EU plant europäischen Sparerschutz in Etappen

Volle nationale Töpfe sollen Bedingung für Zugriff auf Gemeinschaftsmittel sein - Paralleler Aktionsplan zur Risikominderung

EU plant europäischen Sparerschutz in Etappen

Die EU-Kommission wagt die Konfrontation mit Deutschland. EU-Kommissar Jonathan Hill wird am Dienstag trotz aller Vorbehalte und Widerstände einen Gesetzesvorschlag für die stufenweise Vergemeinschaftung der Einlagensicherung präsentieren.fed/bn Brüssel/Frankfurt – EU-Kommissar Jonathan Hill wird am kommenden Dienstag ein Konzept für einen gemeinsamen Einlagensicherungsfonds aller 19 Staaten der Eurozone vorstellen. Wie aus EU-Kreisen verlautet, ist eine Jahr für Jahr wachsende Dotierung geplant. Ab Sommer 2017 sollen die Beiträge, die Banken für die Absicherung der Sparguthaben von Kunden im Falle einer Bankpleite vorstrecken, demnach nicht mehr zu 100 % in einen nationalen Topf fließen. Vielmehr soll ein Fünftel davon für einen europäischen Sicherungsfonds abgezwackt werden. Geht in dieser Phase der “Rückversicherung” ein Institut etwa aus Deutschland pleite, wird zunächst der entsprechende Topf in Deutschland bis auf den letzten Euro geleert. Anschließend darf der neue Euro-Fonds angezapft werden. Allerdings wird er maximal 20 % der Kosten übernehmen, die für die Entschädigung der Einleger bis 100 000 Euro anfallen. Wird mehr Geld gebraucht, müssen die Institute des betroffenen Landes ex post nachlegen. In Phase zwei steigt im Zuge einer “Mitversicherung” einerseits der Anteil der Einzahlungen in den Euro-Topf, andererseits aber auch die Möglichkeit, im Schadensfall daraus Geld zu entnehmen (siehe Grafik). Anreiz zur Umsetzung2024 schließlich startet Stufe drei der “Vollversicherung”. Alle Mittel zur Einlagensicherung landen dann im gemeinsamen Fonds, und aus ihm werden auch alle Schadensfälle finanziert – zumindest alle Fälle in Ländern, deren Banken ihren Zielbeitrag von 0,8 % der gedeckten Einlagen vollständig geleistet haben. Wer im Rückstand ist, bleibt außen vor – an dieser Stelle folgt Brüssel der deutschen Forderung, dass zunächst die nationalen Fonds so befüllt werden müssen, wie es die Vorgaben verlangen, bevor Europa Rückendeckung gibt. “Das ist ein Anreiz, die vereinbarten Anforderungen auch tatsächlich umzusetzen”, heißt es aus der Behörde. Aus Sicht der Sparkassen und Volksbanken bedeutet dies, dass sie zwar nicht verpflichtet werden, mehr Geld für Einlagensicherung in die Fonds zu überweisen. Allerdings soll künftig ein stetig wachsender Teil ihres Beitrags in einen Topf wandern, der keine frühen Interventionen im Sinne des Institutsschutzes erlaubt – also auch keine Rettungsaktion für eine Sparkasse. Insofern profitieren sie, so sie bei ihrem System der Institutssicherung bleiben, nicht von dem Euro-Fonds. In Brüssel wird mit dem Argument dagegengehalten, dass der Gemeinschaftstopf sehr wohl auch den Verbünden nutze – falls sie ein Mitgliedsinstitut nicht mehr aus eigener Kraft retten könnten und deshalb doch auf Europas Hilfe bei der Entschädigung der Kunden angewiesen seien. Kritik aus Frankreich ist programmiert, weil das EU-Konzept keine etwaige Sonderbehandlung der Staaten mit hoch konzentrierter Bankenlandschaft mehr vorsieht. Bisher gibt es die Aussicht auf eine Reduktion der Zielausstattung auf 0,5 % der gedeckten Einlagen – sie fällt weg.Interessant werden die Kalkulationen sein, was die Vergemeinschaftung für die individuellen Beträge bedeutet. Denn bisher wird deren Höhe bestimmt durch das Risikoprofil einer Bank im Vergleich mit allen anderen Geldhäusern in ihrem jeweiligen Land. Mittelfristig jedoch soll der Betrag indes kalibriert werden anhand einer Gegenüberstellung mit allen anderen Eurozone-Instituten.Um auf den deutschen Vorbehalt zu reagieren, Brüssel kümmere sich zu viel um Risikoteilung und zu wenig um Risikovermeidung, wird die EU-Behörde am Dienstag zugleich eine Mitteilung vorlegen. Darin kündigt sie an, eine Ausdünnung nationaler Wahlmöglichkeiten bei der EU-Kapitalrichtlinie vorzuschlagen sowie Vorarbeiten für eine Stärkung der Verlustpuffer (lost absorbing capacity), für eine Reform des Firmeninsolvenzrechts und für einen langsamen Abschied von der Nullgewichtung von Staatsanleihen.