EuGH erspart spanischen Banken Milliarden
Über Jahre haben spanische Kreditinstitute von ihren Kunden Zinsen oberhalb des Euribor kassiert. Die Luxemburger Richter befinden, dass dies gegen die Richtlinie über missbräuchliche Klauseln verstößt, weisen aber spanische Gerichte an, von Fall zu Fall über die Transparenz der Verträge zu entscheiden.ths Madrid – Das seit langem mit Spannung erwartete Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) über umstrittene Hypothekenverträge ließ am Dienstag Spaniens Banken und deren Anleger aufatmen, wie die deutlichen Kursgewinne an der Börse belegten. Das aus Sicht der Kreditinstitute schlechteste Szenario wurde abgewendet, doch auch Verbraucherschützer waren zufrieden.Die Entscheidung könnte die Banken insgesamt 3 Mrd. Euro kosten, wie Experten etwa der Schweizer UBS schätzen. Im schlimmsten Fall wäre ein Vielfaches dessen möglich gewesen, wenn die Entscheidung rückwirkend gelten würde. Heute wird nur noch ein verschwindend geringer Teil der Darlehen an diesem Index ausgerichtet. Der EuGH befand, dass der sogenannte IRPH, ein eigens von der spanischen Notenbank berechneter Leitindex für Hypothekenzinsen, nicht gegen die europäische Richtlinie über missbräuchliche Klauseln verstoße. Kunden hatten geklagt, dass ihnen der IRPH untergejubelt worden sei und sie deshalb über Jahre mehr Zinsen zahlten, als im Fall des Leitindex Euribor fällig geworden wäre.Die spanische Regierung hatte den IRPH 1994 eingeführt und vom Banco de España ermitteln lassen. Es handelt sich um einen Durchschnittswert der Zinsen, den die einzelnen Kreditinstitute für Darlehen anwenden. Anfangs war diese Klausel sehr populär, da sie mehr Stabilität vor möglichen Zinserhöhungen bot. Als mit Ausbruch der Finanzkrise 2008 die Zinsen dann aber stark fielen, lag der IRPH sehr deutlich über anderen Referenzen wie dem Euribor.Viele Kunden klagten, doch gaben die Gerichte den Banken recht, so wie der Oberste Gerichtshof im Jahr 2017. Doch nun widerlegte der EuGH die spanischen Kollegen teilweise. Der IRPH falle unter die Richtlinie über missbräuchliche Klauseln. Es handele sich zwar um eine nationale Regelung für Darlehen. Diese sei jedoch nicht “zwingend” gewesen, sondern habe von den Banken wahlweise angewendet werden können, heißt es in dem Urteil.Es geht nun um die Frage der Transparenz. Der EuGH spielt den Ball an die spanischen Gerichte zurück. Diese müssen nun von Fall zu Fall feststellen, ob bei den Hypothekenverträgen “ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher in die Lage versetzt wird zu verstehen, wie dieser Zinssatz korrekt berechnet wird”. In der Vergangenheit hatten bei entsprechenden Klagen 36 von 45 Provinzgerichten in Spanien zugunsten der Bank befunden. Doch Verbraucherschützer und spezialisierte Anwaltsbüros rechnen nach dem Urteil aus Luxemburg nun mit neuen Klagen.Der spanische Bankenverband AEB begrüßte den Rechtsspruch und sieht darin die Position seiner Mitglieder bestätigt. Seit langer Zeit hielt die Ungewissheit über die Folgen des Urteils über den Index die Branche in Atem und belastete die Aktienkurse. Goldman Sachs hatte einmal den potenziellen Schaden bei 40 Mrd. Euro angesetzt. Diese Sorge ist nun vom Tisch. Spaniens Banken hatten in den letzten Jahren eine Reihe von Rückschlägen vor der Justiz einstecken müssen. So wurden etwa die sogenannten Bodenklauseln, ein Mindestzinssatz für Hypotheken, gekippt, ebenso wie der Verkauf von Vorzugsaktien an unwissende Kleinkunden oder die Notarkosten beim Abschluss von Darlehen zum Erwerb des Eigenheims. – Wertberichtigt Seite 6