EU gibt Schweiz sechs weitere Monate

Brüssel verlängert Börsenäquivalenz - Berner Bundesrat soll sich hinter Rahmenabkommen stellen

EU gibt Schweiz sechs weitere Monate

Im Börsenstreit zwischen der EU und der Schweiz gewähren sich beide Seiten ein halbes Jahr Zeit. EU-Wertpapierfirmen können deshalb zunächst einmal an den Schweizer Börsen aktiv bleiben. Bis Juni erwartet die EU allerdings eine positive Haltung des Bundesrats zum Rahmenabkommen – sonst droht neuer Streit.dz/fed Zürich/Frankfurt – Die EU-Kommission hat angekündigt, die Handelsplätze in der Schweiz auch über das Jahresende 2018 hinaus als gleichwertig anzuerkennen – und zwar zunächst einmal für sechs Monate. Diese Verlängerung der Börsenäquivalenz hat für europäische Marktteilnehmer praktische Auswirkungen. EU-Wertpapierhandelsfirmen können nun bis Ende Juni 2019 weiterhin Aktien und Anteilscheine an der Züricher Börse Six handeln. Denn die in der EU-Marktverordnung (Mifir) vorgesehenen Handelspflichten für Anteilspapiere in der EU werden durch den Sechsmonats-Beschluss auch dann von der Brüsseler Behörde als erfüllt angesehen, wenn Händler ihnen an schweizerischen Handelsplätzen nachkommen.Der Streit über die Börsenäquivalenz hatte in den vergangenen Wochen an Fahrt gewonnen. Brüssel ist von der Schweizer Regierung enttäuscht, dass sich deren Unterhändler zwar mit den EU-Verhandlungsführern auf eine generelle Neuordnung der Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU verständigt haben, der Bundesrat sich aber nicht hinter diese Vereinbarung stellt. Die EU dringt darauf, das bislang in Dutzenden sektorellen Verabredungen organisierte Verhältnis zur Eidgenossenschaft in die Form eines institutionellen Rahmenabkommens zu überführen. Das würde bedeuten, dass Änderungen an Binnenmarktvorgaben dynamisch angepasst werden könnten. Sollte es dabei zu Kontroversen kommen, stünde zuerst der Gemischte Ausschuss und bei Bedarf anschließend auch ein Schiedsgericht zu Verfügung, um Streitigkeiten zu entscheiden. Nach langen Verhandlungsrunden ist die EU mittlerweile nicht mehr zu Nachbesserungen an der Rahmenvereinbarung bereit. Ein “Vertrauensvorschuss”Der für die Zusammenarbeit mit Nachbarländern zuständige EU-Kommissar Johannes Hahn machte am Montag deutlich, dass die sechsmonatige Verlängerung aus der Perspektive der EU “ein Vertrauensvorschuss” sei. Die Staatengemeinschaft wolle der Schweiz die nötige Zeit geben, um sich für das Rahmenabkommen zu entscheiden. Denn der Bundesrat hat vor wenigen Tagen eine neue Konsultationsrunde über das geplante Abkommen gestartet, gegen das es in der Schweiz noch allerlei Vorbehalte gibt, etwa seitens der Gewerkschaften, die Lohndumping fürchten.Hahn machte deutlich, dass die EU-Kommission erwartet, dass sich der Schweizer Bundesrat in den nächsten Monaten klar hinter das Rahmenabkommen stellt. “Wir müssen sehen, dass der Bundesrat den Institutionen und Kantonen die Annahme der Vereinbarung empfiehlt”, sagte der österreichische EU-Kommissar. Ansonsten droht ein erneuter Streit über die Börsenäquivalenz in einem halben Jahr. Schweizer halten die Füße stillMit der verlängerten Äquivalenzanerkennung der Schweizer Börsenregulierung durch die Europäische Union bleibt vorerst auch der “Plan B” in der Schublade, der mit Hilfe der Banken und deren Börsen- und Infrastrukturbetreiberin Six ausgearbeitet und im Juni von der Schweizer Regierung vorgestellt worden war. Dieser sieht vor, dass die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) ihrerseits ausländischen Börsenplätzen die Äquivalenzanerkennung nur unter der Bedingung erteilt, dass die in diesen Ländern tätigen Wertpapierfirmen uneingeschränkt Schweizer Aktien in der Schweiz handeln dürfen. Zwar hat die Schweiz die Eventualmaßnahme vorsorglich per Anfang Dezember in Kraft gesetzt und damit die Aktivierung des Plans zu Beginn des kommenden Jahres ermöglicht. Doch auf diesen letzten Schritt werden die Eidgenossen vorerst verzichten. Ein Sprecher des Eidgenössischen Finanzdepartements in Bern erklärte auf Anfrage, die Aktivierung von Plan B werde gegebenenfalls im Mai erneut geprüft werden müssen, vier Wochen bevor die um sechs Monate verlängerte Frist abläuft.Auf der technischen Ebene ist die Äquivalenz der Schweizer Börsenregulierung unbestritten. Die EU-Marktaufsichtsbehörde ESMA hatte der Schweiz die Gleichwertigkeit mit den EU-Börsen bereits 2016 beschieden. Der Börsenstreit ist deshalb politischer Natur.Die Schweiz ist nach den Vereinigten Staaten und der Volksrepublik China der drittgrößte Handelspartner der EU. Die EU wiederum ist wichtigster Außenwirtschaftspartner der Schweiz.