Euwax soll eine Schwester bekommen
Die Börse will den 1999 gegründeten Marktplatz Euwax durch ein weiteres Segment ergänzen. Die Standardisierung von Produktinformationen soll dabei für Anleger und Emittenten einen Mehrwert schaffen. Ein weiterer Effekt könnte die Stärkung des börslichen Handels sein.Von Thomas Spengler, StuttgartDie Börse Stuttgart will den Anlegern von verbrieften Derivaten eine bessere Orientierung bei der Auswahl von Optionsscheinen und Zertifikaten bieten. Dafür erwägt der Handelsplatz als Ergänzung zu seinem Handelssegment für Hebel- und Anlageprodukte, Euwax, ein zusätzliches Schwestersegment einzuführen, das derzeit unter dem Arbeitstitel “Euwax Prime” entwickelt wird. Damit knüpfe die Börse an die Ursprungsidee des 1999 gegründeten Euwax-Segments an, sagte Dragan Radanovic, Geschäftsführer der Börse Stuttgart für das Ressort Märkte und Börsenbetrieb, der Börsen-Zeitung.Als Orientierungshilfe soll die “Euwax Prime” unter anderem Informationen und Erklärungen zu den Strukturen der dort gehandelten Papiere bieten. Gleichzeitig soll durch die Standardisierung von Produktinformationen und eine Eingrenzung auf bestimmte Produkttypen eine bessere Vergleichbarkeit geschaffen werden.Das könnte im Ergebnis dazu führen, dass besonders komplizierte Strukturen und exotische Underlyings bei Hebelprodukten nicht in das neue Segment einbezogen werden. “Wenn ein Segment das Produktuniversum sinnvoll eingrenzt und zusätzliche Orientierung bietet, schafft das einen Mehrwert für Anleger, aber auch für Emittenten”, so Radanovic. Sichtbarer WettbewerbBeiden Seiten entstünden dadurch Vorteile. “Nicht nur die Anleger, auch die Emittenten werden davon profitieren”, so Radanovic, der selbst langjährige praktische Erfahrung im Derivatehandel hat. Viele Emittenten wünschten sich einen sichtbareren Wettbewerb. “Der entsteht insbesondere an einer Börse auch durch zusätzliche Informationen für die Anleger”, sagte der Geschäftsführer. Diesen Wunsch greife die Börse nun auf, um den gesamten Markt transparenter und damit noch interessanter zu machen.Die Börse erachtet den Zeitpunkt als günstig, um ein solch neues Segment einzuführen. Denn nachdem 2019 oft eine regelrechte Handelsverweigerung geherrscht habe, sei der Derivatemarkt dank der von Corona getriebene hohe Volatilität aus seinem Dornröschenschlaf erweckt worden. “Die Produkte haben wieder an Attraktivität gewonnen”, sagte Radanovic.Bisher ist das Angebot der an der Euwax gehandelten Papiere reichlich unübersichtlich. Insgesamt sind aktuell rund 1,6 Millionen verschiedene Optionsscheine und Zertifikate von 17 Emittenten dort gelistet. Eine große Anzahl davon wird während ihrer gesamten Laufzeit niemals gehandelt. Daher steht zu erwarten, dass ein substanzieller Teil, nach Einschätzung Radanovics jedoch weniger als die Hälfte der Titel in das neue Premiumsegment abwandert. Hinter den Überlegungen der Börse steckt aber auch die Hoffnung, den börslichen Handel mit verbrieften Derivaten zu stärken und Umsätze aus dem bislang außerbörslichen Bereich (OTC) anzuziehen.Experten zufolge entfallen mindestens 70 % des Handels mit dieser Wertpapiergattung auf das OTC-Geschäft. Von den börslich gehandelten Papieren entfielen mit 31,5 Mrd. Euro in den ersten acht Monaten rund zwei Drittel auf den Marktführer in Stuttgart, der zugleich der größte regulierte Handelsplatz für verbriefte Derivate in Europa ist. – Wertberichtigt Seite 8