Krisenrahmen für Banken

Widerstand gegen „Abwicklung für alle“

Unter Protest aus Deutschland schlägt die EU-Kommission neue Regeln für Bankenkrisen und Einlagensicherungen vor. Was hinter dem Brüsseler Vorhaben steckt.

Widerstand gegen „Abwicklung für alle“

Widerstand gegen „Abwicklung für alle“

EU-Kommission schlägt neue Regeln für Krisenrahmen und Einlagensicherungen vor – Deutsche Kreditwirtschaft kritisiert „Paradigmenwechsel“

Unter Protest aus Deutschland schlägt die EU-Kommission neue Regeln für Bankenkrisen und Einlagensicherungen vor. Sparkassen und Genossenschaftsbanken sind alarmiert. Die Deutsche Kreditwirtschaft lehnt den „Paradigmenwechsel“ ab – und hat Unterstützung.

rec Brüssel

Vorschläge der EU-Kommission zur Reform der Bankenabwicklung stoßen in der deutschen Finanzbranche auf entschiedenen Widerstand. Die Brüsseler Behörde drängt wie vorab berichtet darauf, im Krisenfall den geordneten Marktaustritt eines strauchelnden Instituts zur Regel zu machen. Die Deutsche Kreditwirtschaft sieht das sehr kritisch. In einer gemeinsamen Stellungnahme sprechen sich die fünf führenden Verbände gegen eine „Abwicklung für alle“ aus.

Mit ihrem Reformpaket zu Krisenrahmen und Einlagensicherung kommt die EU-Kommission einem Arbeitsauftrag der EU-Staaten nach. Darauf wiesen die zuständigen Kommissare Mairead McGuinness und Valdis Dombrovskis hin. Die Weiterentwicklung der Bankenunion ist unter den EU-Staaten zwar Konsens. Es gibt aber sehr unterschiedliche Vorstellungen, wie eine Reform im Detail auszusehen hat – auch in der Finanzbranche.

Keine pauschale Ausnahme

Mit ihrer geschlossenen Ablehnung signalisiert die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) jedenfalls, dass sie die Stoßrichtung des Vorhabens insgesamt kritisch sieht. Ihr missfällt der Eindruck, für kleinere und mittlere Institute solle die Abwicklung zum neuen Standard werden. „Mit diesem fundamentalen Paradigmenwechsel verfehlt die Europäische Kommission nicht nur das Ziel für mehr Finanzmarktstabilität zu sorgen, sie bewirkt sogar genau das Gegenteil“, sagt Daniel Quinten, Vorstandsmitglied des derzeit federführenden Verbands der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR). „Denn die ‚Abwicklung für alle‘ soll teuer auf Kosten der nationalen einlagenbezogenen Sicherungssysteme erkauft werden“.

Bei der DK heißt es, man werde sich für grundlegende Änderungen einsetzen. Unterstützung kommt von Finanzminister Christian Lindner (FDP) und CSU-Europaparlamentarier Markus Ferber. „Wir brauchen mehr Kohärenz im Abwicklungsregime, aber die Lösung kann nicht lauten, dass Abwicklung selbst bei Kleinbanken zum Standardfall wird“, sagt Ferber. „Nicht jede strauchelnde Bank ist auch ein Abwicklungsfall.“

Die EU-Kommission verteidigt ihren Ansatz. Nationale Behörden würden weiterhin von Fall zu Fall entscheiden. Deren Auftrag lautet, den geordneten Marktaustritt einer angeschlagenen Bank unabhängig von Größe und Geschäftsmodell einheitlicher zu organisieren. Dafür gebe es eine breite Palette von Instrumenten. Eine generelle Ausnahme für die Institutssicherungen von Sparkassen und Genossenschaftsbanken lehnt die EU-Kommission ab. Ihre Vorschläge seien ausgewogen. Die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bankenabwicklungsbehörde SRB begrüßen die Vorschläge.

Erklärtes Ziel der EU-Kommission ist es, dass Bankenrettungen seltener auf Kosten der Steuerzahler gehen. Das war beispielsweise bei Insolvenzen in Italien wiederholt der Fall. In verstärktem Maße sollen dafür Geldtöpfe greifen, die Finanzinstitute selbst für den Krisenfall angelegt haben. Damit ist über die nationale Einlagensicherungen hinaus auch der einheitliche Bankenabwicklungsfonds SRF gemeint.

In Summe beinhalten ihre Reformvorschläge noch deutlich mehr. So will die EU-Kommission den EU-weit vorgeschriebenen Schutz von Einlagen bis 100.000 Euro auf öffentliche Einrichtungen wie Krankenhäuser, Schulen und Kommunen ausweiten. Auch Einzahlungen bei Investmentgesellschaften und Zahlungsdienstleistern sollen geschützt werden. In Fällen wie Erbe oder Versicherungsleistungen sollen vorübergehend höhere Summen abgesichert sein.

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