EU verlangt Notfallpläne von Clearinghäusern

Brüsseler Gesetzgeber einigen sich auf neue Abwicklungs- und Sanierungsregeln für finanziell ins Straucheln geratene CCPs

EU verlangt Notfallpläne von Clearinghäusern

Ebenso wie Banken müssen künftig auch die Clearinghäuser in der EU Notfallpläne erarbeiten, für den Fall, dass sie in finanzielle Schieflage geraten. Zunächst geht es um eine Sanierung. Aber auch ein Abwicklungsplan muss schon bereitliegen. Ziel ist, möglichst kein Steuergeld hierfür einsetzen zu müssen.ahe Brüssel – Die europäischen Gesetzgeber haben sich nach jahrelangen Verhandlungen auf Abwicklungs- und Sanierungsregelungen für zentrale Gegenparteien (Central Counterparties, CCPs) verständigt. Vertreter von EU-Parlament, -Rat und -Kommission einigten sich im sogenannten Trilog darauf, dass Clearinghäuser künftig analog zu den Banken ebenfalls detaillierte Sanierungspläne mit einem harmonisierten Satz von Instrumenten ausarbeiten müssen, die zum Tragen kommen, wenn sie einmal in Schieflage geraten. Dies soll dann zum einen dafür sorgen, dass die CCPs zunächst ihre Dienstleistungen und vor allem die finanzielle Stabilität aufrechterhalten können, und es soll zum anderen verhindern, dass Steuerzahler die mit einer Umstrukturierung oder Abwicklung verbundenen Kosten tragen müssten.Eine öffentliche Unterstützung für Clearingstellen soll es nur in außerordentlichen Fällen und nur als letztes Mittel geben, hieß es nach der Einigung. Die zentralen Gegenparteien wickeln täglich wichtige und ständig wachsende Volumen von Derivatgeschäften ab und haben daher eine systemische Bedeutung. In der EU sind aktuell 13 CCPs eingerichtet und zugelassen.EU-Kommissions-Vizepräsident Valdis Dombrovskis begrüßte die Einigung als einen “weiteren wichtigen Schritt, um das Finanzsystem widerstandsfähiger zu machen”. Der kroatische Finanzminister Zdravko Maric, Verhandlungsführer der EU-Staaten, verwies auf die aktuelle, von großer Volatilität und Unsicherheit gekennzeichnete Situation auf den Finanzmärkten. Diese erinnere noch einmal an die wichtige Funktion, die Clearingstellen spielten, betonte er. Die neuen Regelungen seien ein wesentlicher neuer Teil der europäischen Gesetzgebung, die auch das Vertrauen in das Finanzsystem sichern werde.Der nun gefundene Kompromiss muss unter anderem vom Plenum des Europaparlaments und den EU-Mitgliedstaaten noch einmal gebilligt werden. Mit einigen wenigen Ausnahmen wird die neue Verordnung dann nach 18 Monaten in Kraft treten, um den Marktteilnehmern die notwendige Zeit zur Vorbereitung zu geben.Die Gesetzgeber waren sich zudem einig, dass es angesichts der aktuellen Coronakrise angemessen ist, den Handelsplätzen und CCPs, die den Handel und das Clearing von börsengehandelten Derivaten anbieten, ein zusätzliches Jahr einzuräumen, um mit der Anwendung der Regeln für den offenen Zugang in Mifir zu beginnen. Die “Open-Access-Regelung” wird daher erst ab dem 4. Juli 2021 gelten. Dreistufiger AnsatzDie Europäische Kommission hatte ihre Abwicklungs- und Sanierungsvorschläge für Clearinghäuser bereits im November 2016 veröffentlicht. Laut dem Kompromiss, der nun gefunden wurde, müssen die EU-Staaten, in denen eine CCP niedergelassen ist, für diese zumindest eine Abwicklungsbehörde benennen. Dies kann die jeweilige Zentralbank sein oder ein zuständiges Ministerium.Die neuen Regelungen sehen zugleich einen dreistufigen Ansatz vor: In der Präventionsphase müssen die CCPs zusammen mit den zuständigen Behörden Sanierungs- und Abwicklungspläne erstellen, um auf jegliche Form von finanzieller Notlage vorbereitet zu sein. Die Verhandlungsführer einigten sich dabei darauf, zwischen einem “Standardereignis” zu unterscheiden, bei dem ein oder mehrere Clearing-Mitglieder ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen, und einem “Nichtstandardereignis”, wie etwa einem Geschäftszusammenbruch mit entsprechenden Verlusten. Die CCPs müssen Pläne für den Umgang mit beiden Fällen aufstellen.Sollte es in einer zweiten Stufe tatsächlich einmal nötig werden, kann das Clearinghaus die Sanierungsmaßnahmen ergreifen. Dazu gehören Barabrufe von nicht ausfallenden Clearingmitgliedern, die Wertminderung der Sicherheiten, die der CCP täglich zur Verfügung gestellt werden (sogenanntes Variation Margin Gains Haircutting), und die Verwendung der Eigenmittel der Clearinghäuser. Zusätzliches SicherheitsnetzDarüber hinaus werden auch die Aufsichtsbehörden die Möglichkeit haben, in einem frühen Stadium einzugreifen. Sollte die Sanierung allerdings scheitern, kommt den Behörden auf der dritten Stufe eine weit größere Rolle zu. Zu den Abwicklungsinstrumenten gehören die Kündigung von Kontrakten der CCP, das bereits auf Stufe zwei mögliche Variation Margin Gains Haircutting, die Abschreibung des Kapitals der CCP, ein Cash Call an Clearing-Mitglieder, der Verkauf der CCP oder von Teilen ihres Geschäfts oder die Schaffung einer Brücken-Lösung. All dies soll sicherstellen, dass die Aktionäre einen angemessenen Teil der Verluste tragen.CCPs sind bereits verpflichtet, Kapital zu halten, und ihre Clearingmitglieder tragen auch zu einem Ausfallfonds bei. Die Verhandlungsführer des Parlaments haben nach eigenen Angaben nun durchgesetzt, dass es ein zusätzlich zu dem Ausfallfonds vorfinanziertes Sicherheitsnetz geben soll. Die europäische Marktaufsichtsbehörde ESMA solle diese proportionale und risikobasierte Anforderung für zusätzliche Mittel nun näher definieren, hieß es. Beschlossen wurde zudem ein Verbot oder eine Beschränkung von Dividenden und Boni für den Fall, dass ein Ausfall durch Missmanagement verursacht wurde.Insgesamt zielen die Regeln für eine mögliche Abwicklung von Clearinghäusern nach Angaben des EU-Parlaments darauf ab, dass Aktionären, Gläubigern, Clearingmitgliedern und direkten Kunden der CCPs keine größeren Verluste entstehen als im Falle einer Nichteinmischung und der Insolvenz einer zentralen Gegenpartei. Es werde der Grundsatz gewahrt, nach dem durch die Abwicklungsregeln keiner der Gläubiger schlechter gestellt werde, hieß es in einer Erklärung.