EU gibt Londons Börse grünes Licht
Die EU-Wettbewerbsbehörde hat die milliardenschwere Übernahme des Datenkonzerns Refinitiv durch die Londoner Börse unter Auflagen freigegeben. Die LSE-Verpflichtungen sollen sicherstellen, dass die Märkte offen bleiben. Die Übernahme der Borsa Italiana durch Euronext ist damit noch nicht in trockenen Tüchern.ahe Brüssel – Die Europäische Kommission hat den Zusammenschluss der London Stock Exchange (LSE) mit dem Finanzdatenanbieter Refinitiv genehmigt – allerdings unter Bedingungen. Wie EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erklärte, sollen die Verpflichtungen, die die LSE eingegangen ist, “sicherstellen, dass die Märkte offen und wettbewerbsfähig bleiben und die Übernahme nicht zu höheren Preisen oder weniger Auswahl und Innovation für diese Produkte führt”.Zu den Auflagen gehört unter anderem der bereits vereinbarte milliardenschwere Verkauf der Mailänder Börse, Verpflichtungen bezüglich außerbörslich gehandelter Zinsderivate sowie beim langfristigen Zugang zu Finanzdaten (siehe Infokasten), von dem nachgelagerte Wettbewerber profitieren.Die LSE-Gruppe hatte bereits im August 2019 angekündigt, Refinitiv – ein Gemeinschaftsunternehmen des US-Finanzinvestors Blackstone und des Datenanbieters Thomson Reuters – für 27 Mrd. Dollar übernehmen zu wollen. Ziel war, das lukrative Datengeschäft auszubauen und damit die Abhängigkeit vom Aktienhandel zu senken.Die EU-Kommission sah allerdings schon früh mögliche Wettbewerbsprobleme im Bereich der Handelsdienstleistungen für europäische Staatsanleihen, die von beiden Unternehmen angeboten werden. Die LSE-Tochter Borsa Italiana betreibt neben der Mailänder Börse auch die Handelsplattform MTS, die zusammen mit der Refinitiv-Sparte Tradeweb Marktführer in diesem Segment ist. Abschluss im ersten QuartalProbleme sah Brüssel auch beim Zugang zu Finanzdaten sowie beim Handel und Clearing von sogenannten OTC-IRDs, wo eine Partei der anderen in der Wertschöpfungskette vorgelagert ist. Die vertiefte Überprüfung der Übernahme bestätigten die Probleme.Um die Bedenken auszuräumen, vereinbarte die LSE Anfang Oktober einen Verkauf der Borsa Italiana für 4,3 Mrd. Euro an Euronext. Die Mehrländerbörse hatte sich dabei gegen die Deutsche Börse und die Schweizer Börse SIX durchgesetzt. Fix ist dieser Deal jetzt aber noch nicht, wie EU-Beamte betonten. Hierüber werde die EU-Wettbewerbsbehörde “in den nächsten Wochen” entscheiden. Euronext erklärte, mit der Freigabe des LSE-Refinitiv-Deals sei eine der Hauptbedingungen erfüllt. Die Transaktion solle im ersten Halbjahr abgeschlossen werden.Bereits im laufenden ersten Quartal will nun die LSE-Gruppe den Refinitiv-Kauf abschließen, wie der Börsenbetreiber gestern ankündigte. Ansonsten hielt sich die LSE mit Kommentaren aber zurück: Es fehlten noch einige wenige weitere Genehmigungen durch Wettbewerbsbehörden und Finanzaufseher, hieß es lediglich aus London.Kritische Stimmen zu der Freigabe kamen unterdessen aus dem EU-Parlament. Die CDU-Abgeordneten Andreas Schwab und Sven Simon warnten mit Blick auf den Brexit vor einer neuen “Datenkrake”, die es europäischen Unternehmen schwierig mache, wettbewerbsrelevante Daten zu bekommen. Es erstaune, dass die EU-Kommission dabei sei, “ein neues Finanz-Datenoligopol” zu genehmigen, hieß es.Zuvor hatte auch der österreichische Christdemokrat und Vizepräsident des Parlaments Othmar Karas gefordert, keine finale Wettbewerbsentscheidung in diesem Fall zu treffen, bevor es keine Klarheit über die künftigen Finanzmarkt-Spielregeln zwischen der Europäischen Union und Großbritannien gebe. “Mögliche unfaire Wettbewerbsnachteile für EU-Finanzmarktakteure müssen wir vermeiden”, hatte der Politiker erklärt.