Ex-Vorstände der Hypo Real Estate angeklagt
sck – Was vor einigen Wochen bereits durchsickerte, ist nun offiziell bestätigt: Die Staatsanwaltschaft München hat gegen den früheren Vorstandschef der Hypo Real Estate (HRE), Georg Funke (59), und sieben weitere Ex-Vorstände nach langjährigen Ermittlungen Anklage erhoben (vgl. BZ vom 15. August). Die Immobilienbank stand vor sechs Jahren vor dem Ruin. Das war der Super-GAU in Deutschland seit Ausbruch der Finanzkrise. Der Bund und die Steuerzahler mussten mit vielen Milliarden einspringen, um das Institut vor dem Untergang zu retten. Nun soll der Fall vor Gericht aufgearbeitet werden. Die Strafermittler werfen nach eigenen Angaben der ehemaligen Führung der HRE vor, im Konzernabschluss 2007 und im Halbjahresbericht 2008 die Liquiditätslage und die Liquiditätsrisiken bewusst falsch dargestellt zu haben. Es steht also der Tatbestand des vorsätzlichen Handelns im Raum. Der damalige Vorstand sei während der Zuspitzung der Finanzkrise mit seiner Darstellung in “evidenter Weise” von den tatsächlichen Verhältnissen abgewichen, so die Staatsanwaltschaft. Damit hätten sie gegen Gesetze (§ 331 HGB und § 400 Aktiengesetz) verstoßen.Ihnen droht in diesem Fall eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Zudem wird der damalige Finanzvorstand (CFO) verdächtigt, den Markt während einer Investorenkonferenz Ende September 2008, also kurz vor dem Beinahe-Zusammenbruch der Bank, manipuliert zu haben. Die Strafermittler nennen zwar hierzu keinen Namen, es handelt sich dabei aber um Markus Fell. Ihm droht im Fall einer Verurteilung zusätzlich eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren (§ 20a Wertpapierhandelsgesetz). Neben Funke und Fell gehörten seinerzeit Thomas Glynn, Bo Heide-Ottosen, Bettina von Oesterreich, Cyril Dunne, Frank Lamby und Robert Grassinger dem HRE-Vorstand an. Von den ursprünglichen Vorwürfen gegen die einstige HRE-Führung, die die Staatsanwaltschaft seit einem guten halben Jahrzehnt geprüft hat, ist aber nur noch ein Teil übrig geblieben. Weitere Ermittlungen, unter anderem wegen des Verdachts der Untreue im Zusammenhang mit dem Kauf der Depfa (2007) sowie weiterer Vorwürfe hinsichtlich falscher Darstellung der Konzernrechnungslegung und Ad-hoc-Mitteilungen im Jahr 2008, stellten die Strafermittler allerdings ein. Es hätten sich dabei keine Hinweise auf Pflichtverletzungen der Vorstände ergeben. Entscheidung erst 2015Die 5. Strafkammer des Landgerichts München um den Vorsitzenden Richter Peter Noll muss nun prüfen, ob sie die 488 Seiten umfassende Anklageschrift zur Hauptverhandlung zulässt. Nach Zustellung der Anklage haben die Angeklagten und ihre Verteidiger zunächst zwei Monate Zeit, dazu Stellung zu nehmen. Das Gericht wies aber darauf hin, dass eine Entscheidung über die Zulassung der Anklage nicht vor Anfang kommenden Jahres zu erwarten sei. Die Strafkammer begründete dies mit dem Umfang und der Komplexität des Verfahrens.Noll ist ein erfahrener Richter für Wirtschaftsstrafprozesse. Im August stellte er den Schmiergeldprozess gegen Formel-1-Boss Bernie Ecclestone gegen Zahlung von 100 Mill. Dollar ein. Vor rund zwei Jahren verurteilte er den früheren BayernLB-Risikovorstand Gerhard Gribkowsky wegen eines dubiosen Deals mit Ecclestone wegen Bestechlichkeit zu einer langjährigen Haftstrafe. Nolls Kammer prüft derzeit die Anklage gegen den Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, und vier frühere Topbanker. Sie werden verdächtigt, im Kirch-Schadenersatzprozess vorsätzlich falsch ausgesagt zu haben.