EU präzisiert Kapitalmarktunion

Grünbuch wirbt für Standardisierung und schlägt spezifische Bilanzierungsvorgaben für Nebenwerte vor

EU präzisiert Kapitalmarktunion

Am 18. Februar startet die EU-Kommission ihre mit Spannung erwartete Konsultation zur Kapitalmarktunion. Dieses Grünbuch, dessen Entwurf der Börsen-Zeitung vorliegt, regt Qualitätsstandards (etwa für Verbriefungen oder Privatplatzierungen) an, um Vertrauen in diese Finanzierungsformen zu stärken.fed Brüssel – Das Grünbuch zielt einerseits auf eine Standardisierung und europaweite Harmonisierung von Finanzierungsinstrumenten, andererseits auf die Beseitigung von Hindernissen für Investoren und in der grenzüberschreitenden Marktinfrastruktur. Um kleineren Unternehmen den Zugang zum Kapitalmarkt zu erleichtern, denkt die EU-Kommission über ein Mindestmaß an Transparenz über die Bonität der Firmen nach. Sie regt “standardisierte und kontinuierliche Informationen über die Kreditqualität” an. Auf diese Weise will die EU-Behörde dem Umstand begegnen, dass drei Viertel aller eigentümergeführten Unternehmen in Europa keine Prüfung ihrer Kreditwürdigkeit (Credit Scoring) vornehmen lassen. Auch soll es Börsengängern einfacher gemacht werden, einen Prospekt zu erstellen.Um den Markt für Verbriefungen wiederzubeleben, dessen Volumen in Europa zuletzt nicht einmal mehr ein Drittel so groß war wie 2007, strebt die EU-Kommission einheitliche Qualitätsstandards sowie eine konsistente aufsichtsrechtliche Behandlung an. Erhebliches Potenzial entdeckt die EU-Behörde auch für Privatplatzierungen, also den außerbörslichen Verkauf von Anteilen an eine ausgewählte Gruppe von Investoren. Um diese Finanzierungsform attraktiver zu machen, haben die EU-Beamten weniger einheitliche gesetzliche Vorgaben im Auge als vielmehr von der Industrie selbst festgelegte Standards über Marktpraktiken und Dokumentationspflichten.Die EU-Kommission ist außerdem überzeugt davon, dass internationale Rechnungslegungsstandards hilfreich für den Marktzugang sind. Da sie allerdings Mittelständlern keine Pflicht zur Bilanzierung nach IFRS auferlegen will, bringt Brüssel die Entwicklung eines “vereinfachten, gemeinsamen, hochwertigen Buchführungsstandards” ins Spiel – und zwar den Bedürfnissen von Firmen angepasst, die an bestimmten Handelsplätzen gelistet sind.Bereits im laufenden Jahr will die EU-Kommission eine Konsultation starten, um auszuloten, ob Wirtschaft und Kreditbranche die Einführung eines EU-Rahmens für gedeckte Schuldverschreibungen (Covered Bonds) empfehlen – darin Vorgaben, die Auskunft über die unterliegenden Anleihen oder andere zur Besicherung genutzte Wertpapiere verlangen. Auch ist die EU-Behörde der Überzeugung, dass der Handel mit Unternehmensanleihen florieren würde, wenn er stärker standardisiert wäre. Brüssel erbittet deshalb Vorschläge, inwieweit die Marktteilnehmer dafür selbst sorgen wollen – oder auf Regulierung warten. Kapitalpflichten im BlickAusführlich befasst sich das Grünbuch schließlich damit, wie Europas Gesetzgeber den Investoren das Geschäft erleichtern kann. Die EU-Kommission bekräftigt ihre Ansage (vgl. BZ vom 30. Januar), sich zügig mit der Frage befassen zu wollen, inwieweit die Kapitalanforderungen für Investitionen von Versicherern in Infrastrukturvorhaben eine Sonderbehandlung erhalten. Die EU-Behörde deutet sogar an, dass sie sich bei der Kalibrierung der Kapitalanforderungen nach Solvency II eine eigene Unterklasse für risikoarme Projekte vorstellen kann.Eher vage gehalten sind die Überlegungen, inwieweit nationale Unterschiede in anderen zentralen Fragen für Investoren überwunden werden können – zum Beispiel die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Aktien und Anleihen, die voneinander abweichenden Definitionen des Eigentumsübergangs und damit verbunden die erheblichen Differenzen im Insolvenzrecht und im juristischen Umgang mit Sicherheiten oder Stimmrechten von Minderheitsaktionären. In diesem Kontext stellt das Grünbuch eher generelle Fragen und bittet um Empfehlungen.