Europäische Entscheidung mit globalen Auswirkungen

Vorgeschlagener Covered-Bond-Richtlinie mangelt es noch an Präzision

Europäische Entscheidung mit globalen Auswirkungen

Die Kapitalmarktunion in der Europäischen Union wird kommen. Auch dafür sollen die Regeln für gedeckte Schuldverschreibungen harmonisiert werden. Seit Mitte März dieses Jahres liegt dazu ein Gesetzesentwurf vor.Für Anleger von deutschen Versicherungen sind die Vorschläge besonders relevant, da sie auch aufgrund der Popularität des deutschen Pfandbriefs in erheblichem Umfang in gedeckte Schuldverschreibungen investieren. Im Besonderen geht es um Covered Bonds, bestimmte gedeckte Schuldverschreibungen mit spezifischen Charakteristika und Qualitätsanforderungen, streng zu unterscheiden von anderen ebenfalls gedeckten Kapitalmarktprodukten wie Asset Backed Securities (ABS) oder Collateralized Bonds.Neben Deutschland gibt es auch in anderen EU-Ländern einen traditionell großen Covered-Bond-Markt, zum Beispiel in Dänemark, Frankreich oder Schweden. Außerhalb der EU emittierte Covered Bonds werden nicht direkt von den Harmonisierungsplänen der EU betroffen sein, doch werden die Regelungen auf diese ausstrahlen. Länder außerhalb der EU, die in den Covered-Bond-Markt eintreten oder dort weiterhin aktiv bleiben möchten, werden sich am neuen Standard auszurichten haben.Die EU-Kommission will mit der Harmonisierung von Covered Bonds diesen Markt fördern. Covered Bonds sind eine wichtige und effektive Quelle zur Refinanzierung von privaten und gewerblichen Hypotheken, die besonderen Qualitätsanforderungen genügen müssen, sowie von Krediten aus dem öffentlichen Sektor. Covered Bonds gelten aus Anlegersicht angesichts ihrer hohen Bonität als sehr sicher. Daher ist es für sie entscheidend, dass die EU-Kommission keine zu laschen Mindestanforderungen beschließt. Niedrige Qualitätsstandards könnten sich negativ auf die Bonität und die Beliebtheit dieses Produktes auswirken.Aus Sicht eines deutschen institutionellen Investors geht es nicht in erster Linie darum, die Alleinstellungsmerkmale des deutschen Pfandbriefs zu schützen. Hierzulande hat es sich der Pfandbriefmarkt zuweilen etwas leicht gemacht. Gerne hat man sich hinter den Paragrafen des strengen deutschen Pfandbriefgesetzes versteckt, um Forderungen nach höherer Transparenz des Deckungsstocks abzuweisen. Investoren haben aber ein hohes Interesse, möglichst genau zu wissen, mit welchen Sicherheiten ihre Anleihen gedeckt sind.Andere Länder sind in puncto Transparenz des Deckungsstocks deutlich weiter gegangen: zum einen aufgrund des Wettbewerbsdrucks, die Qualität des Deckungsstocks nachweisen zu müssen, zum anderen, um auf gestiegene Anforderungen von institutionellen Investoren eingehen zu können. Investoren honorieren dies, und der deutsche Pfandbriefmarkt wird aufpassen müssen, hier nicht ins Hintertreffen zu geraten.Aus Investorensicht ist eine zweifelsfreie Klassifizierung von Covered Bonds entscheidend. Kontraproduktiv ist eine Erweiterung der zugelassenen Deckungswerte, die zu einer Vermischung mit andersartigen Wertpapieren wie zum Beispiel Collateralized Bonds oder ABS führen würde. Das Hauptaugenmerk sollte stattdessen auf die traditionellen Charakteristika des Produktes gerichtet sein. Das starre Korsett des deutschen Pfandbriefs ist dabei weder nötig noch sinnvoll. Der Standard soll den Qualitätsanforderungen Rechnung tragen und sich weiter entwickeln können. Im Wettbewerb der Anbieter soll der Covered Bond mit Blick auf die weiter steigenden Ansprüche der Anleger seine Effizienz und Marktgängigkeit verbessern können.Die anfänglichen Bestrebungen der EU, Covered Bonds in ein starres europäisches Covered-Bond-Gesetz zu pressen, haben sich als nicht durchführbar gezeigt. Es gibt Regelungen, wie die zur Abwicklung von Insolvenzen, die zwingend einer nationalen statt europäischen Gesetzgebung unterliegen müssen. Zudem gibt es nationale Spezialitäten, wie die deutsche Regelung zur Beleihungswertermittlung oder die Emissionsbegrenzungen bezüglich des regulatorischen Kapitals beziehungsweise Gesamtkapitals, die auf nationaler Ebene zu berücksichtigen sind. Jedes Land sollte dem europäischen Standard national notwendige Regelungen hinzufügen können.Die Vorschläge zur EU-Richtlinie enthalten nun Mindeststandards für Wertpapiere, die den Namen “European Covered Bonds” tragen dürfen und entsprechend regulativ anerkannt sind. Länderspezifische Bestimmungen dürften die vorgelegten Regelungen erweitern. Die EU- Harmonisierung von Covered Bonds betrifft nur den Rahmen und bietet genügend Raum für den Wettbewerb zwischen den verschiedenen am Markt aktiven Ländern. Würdigung der VorschlägeDie EU-Vorschläge zur Regelung der europäischen Covered Bonds sind insgesamt als positiv zu bewerten. Aus Sicht der Investoren verdienen einige Punkte hervorgehoben zu werden:- Im Artikel 6 des Vorschlags der EU-Kommission ist die Definition der geeigneten Deckungswerte zu weit gefasst. Neben den klassischen Deckungswerten sollen nicht näher definierte “andere Vermögenswerte hoher Qualität” zulässig sein. Hier braucht es mehr Klarheit, was dazu gehören kann, was nicht. Eine Vermischung mit anderen gedeckten Schuldverschreibungen darf nicht stattfinden.