EU geht gegen Kartengebühren vor

Kommission will Interbankenentgelte regulieren und begrenzen - Empörung in der Branche

EU geht gegen Kartengebühren vor

EU-Kommissar Michel Barnier will am nächsten Mittwoch eine EU-Verordnung vorschlagen, die sich die Anbieter von Kartenzahlungen vorknöpft. Bisher hat sich die EU-Behörde schon in die Gebührenpraxis von Visa und Mastercard über individueller wettbewerbsrechtlicher Verfahren eingemischt. Barnier möchte nun generelle Regeln festlegen.fed/kb Brüssel/Frankfurt – Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, einen zentralen Bestandteil der Gebühren bei Zahlungen mit Kredit- und Debitkarten zu begrenzen: die Interbankenentgelte. Das geht aus einem Verordnungsentwurf vor, der der Börsen-Zeitung vorliegt. Interbankenentgelte sind die Preise, die sich die Kreditinstitute in Rechnung stellen, die beteiligt sind, wenn ein Kunde in einem Geschäft eine Ware mit Karte bezahlt.Diese Interbankenentgelte schlagen nach Ansicht der EU-Kommission auf die Endkundenpreise durch. “Die Konsumenten neigen dazu, diese Gebühren nicht wahrzunehmen, die ihr Händler für das Zahlungsverfahren zahlen muss”, heißt es weiter in dem Papier. Vor diesem Hintergrund schlägt EU-Kommissar Barnier vor, diese Interbankenentgelte beim Einsatz von Debitkarten auf 0,2 % des Transaktionsbetrags zu beschränken, bei Kreditkartenzahlungen auf 0,3 %. Bis ins InlandDiese Vorgaben sollen zwei Monate nach Verabschiedung der EU-Verordnung, über die nun noch EU-Parlament und Minister beschließen müssen, für alle grenzüberschreitenden Transaktionen in Kraft treten. Nach zwei weiteren Jahren werden nach dem Willen Brüssels dann auch die Interbankenentgelte bei allen inländischen Zahlungsvorgängen bei den genannten Marken Visa und Mastercard begrenzt.Die Obergrenzen sind nicht zufällig gewählt, sondern entsprechen den Vorgaben, die Europas Wettbewerbshüter in den Verfahren gegenVisa und Mastercard festgesetzt hatten. Allerdings gelten diese bisher nur für grenzüberschreitende Transaktionen respektive in ausgewählten Staaten.Weitere wichtige Regelungen betreffen die Beschränkung von Auflagen, die Kartenunternehmen bislang teilnehmenden Händlern machen. Hier verlangt Brüssel eine Lockerung der Auflagen. Außerdem pocht die EU-Kommission auf eine organisatorische und rechtliche Trennung zwischen dem Angebot von Karten und der Abwicklung von Transaktionen. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass es Wettbewerb auf dem Markt der Verarbeiter von Zahlungsvorgängen gibt. Umstrittene PläneIn der Kartenbranche herrscht angesichts der nun von der EU beabsichtigten Regulierung des Interbankenentgelts helle Aufregung. Viele, die sich jedoch nicht zitieren lassen wollen, sehen darin einen Eingriff in den freien Markt, wenn ein Preis – in diesem Fall zwar nur dessen Höchstgrenze – in ganz Europa vorgeschrieben werden soll. Kritisiert wird auch, wie die EU auf die vorgesehene maximale Höhe der Interchange gekommen ist. Hier soll es zwar Tests gegeben haben, doch die Branche hätte sich dazu umfangreichere Studien gewünscht.Das Argument der EU, dass durch ein niedrigeres Interbankenentgelt die Kosten für Verbraucher sinken würden, weisen die Kartenorganisationen zurück. Denn in Ländern wie Spanien, Australien oder den USA, wo die Interchange bereits reguliert und begrenzt wurde, hätten Studien gezeigt, dass dadurch die Kosten für die Verbraucher sogar gestiegen seien. Dies äußert sich in höheren Jahresgebühren für die Karten, da den kartenausgebenden Banken Teile der Interchange fehlen, oder einem geringeren Service-Umfang. So soll die Jahresgebühr auf Kreditkarten nicht automatisch kostendeckend sein.Auch Investitionen in Innovationen in den elektronischen Zahlungsverkehr seien zurückgegangen oder hätten sich verzögert. Kosten verursachen Innovationen und technische Erweiterungen, wie die Umstellung auf den fälschungssicheren EMV-Chip statt des Magnetstreifens bis hin zum kontaktlosen Bezahlen. Zudem müssten Sicherheitssysteme, die betrügerische Transaktionen vermeiden sollen, ständig auf den neuesten Stand gebracht werden.Bezweifelt wird auch, ob es tatsächlich zu Preisabsenkungen im Handel kommen wird, wie die EU sich das wünscht. Für den Endverbraucher dürfte eine Preissenkung, die allein auf einer niedrigeren Interchange fußt, kaum ersichtlich oder nachprüfbar sein. Vielmehr könnte es sein, dass die Kosten, die der Handel nun einspart, sich auf die Verbraucher verlagern werden, heißt es. Frage der GleichbehandlungMoniert wird auch, dass die von der EU vorgeschlagene Regulierung nur auf die Marktteilnehmer des Vierparteienmodells (siehe Grafik) wie Visa und Mastercard zielt. Im Sinne einer Gleichbehandlung von Anbietern von Bezahllösungen müssten auch Zahlungsverkehrsdienstleister wie Paypal oder American Express ebenso reguliert werden, wird gefordert. American Express ist als Dreiparteienmodell sowohl Acquirer (“Bank” des Händlers), der Gebühren der Händler vereinnahmt, als auch Issuer (Kartenherausgeber), sodass interne Verrechnungsströme zwischen den einzelnen “Abteilungen” laufen, wie berichtet wird.—– Wertberichtigt Seite 8