Exportverbot Indonesiens beeinflusst Nickelmarkt
Indonesien ist eine der aufstrebenden Volkswirtschaften in Südostasien. Mit fast 250 Millionen Einwohnern ist das rohstoffreiche Land gleichzeitig auch der bevölkerungsreichste muslimische Staat. Neben dem Export von landwirtschaftlichen Produkten (wie Reis, Palmöl oder Gewürzen) sowie von Holz und Holzerzeugnissen ist der Export von Flüssigerdgas, Metallen und Metallerzen eine wichtige Einnahmequelle des Landes. Auf Wertschöpfung verzichtetIndonesien verfügt über bedeutende Gold-, Kupfer- und Nickelerzvorkommen sowie die weltweit zweitgrößten Zinnreserven. Daneben spielen Bauxitgewinnung und Kohleexport eine bedeutende Rolle. Bisher wurde ein großer Teil der Erze unveredelt exportiert, wodurch Indonesien auf einen bedeutenden Teil der Wertschöpfung verzichtete.Nach umfangreicher interner Diskussion in Indonesien wurde als Folge ein Exportverbot für unbehandelte Erze verhängt. Dies betrifft vor allem Zinn, Kupfer und Nickel. Nickel wurde in der Vergangenheit vor allem in Form von NPI (= Nickel Pig Iron: Erze mit relativ geringem Reinnickelgehalt) primär nach China exportiert. In China stellte das weiterverarbeitete NPI wiederum die Ausgangsbasis für Nickel dar, welches in der Edelstahlproduktion eingesetzt wird.Mit Beginn des Jahres 2014 sind die Ausfuhrbeschränkungen für NPI nicht nur ratifiziert, sondern vor allem bis jetzt auch strikt umgesetzt worden. Die allgemeine Erwartung war, dass Indonesien nach wenigen Monaten “einknicken” würde, da das Land auf die Deviseneinnahmen angewiesen ist. Auch nach der Wahl eines neuen Präsidenten zeichnet sich zumindest bei NPI kein Richtungswechsel ab: Indonesien will die Wertschöpfung im Inland erhöhen, nicht weiterverarbeitete Nickelerze sollen das Land nach Möglichkeit nicht verlassen.Welche Auswirkungen hat dies nun zum Beispiel auf den indonesischen und den globalen Nickelmarkt, wobei besonderes Augenmerk auf China zu richten ist? Zurzeit sind eine Reihe von neuen Projekten, primär Ferronickel-Smelter, in Indonesien in der Diskussion. Moderne Ferronickel-Smelter produzieren heute ein hochwertiges Ausgangsmaterial, welches direkt in der Edelstahlproduktion eingesetzt wird. Mit solchen Plänen befassen sich nicht nur chinesische und asiatische Investoren, sondern zunehmend tragen sich auch westliche Marktteilnehmer mit dem Gedanken eines stärkeren Engagements vor Ort. Bis ein solches Projekt auf der grünen Wiese realisiert ist und das entsprechende Kraftwerk zur Versorgung vor Ort und die Finanzierung stehen, vergehen jedoch schnell fünf oder mehr Jahre.Welche Veränderungen ergeben sich dann kurz- und mittelfristig? Die weltweite Nickelproduktion expandierte 2013 um rund 7 % auf fast 2 Mill. Tonnen und überstieg damit den Verbrauch um gut 120 000 Tonnen. Getragen wurde dies von der Ausweitung der globalen Edelstahlproduktion. Auch 2014 dürfte es bei steigender Produktion zu einem Angebotsüberschuss von circa 100 000 Tonnen kommen. Von daher sollte man meinen, dass der Markt entspannt sein könnte. Deutliche VeränderungenBetrachtet man aber die Entwicklung der Nickelpreise, sind seit Anfang des Jahres 2014 allerdings – dem Startpunkt des schärferen Exportverbotes – erhebliche Marktveränderungen festzustellen. Seit Februar 2014 ist es zu einem sprunghaften Anstieg der investiven Nachfrage gekommen: Die Anzahl der Future-Kontrakte auf Nickel nahm um ein gutes Drittel auf über 200 000 Einheiten zu. Zwischenzeitlich wurden noch wesentlich mehr Kontrakte ge-zählt. Einen vergleichbaren Bestand an Nickel-Handelskontrakten hat es in den letzten zehn Jahren nicht gegeben. Selbst bei dem bisherigen Allzeithoch der Nickelnotierungen von rund 52 000 US-Dollar je Tonne im Mai 2007 lag die Anzahl der Handelskontrakte auf Nickel nur bei rund 45 000 