EuGH-Urteil

EU-Richter beschränken Einsatz von Schufa-Score

Die Bonitätsauskunft von Auskunfteien darf nicht maßgeblich für die Kreditvergabe sein. Die Schufa reagiert demonstrativ gelassen, Verbraucherschützer sind erfreut und die Bundesregierung macht eine Ankündigung.

EU-Richter beschränken Einsatz von Schufa-Score

EU-Richter beschränken
Einsatz von Schufa-Score

EuGH: Bewertung darf nicht maßgeblich für Vergabe von Verbraucherkrediten sein

rec/jsc Brüssel/Frankfurt

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) schränkt den Einsatz des Schufa-Scores ein. Eine automatisierte Bonitätsbewertung von Auskunfteien wie der Schufa darf laut einem Urteil nicht „maßgeblich“ für
die Kreditvergabe sein (Rechtssache C-634/21). Banken und Händler müssen zum Teil ihre Praxis ändern und vermehrt andere Kriterien heranziehen. Verbraucherschützer zeigen sich erfreut.

Die Schufa stellt Informationen zur Kreditwürdigkeit von Privatleuten zur Verfügung. Dafür ermittelt sie einen Score-Wert. Nach Einschätzung der Richter handelt es sich immer dann um eine „grundsätzlich verbotene“ automatisierte Entscheidung im Einzelfall, sofern eine Bank oder ein Unternehmen dem Score-Wert eine „maßgebliche Rolle“ für eine Kreditentscheidung beimisst. Verbraucher sind bei einer automatisierten Verarbeitung laut europäischer Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) besonders geschützt.

Die Schufa gibt sich gelassen: Man begrüße das Urteil. „Es sorgt für Klarheit, wie Zahlungsprognosen (Scores) in den Entscheidungsprozessen von Unternehmen im Sinne der DSGVO verwendet werden dürfen.“ Das Urteil sei keine „Lex Schufa“. Es gehe auch nicht um die Berechnung des Scores an sich. Außerdem mache der Score lediglich 13% am Firmenumsatz aus.

Das Urteil des EuGH hatte sich seit dem Frühjahr angedeutet. Zwischenzeitlich haben die meisten Banken nach Angaben der Schufa versichert, dass der Score nicht „maßgeblich“ für ihre Geschäftsentscheidungen sei. Viele Händler dürfte ihre bisherige Praxis im Umgang mit dem Schufa-Score hingegen vor Probleme stellen.

Für den Datenschutzexperten Christoph Ritzer steckt die Kreditwirtschaft durch das Urteil in einem Dilemma. Bei Entscheidungen über Kredit- oder Mietverträge seien Verzögerungen zu erwarten. Pascal Schumacher von der Kanzlei Noerr rät Vertragspartnern der Schufa zu handeln: „Wer auf ein einfaches ,Weiter so‘ setzt, geht erhebliche Risiken ein.“ Das Urteil ruft auch die Bundesregierung auf den Plan: Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke (Grüne) kündigte an, „zeitnah“ Vorschriften für mehr Transparenz beim Scoring zu prüfen. Der finanzkritische Verein Bürgerbewegung Finanzwende frohlockt: „Die Macht der Schufa bröckelt“.

Der EuGH hat außerdem das Speichern von Daten über eine Restschuldbefreiung auf maximal sechs Monate begrenzt (Rechtssachen C-26/22 und C-64/22). Künftig müssen Auskunfteien die Angabe löschen, sobald die Angaben aus öffentlichen Registern verschwinden. Die Schufa ist dem Urteil zuvorgekommen, indem sie die Speicherfrist bereits verkürzt hat.

Nebenstehender Kommentar Bericht Seite 5
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