EU-Gipfel ringt um Kapitalmarktunion
EU-Gipfel ringt um
Kapitalmarktunion
Bundeskanzler Scholz erwartet aber bald Fortschritte
Reuters Brüssel
Der EU-Gipfel ringt um ein klares Bekenntnis zur Vollendung des EU-Kapitalmarktes, um mit den USA konkurrenzfähig zu werden. Aber auf dem EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel zeigten sich Differenzen zwischen kleinen und großen Staaten. Während Deutschland und Frankreich nach Angaben von EU-Diplomaten gemeinsam für einen Abschluss bei der Kapitalmarkt- und Bankenunion sowie für eine Angleichung der Körperschaftsteuern kämpften, stellten sich kleinere Länder wie Irland, Estland, Malta und Luxemburg quer. Es geht um die Finanzaufsicht und Unternehmenssteuern.
Am zweiten Gipfeltag diskutierten die 27 EU-Staats- und Regierungschefs über die Stärkung des EU-Binnenmarktes. Der frühere italienische Ministerpräsident Enrico Letta hatte dazu Vorschläge vorgelegt. Deutschland und Frankreich unterstützen dabei, dass die europäische Finanzaufsicht gestärkt wird und die Verbriefungen ausgeweitet werden. Zudem wollen sich die Staats- und Regierungschefs laut Entwurf der Gipfelerklärung für eine Verbesserung der Möglichkeiten für EU-weite Investitionen in Aktien und die Schaffung eines einfachen grenzüberschreitenden Sparprodukts für Kleinanleger einsetzen.
Insgesamt soll mit der Vollendung einer EU-Kapitalmarkt- und Bankenunion mehr privates Kapital für die Umstellung der Wirtschaft auf erneuerbare Energien sowie die Digitalisierung aktiviert werden. Allerdings gibt es seit Jahren Widerstand. Irland etwa bremst bei der Angleichung der Steuersätze.
Bundeskanzler Olaf Scholz dringt darauf, dass die EU zügig die EU-Kapitalmarkt- und Bankenunion vollendet. Er sei sich mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron einig, dass die Zeit der Ausflüchte nun vorbei ist, sagte er am Donnerstag. Die EU-Kommission habe Arbeitsaufträge erhalten, man werde das Thema nach den Europawahlen für die nächste Kommission auf die Agenda setzen. „Ich glaube, dass wir also in diesem Feld jetzt endlich Fortschritte sehen werden.“
Der US-Finanzmarkt gilt für Investoren als attraktiver, da er weniger komplex, aber liquider ist als der der EU mit 27 unterschiedlichen nationalen Regelungen. Die Europäische Kommission schätzt aber, dass die EU bis 2030 jährlich rund 650 Mrd. Euro an privaten Geldern benötigt, um den Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energiequellen sowie die Digitalisierung der Wirtschaft zu ermöglichen.
Die Reform ist auch in der Ampel-Koalition umstritten. So lehnten etwa die Grünen bisher einen Ausbau des europäischen Verbriefungsmarktes ab. Die FDP hat dagegen Probleme mit der ebenfalls nötigen Reform des Insolvenzrechts.