Einheiten.Auffällig ist auch der sprunghafte Anstieg der Nickelnotierung auf über 18 000 US-Dollar/Tonne. Dies überrascht umso mehr, als sich die Lagerbestände an der LME im Jahresverlauf 2014 weiter auf rund 330 000 Tonnen erhöht haben. In der Regel gehen solche Bestandsaufstockungen mit sinkenden Preisen einher.Eine der Ursachen für diese gegenläufige Entwicklung ist mit Sicherheit im chinesischen Edelstahlmarkt zu suchen. Während die globale Edelstahlproduktion im ersten Quartal 2014 um knapp 7 % zulegte, expandierte diejenige Chinas um 11 % bei gleichzeitig stagnierender Erzeugung in Europa. Da jedoch ein großer Teil der Produktion auf Basis von indonesischem NPI erfolgte, stellt sich die Frage, wie lange die in China vorhandenen Vorräte an NPI für die Aufrechterhaltung der Produktion ausreichen. Vorräte nicht genau bekanntGenaue Zahlen für die Vorräte existieren zwar nicht, aus dem Markt ist jedoch zu vernehmen, dass China begonnen habe, indonesisches Vormaterial mit NPI von den Philippinen zu mischen, um so die indonesischen Erze zu strecken. Der Reinmetallgehalt des NPI von den Philippinen liegt jedoch deutlich unter demjenigen aus Indonesien.Zudem kauft China mittlerweile deutlich stärker als in den letzten Jahren Edelstahlschrott als Substitut auf, um die Edelstahlproduktion mittels Beimischung von Chromnickelschrotten durchzuführen. Die Produktion von rostfreiem Edelstahl auf Basis von Edelschrott ist aber vor allem Domäne der europäischen Anbieter, die hier über langjährige Erfahrung und Expertise verfügen.Damit verschlechtert sich die internationale Wettbewerbsfähigkeit der chinesischen Edelstahlhütten. Man hatte in der Vergangenheit erhebliche Preisvorteile, weil das indonesische NPI mit relativ geringen Umweltauflagen umgearbeitet werden konnte. Eine Verarbeitung des NPI aus Indonesien wäre in Europa an Umweltauflagen gescheitert. Bei einem höheren Einsatz von Schrott bzw. stärkerer Verwendung von NPI von den Philippinen ergeben sich steigende Materialkosten. Zudem haben im Verlauf des Jahres 2014 auch die Edelstahlschrottpreise angezogen, wie man nicht zuletzt an den Zwischenzahlen bedeutender Edelstahlschrottaufbereiter sehen kann. Verminderte KostennachteileDa die europäischen Hütten prinzipiell stärker auf Schrotteinsatz ausgelegt sind, sinken ihre relativen Preisnachteile (unter anderem hohe Umweltauflagen, steigende Energiekosten). Kommt es zu einer Renaissance der europäischen und nordamerikanischen Edelstahlproduktion? Vielleicht lässt es sich so nicht explizit ausdrücken, aber die Kostennachteile der Vergangenheit haben sich durch den indonesischen Exportbann auf jeden Fall vermindert.Zudem steht für die chinesischen Produzenten zumindest mittelfristig ein weiteres Problem ins Haus: Auch auf den Philippinen wird derzeit ein Gesetzentwurf für ein Exportverbot von nicht weiterverarbeiteten Erzen erarbeitet – worunter natürlich auch NPI fällt. Noch ist unklar, ob er verabschiedet wird und mit welchen Fristen es dann zur Umsetzung kommt. Keine schlechten NachrichtenDie Nervosität in der chinesischen Edelstahlindustrie steigt. Zwar sind die Nickelvorräte noch nicht abgebaut, aber doch stark abgeschmolzen. Bleibt Indonesien bei seiner harten Linie, kommt es im Verlauf von 2015 in China zu Versorgungsengpässen mit NPI, die durch den vermehrten Einsatz von Schrotten bzw. hochwertigeren Nickelerzen ausgeglichen werden müssen. Dies sorgt für höhere Kosten und vermindert die Wettbewerbsfähigkeit Chinas, während gleichzeitig der Preisdruck auf dem internationalen Markt abnimmt. Das sind nicht die schlechtesten Nachrichten für europäische und amerikanische Edelstahlerzeuger sowie die großen Edelstahlschrottaufbereiter.—Von Heinz-Jürgen Büchner, Managing Director Industrials & Automotive bei der IKB Deutsche Industriebank AG