EU verbietet Rückvergütungen für Börsengeschäfte
EU verbietet Rückvergütungen für Börsengeschäfte
Bann bedroht Geschäftsmodell der Neobroker – EU-Gesetzgeber finden Kompromiss zum EU-Börsenticker
rec Brüssel
Neobroker wie Trade Republic und Scalable dürfen in der EU künftig keine Rückvergütungen mehr für das Weiterleiten von Wertpapieraufträgen verlangen. Unterhändler von EU-Staaten und Europaparlament haben entschieden, das Geschäftsmodell des sogenannten Payment for Orderflow (PFOF) zu verbieten. Nun steht nur noch die Zustimmung der EU-Botschafter und des zuständigen Parlamentsausschusses aus, was als Formsache gilt.
Wettbewerb um neuen Finanzdatenticker
Ein Verbot von Rückvergütungen steht im Raum, seit die EU-Kommission eine grundlegende Reform der Regelwerke für Finanzinstrumente angestoßen hat (Mifir/Mifid). Ein weiterer Bestandteil ist ein zentraler Börsenticker nach dem Vorbild der USA. Auch darüber herrscht Einigkeit. Das dürfte dem Zweikampf von Börsenbetreibern und Finanzkonzernen Schwung verleihen: Sie konkurrieren um den Zuschlag für den Betrieb des neuen EU-Datentickers.
Während der in Fachkreisen als „Consolidated Tape“ bezeichnete Datenticker frühestens in einigen Jahren kommen wird, greift das Verbot von Rückvergütungen sofort. Einzige Einschränkung: EU-Staaten, in denen das Geschäftsmodell erlaubt und gängige Praxis ist, müssen bis Mitte 2026 handeln. Bis dahin hat also auch Deutschland das Verbot umzusetzen.
Umstrittene Entscheidung
In Aufsichtskreisen ist die Entscheidung umstritten. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin hat klargestellt: Sie teile zwar Bedenken ihrer europäischen Kollegen von der ESMA, lehne ein pauschales Verbot jedoch ab. Payment for Orderflow müsse nicht zwingend nachteilig für Kunden sein, heißt es bei der BaFin. Es gebe zwar Nachteile, aber auch Vorteile – zum Beispiel geringere Transaktionskosten.
Finanzdienstleister, die sich auf dieses Geschäftsmodell spezialisiert haben, verlangen häufig keine oder sehr niedrige Gebühren. Dafür behalten sie eine Art Provision ein, wenn sie Aufträge ihrer Kunden für den Kauf oder Verkauf von Aktien und anderen Wertpapieren an sogenannte Marketmaker weiterleiten. EU-Kommission, Rat und Parlament sind sich einig, dass es sich dabei um versteckte Gebühren handelt, die verboten gehören.
„Schritt zur Kapitalmarktunion“
Die Brüsseler Gesetzgeber versprechen sich von der Reform „mehr Transparenz und eine bessere Verfügbarkeit von Marktdaten“. So wird Schwedens Finanzministerin Elisabeth Svantesson in einer Mitteilung zitiert. Sie hat die Verhandlungen kurz vor Abschluss der schwedischen Ratspräsidentschaft ins Ziel gebracht. Die Verhandlungsführerin des EU-Parlaments, Danuta Hübner von der konservativen EVP-Fraktion, spricht von einem „großen Schritt Richtung Kapitalmarktunion“.
In erster Linie bezieht Hübner das auf den vereinbarten Börsenticker. Bislang seien Handelsdaten über eine Vielzahl von Plattformen wie Börsenplätze und Investmentbanken verteilt, heißt es zur Begründung. Das erschwere es Investoren, auf präzise und aktuelle Informationen für ihre Investitionsentscheidungen zuzugreifen.
Spezifische Informationen nur nachbörslich
Ein zentraler EU-Börsenticker soll das ändern. Er ist „für unterschiedliche Arten von Vermögenswerten“ vorgesehen – also Aktien, Fonds (ETFs) und Anleihen. Ziel sei, dass sämtliche Daten über Preise und Handelsvolumen in Echtzeit zur Verfügung stehen, und zwar kostenlos. Informationen zu spezifischen Handelsplätzen sollen zunächst nur nachbörslich, nicht aber vorbörslich bereitgestellt werden. Dieser Kompromiss hatte sich angedeutet (vgl. BZ vom 27. Juni).
Dahinter steckt ein Konkurrenzkampf zwischen etablierten Börsenbetreibern auf der einen und Fondshäusern sowie Vermögensverwaltern auf der anderen Seite. Beide treten mit unterschiedlichen Konzepten für einen zentralen Börsenticker an (vgl. BZ vom 27. Mai). Fondsanbieter sind an möglichst umfassenden Informationen in Echtzeit interessiert. Große Börsenplätze sind angehalten, Handelsdaten kontinuierlich und schnellstmöglich zur Verfügung zu stellen. Andernfalls drohen Strafen.
Reform für Zentralverwahrer
Auf den letzten Metern der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft ist ferner eine Reform der Vorschriften für Zentralverwahrer vorläufig zum Abschluss gekommen. Das soll die grenzüberschreitende Abwicklung von Wertpapiergeschäften erleichtern. Von der Reform versprechen sich die EU-Gesetzgeber niedrigere Kosten und weniger bürokratischen Aufwand für Zentralverwahrer. Außerdem erhalten Zentralverwahrer leichteren Zugang zu bankartigen Dienstleistungen, was vor allem auf Währungsgeschäfte zielt.
Das Verbot des Payment for Orderflow genannten Geschäftsmodells von Neobrokern in der Europäischen Union ist so gut wie besiegelt – ungeachtet einer gegenteiligen Empfehlung der Finanzaufsicht BaFin. Auch auf einen Kompromiss für einen zentralen Börsenticker haben sich die EU-Gesetzgeber verständigt.