- Strengere Mindeststandards wären in Bezug auf den Artikel 10 wünschenswert. Die Formulierung “ausreichendes Maß an Homogenität” lädt bei der nationalen Umsetzung zu einer zu weiten Auslegung ein. In der Praxis kann dies dazu führen, dass ein Deckungsstock mit privaten Hypotheken zu einem hohen Anteil aus gewerblichen Hypotheken bestehen oder mit Schiffskrediten aufgefüllt werden kann. Für Investoren ist außerdem nicht nur die Transparenz zum Zeitpunkt des Erwerbs wichtig, sondern über die gesamte geplante Haltedauer.- Die Covered-Bond-Richtlinie ermöglicht in puncto Transparenz der Deckungsstockdaten gemäß Artikel 14 hohe Flexibilität. Soll die Bereitstellung der Deckungsstockdaten unter die aktuell üblichen Transparenzstandards fallen? Investoren haben über das Covered Bond Investor Council (CBIC) zusammen mit Emittenten ein harmonisiertes Transparenztemplate (HTT) ausgearbeitet und zur Verfügung gestellt. Aus Investorensicht sollte das HTT beim Transparenzstandard berücksichtigt werden.- Die Formulierung des Artikels 16 bezüglich des Liquiditätspuffers gewährt aus Investorensicht zu viele Freiheiten. Falls die von Banken vorzuhaltenden liquiden Vermögenswerte zur Erfüllung ihrer Mindestliquiditätsquote (LCR) auf den Liquiditätspuffer für das Covered-Bond-Programm angerechnet werden könnten, würde dies die Position der Investoren deutlich verschlechtern. Der außerhalb der Deckungsmasse vorzuhaltende LCR-Puffer würde nicht den gleichen Schutz für Covered-Bond-Investoren bieten wie der Liquiditätspuffer innerhalb. Eine Anrechnung des allgemeinen LCR-Puffers auf den Liquiditätspuffer von Covered Bonds wird von Investoren kritisch gesehen.- Klarstellungsbedarf besteht aus Investorensicht bezüglich der Kriterien für eine Verlängerung der Laufzeit gemäß Artikel 17. Aus unserer Sicht ist der Trigger, der eine Laufzeitverlängerung auslöst, zu ungenau definiert. Die Entscheidung darf nicht im Ermessensspielraum des Emittenten liegen, heißt es dort. Für Investoren sollte eine Verlängerung der Laufzeit nur dann vorgenommen werden dürfen, wenn die Insolvenz des Deckungsstocks verhindert werden muss.Fazit – Eine Harmonisierung von Covered Bonds darf nicht zu einer nicht sachgerechten Aufweichung der Qualitätsstandards führen. Der aktuelle Vorschlag einer Covered-Bond-Richtlinie hat bislang eher den Charakter von Mindestanforderungen für gedeckte Schuldverschreibungen, die den Namen “European Covered Bonds” tragen dürfen. Da diese Mindestanforderungen erst noch durch spezielle nationale Regelungen für Covered Bonds zu ergänzen sind, ist es nicht verwunderlich, dass es der vorgeschlagenen Covered-Bond-Richtlinie noch an Präzision mangelt. Mit Blick auf den politischen Prozess ist das derzeitige Ergebnis des kleinsten gemeinsamen Nenners natürlich nachvollziehbar, muss doch noch eine Einigung zwischen den 28 EU-Mitgliedstaaten gefunden werden.Werden die angesprochenen Punkte für die Investoren zufriedenstellend gelöst, so wäre die positive Bewertung der Covered-Bond-Richtlinie zu unterstreichen. Die für die Investoren wichtigste Frage ist dabei, ob die erlaubten Deckungswerte auf “andere Vermögenswerte hoher Qualität” ausgeweitet werden (Artikel 6) oder ob es bei den bisher bekannten Deckungswerten (insbesondere Hypotheken und öffentliche Forderungen) bleibt. Sollte es zu einer Ausweitung kommen, würden wir die Einbindung der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) zur präzisen Abgrenzung der Deckungswerte begrüßen.Die Covered-Bond-Richtlinie stellt eine gute Orientierung für alle Länder dar, die noch kein Covered-Bond-Gesetz haben, aber eines verabschieden möchten. Eine Verbreiterung des Covered-Bond-Marktes auf weitere Länder würde die Anlagemöglichkeiten der Investoren erweitern. Gerade angesichts der auslaufenden Ankaufprogramme der Zentralbanken ist es wichtig, dass der Covered-Bond-Markt für Investoren nicht an Attraktivität einbüßt.—-Philipp Waldstein, Geschäftsführer der Meag