Exodus an der Spitze der Commerzbank
lee – Wenn Investoren offene Briefe schreiben, geht es für das Management des betroffenen Unternehmens selten gut aus. Was das Mitte Juni lancierte Schreiben des gerade einmal mit 5 % an der Commerzbank beteiligten Finanzinvestors Cerberus an den Aufsichtsrat auslösen wird, hat sich jedoch kaum jemand ausgemalt. Cerberus ist kein Aktivist, sondern eher ein im Hintergrund agierender Strippenzieher. Mancher interpretiert die Aktion daher als Beruhigungspille für die Investoren, deren Geld Cerberus mit dem Ausflug in die deutsche Bankenlandschaft verbrannt hat. Die New Yorker bemängeln in dem an Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann adressierten Schreiben die schwache Profitabilität sowie das Fehlen einer überzeugenden Strategie und fordern zwei Sitze im Aufsichtsrat. Bei der Commerzbank gibt man sich gelassen und verweist auf “Turnaround”, das beinahe fertiggestellte Strategieprogramm, das der Vorstand dem Aufsichtsrat Ende Juni vorstellen will. Stattdessen kommt es zum Eklat: Weil sie keine Unterlagen zur Vorbereitung erhalten haben, kippen die Arbeitnehmervertreter den außerordentlichen Sitzungstermin. Auf dem Nachholtermin am 4. Juli geht es dann aber um Personalien statt um die Strategie: Aufsichtsratschef Schmittmann schmeißt per Anfang August hin, und Vorstandschef Martin Zielke geht zum Jahresende. Um das Führungsvakuum zu beenden, installiert der Bund – gegen den erbitterten Widerstand von Cerberus – den früheren LBBW-Chef Hans-Jörg Vetter als Aufsichtsratsvorsitzenden. Unter seiner Führung baut das Kontrollgremium mehr oder weniger behutsam den Vorstand der Commerzbank um, beruft statt eines Cerberus-Kandidaten den HSBC-Chefaufseher Andreas Schmitz in den Aufsichtsrat und macht den Ex-Allianzer Manfred Knof zum neuen CEO. Da dieser noch bis zum 1. Januar bei der Deutschen Bank unter Vertrag steht, macht die Commerzbank zumindest offiziell das, was sie seit Ende der Fusionsgespräche mit der Deutschen Bank betrieben hat: einfach weiterwurschteln.