika. Die regionalen Hubs würden Projektprüfungen beschleunigen und eine schnellere Auszahlung ermöglichen, heißt es.

Konkurrenz aus China

Die Grünen-Europaabgeordnete Viola von Cramon-Taubadel, die für den jährlichen Bericht des EU-Parlaments zur EIB zuständig ist, hält Belgrad und Pretoria für entscheidende Standorte. "Eine Präsenz auf dem Balkan brauchen wir, das kommt sogar etwas spät", sagt von Cramon-Taubadel mit Blick auf eine mögliche EU-Osterweiterung. Südafrikas Hauptstadt Pretoria sei vor allem aus entwicklungspolitischer Sicht wichtig. "Wir dürfen den Anschluss an den globalen Süden keinesfalls verpassen und müssen im Wettbewerb mit chinesischen Entwicklungsbanken ansprechbar sein."

Die EIB will weiter expandieren: Derzeit sei die Eröffnung von vier weiteren Außenbüros in Pristina, Podgorica, Astana und Taschkent geplant sowie die Einstellung weiterer lokaler Mitarbeiter. "Die EIB darf sich nicht verzetteln und kann nicht unendlich viele Büros aufmachen", mahnt von Cramon-Taubadel. EIB Global sei "keine Charity-Veranstaltung", sagt derweil Bankchef Hoyer. "Es geht vielmehr darum, globale Win-win-Situationen zu schaffen, durch die Finanzierung konkreter Projekte und die Etablierung von Partnerschaften auf Augenhöhe."

Strategische Technologien

Offen zeigt Hoyer sich für Ideen in Brüssel, das Mandat der EIB auszuweiten und dabei auch deren Risiko-Appetit anzuregen. Es geht darum, als strategisch erachtete Technologien stärker zu fördern. Ein solches Instrument vermisst auch die Europaabgeordnete von Cramon-Taubadel: Es sei überfällig, dass die EIB stärker ins Risiko geht. "Im Zweifel können wir ansonsten immer von amerikanischen Fonds und Banken oder von chinesischen Entwicklungsbanken abgehängt werden.”

Die EU-Kommission laufe mit ihren Überlegungen "bei uns offene Türen ein", sagt Hoyer, dessen Amtszeit dieses Jahr nach zwölf Jahren endet. Die EIB leiste bereits Enormes, etwa Finanzierungen von Offshore-Windanlagen, grenzüberschreitender Infrastruktur und von Start-ups. Nun bedürfe es einer zielgerichteten Förderung strategischer Zukunftstechnologien. "Bei riskanteren Projekten sind wir auf Risikogarantien unserer Shareholder, der EU-Mitgliedstaaten, oder der EU-Kommission angewiesen.“

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