Euronext auf der Pirsch für Zukäufe
Euronext nimmt weitere Zukäufe ins Visier
CEO Stéphane Boujnah demonstriert Handlungsbereitschaft für M&A-Transaktionen
bg Frankfurt
Euronext-CEO Stéphane Boujnah zeigt Bereitschaft für weitere Akquisitionen. Eine Kombination von Euronext „mit jeder großen Börse in Europa“ würde eine Menge Synergien erzeugen, so Boujnah gegenüber der „Financial Times“. Man beobachte verschiedene Gelegenheiten und sei handlungsbereit, sobald sich eine solche Situation ergebe.
Euronext hat schon einiges auf sich konsolidiert, zuletzt Borsa Italiana als Betreiberin der Mailänder Börse. Weitere Akquisitionsziele könnten die zur SIX gehörende spanische BME sein oder Nasdaq Nordics mit Handelsplätzen in Stockholm und Island. BME blieb hinter den Erwartungen zurück, was im März zu einer Goodwill-Abschreibung von 340 Mill. sfr führte. Die Schweizer hatten die Mehrheit an Bolsas y Mercados Españoles (BME) Mitte 2020 übernommen und zunächst bekundet, noch weitere Übernahmen tätigen zu wollen - wobei für Übernahmen alle vier Geschäftsbereiche Handel, Nachhandel, Finanzdaten und Banken-Dienstleistungen in Frage kommen sollten. Eine diversifizierte M&A-Strategie, die vor allem von der Deutschen Börse in der Ära Theodor Weimer verfolgt wurde.
Politische Befindlichkeiten
Zusammenschlüsse von nationalen Börsenbetreibern gelten als schwierig, da es immer auch um politische Befindlichkeiten geht und letztendlich immer der Käufer auch Kostensynergien ziehen muss. Außerdem werden Gewinne abgezogen und als Dividende ausgeschüttet, was auf Kosten von Investitionen beim M&A-Ziel gehen kann. Insofern hat die Diversifizierung der M&A-Strategie mit Zukäufen in Bereichen, die nicht Listings und Börsenhandel betreffen zuletzt Sinn ergeben.
Die Frage ist, ob das so bleibt oder ob im Zuge der angestrebten Kapitalmarktunion auch eine weitere Konsolidierung der Börsenplätze politisch wohlwollend begleitet wird. So hatte die Deutsche Börse vor gut zwei Jahren Jahr mit Euronext darüber verhandelt, ein Joint Venture für europäische Listings zu schließen. Die Initiative dazu sei von Weimer ausgegangen, sagte Boujnah und die Überlegung sei es gewesen, eine europäische Nasdaq für Tech-IPOs zu schaffen. Der Franzose lehnte die Idee aber ab, da er glaubt, dass sich damit eine fragmentierte Liquidität ergäben würde. Die Deutsche Börse sagte, es sei nicht darum gegangen, einen komplett neuen Handelsplatz hinzustellen.
Im Primärmarkt geben die USA den Ton an
Allen EU-Börsen inklusive London ist gemeinsam, dass sie im Listing-Geschäft den Kürzeren ziehen gegenüber den US-Börsen. Dort können Emittenten einen besseren Preis erzielen und haben einen sehr liquiden Sekundärmark. Ob sich die Situation der EU-Börsen über M&A verbessern lässt, ist unklar. EZB und EU-Kommission denken primär an die Konsolidierung von Finanzmarktinfrastrukturen im Backend.
Die Euronext-Gruppe hat heute schon Listingplätze unter anderem in Amsterdam, Dublin, Lissabon und Paris sowie natürlich ein Clearinghaus. Im zweiten Quartal fanden 28 Listings bei der Gruppe statt, darunter CVC. Mit 3,4 Mrd. Euro blieb das Emissionsvolumen aber gering. Es sei aber so, dass Unternehmen, die vor zehn Jahren nach London gegangen wären sich jetzt an der Euronext listen ließen, so Boujnah.
Kein zweiter Börsenbetreiber ist so M&A-freudig im Kerngeschäft wie die Mehrländerbörse Euronext. CEO Stéphane Boujnah hat weiter Appetit auf Zukäufe – und will zuschnappen, wenn sich eine Gelegenheit ergibt. Gelegenheiten sind aber rar- außer zum Beispiel die SIX würde eine Entkonsolidierung der BME anstreben.