Euro-Krise lastet auf Verbriefungen
Südeuropäischen Emittenten fällt es zunehmend schwer, Käufer für ihre Verbriefungen zu finden. Banken im Norden hingegen sind inzwischen so gut mit Liquidität ausgestattet, dass sie weniger auf die Notenbank-Refinanzierung über besicherte Papiere angewiesen sind. Beide Trends haben offenbar dazu beigetragen, dass sich im ersten Halbjahr 2012 in Europa das Verbriefungsvolumen halbiert hat.Von Stefanie Schulte, FrankfurtDie europäische Schuldenkrise hat Spuren auf dem Verbriefungsmarkt hinterlassen – und zwar in vielerlei Hinsicht, wie Daten des Verbriefungsspezialisten True Sale International (TSI) zeigen. So ist das Emissionsvolumen an Hypotheken-, Autokredit- und anderen Verbriefungen in ganz Europa in den fünf Monaten bis zum 10. Juni 2012 verglichen mit dem Vorjahreszeitraum um 55 % auf 83 Mrd. Euro eingebrochen. In Deutschland kamen seit Jahresbeginn lediglich Verbriefungen im Volumen von 3,9 Mrd. Euro neu auf den Markt.Allerdings weist das Zahlenwerk auch positive Aspekte auf, wie TSI-Geschäftsführer Hartmut Bechtold im Gespräch mit der Börsen-Zeitung hervorhob. So seien im ersten Halbjahr 45 % der neu emittierten Verbriefungen auch tatsächlich bei Investoren platziert worden, fast 20 Prozentpunkte mehr als im Vorjahreszeitraum. Dies zeige, dass die Papiere als “sicheres Material” bei institutionellen Anlegern gefragt seien, betonte er.Von diesem Trend profitierten laut TSI-Daten insbesondere die Briten. US-Investoren erwarben seit Jahresbeginn in Dollar denominierte Tranchen britischer Verbriefungen im Umfang von umgerechnet 8,5 Mrd. Euro. Investoren ließen sich offenbar auch von den fundamentalen Risiken des britischen Marktes nicht schrecken, berichtet die TSI. So habe die Ratingagentur Moody’s vor Problemen bei britischen Wohnimmobilien- und Kreditkartenverbriefungen gewarnt.Gleichzeitig dürfte in Europa das Volumen derjenigen Papiere, die die Emittenten lediglich auflegten, um sie bei ihren Notenbank-Refinanzierungsgeschäften als Sicherheiten zu hinterlegen, deutlich zurückgegangen sein. Hierfür macht Bechtold mehrere Trends verantwortlich. So hätten sich Banken im nördlichen Europa zuletzt in einer “günstigen Refinanzierungssituation befunden”. Kundeneinlagen aus den südeuropäischen Krisenstaaten seien in Richtung Norden geflossen. Deswegen habe sich der Bedarf der nördlichen Banken an Notenbankmitteln in Grenzen gehalten.Zwar hätten auch deutsche und andere nordeuropäische Institute bei den beiden Dreijahrestendern der Europäischen Zentralbank (EZB) im Dezember 2011 und Februar 2012 Verbriefungen als Sicherheiten hinterlegt. Diese stammten nach Bechtolds Aussage aber zum Teil aus Beständen, die die Institute schon vor 2012 aufgebaut hatten.Doch auch in den südeuropäischen Ländern, wo die Liquiditätsnot größer ist, habe sich die Emissionstätigkeit in Grenzen gehalten, fügte der TSI-Chef hinzu. Dies rühre nicht zuletzt daher, dass die dortigen Institute immer weniger freie Vermögenswerte – beispielsweise Hypotheken – besäßen, die sie noch verbriefen könnten. Wohl auch vor diesem Hintergrund habe die EZB im Juni die Ratinganforderungen an Verbriefungen gesenkt. Infolge dieser EZB-Entscheidung könnten nach Schätzungen der TSI Anleihen mit einem Gesamtvolumen von etwa 100 Mrd. Euro zusätzlich als Sicherheiten für Refinanzierungsgeschäfte herangezogen werden. In erster Linie dürften mit Wohnimmobilienkrediten besicherte Verbriefungen profitieren, auf die laut TSI 80 Mrd. Euro entfallen könnten. Wählerische InvestorenDie Möglichkeit, ihre Verbriefungen bei Fonds, Banken, Versicherern oder anderen privaten Investoren zu platzieren, bleibt Emittenten in den Euro-Krisenländern offenbar weitgehend verwehrt. 2012 hätten bislang nur britische, niederländische und deutsche Emittenten Verbriefungen in nennenswertem Umfang bei Investoren untergebracht, berichtete Bechtold. Beherrscht wurde dieses Segment von den Briten mit 79 % Marktanteil, gefolgt von den Niederländern mit 11 % und den Deutschen, die insbesondere verbriefte Autokredite auf den Markt brachten, mit 5 %. Fast nur für Notenbankzwecke emittierten anscheinend die Italiener und die Spanier, die zwar am Verbriefungsemissionsmarkt Anteile von 20 % bzw. 6 % hielten, in der jüngsten Platzierungsstatistik aber keine Rolle spielten.Emittenten aus südeuropäischen Staaten falle es derzeit schwer, ausländische Investoren für ihre Verbriefungen zu begeistern, lautet Bechtolds Begründung. Zu groß sei offenbar deren Sorge, dass die Eurozone auseinanderbrechen könnte. Die Risikoaufschläge seien bei diesen Verbriefungen daher inzwischen ähnlich hoch wie bei den Anleihen der entsprechenden Staaten. Sogar Papiere, die mit Vermögenswerten sehr hoher Qualität besichert seien, würden skeptisch beäugt.