Exportwürdiges Erfolgsmodell für Europa

Sparkassen verhelfen dem Mittelstand zu Wachstum und sorgen für Systemstabilität

Exportwürdiges Erfolgsmodell für Europa

Das Zusammenwirken von Sparkassen mit ihren kommunalen Trägern, breiten Kreisen der Bevölkerung, Handwerk, Freiberuflern und mittelständischen Unternehmen ist von entscheidender Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung und das Wohlergehen in Deutschland. Auch in anderen europäischen Ländern wächst deshalb das Interesse am Modell der deutschen Sparkassen.Spareinlagen in der Region entgegenzunehmen, Kredite – vor allem an Mittelständler – zu vergeben und die Bevölkerung geld- und kreditwirtschaftlich zu versorgen – das sind seit mehr als 200 Jahren die Aufgaben von Sparkassen. Dabei gilt es, im Umfeld historisch niedriger Zinsen die Kunden optimal zu betreuen. Gleichzeitig müssen die wachsenden Anforderungen der europäischen Bankenregulierung erfüllt werden. Selbstbewusst stellen sich die 105 Sparkassen in Nordrhein-Westfalen dieser Aufgabe. Zukunftsfestes VorbildZusammen repräsentieren sie in Deutschland ein Viertel aller deutschen Sparkassen, die als Kreditinstitute mit öffentlichem Auftrag in kommunaler Trägerschaft stehen. Ihr zukunftsfestes Geschäftsmodell könnte auch in anderen europäischen Ländern helfen, die aktuellen Herausforderungen – beispielsweise der Sicherstellung der Mittelstandsfinanzierung – zu meistern.Indem sie Unternehmen zu jeder Zeit ausreichend mit Krediten versorgen, haben sich die Sparkassen in Nordrhein-Westfalen insbesondere während der internationalen Finanzkrise als verlässliche Partner des Mittelstands erwiesen. Alle Sparkassen zusammen haben viel dazu beigetragen, dass sich die deutsche Wirtschaft schneller von den Auswirkungen der Finanzkrise erholen konnte als betroffene Branchen in anderen Ländern.Kein Wunder, dass dort das Interesse am Geschäftsmodell der Sparkassen stetig wächst: Französische Wirtschaftsforscher beispielsweise sehen im dezentralen deutschen Wirtschafts- und Bankensystem einen entscheidenden Vorteil gegenüber ihren zentralistischen Strukturen. In Griechenland hat die Sparkassenstiftung für internationale Kooperation ein Modell für die Gründung zweier kleiner Sparkassen auf dem Peloponnes und in der Nähe von Thessaloniki entwickelt. Denn seitdem das Finanzdesaster zur Schrumpfung des griechischen Bankensektors geführt hat, sieht es gerade im ländlichen Bereich für die Finanzierung kleinerer Unternehmen schlecht aus. Die Sparkassenidee könnte hier die Lösung sein.Auch in Großbritannien gibt es in allen politischen Lagern ernst zu nehmende Bemühungen, dem Wall-Street-Bankmodell wieder ein Main-Street-Bankmodell entgegenzusetzen. In den achtziger Jahren waren unter Premierministerin Margaret Thatcher die letzten Sparkassen privatisiert worden. Mittlerweile vereinen bei den Angelsachsen fünf Großbanken fast 90 % aller Spareinlagen auf sich. Diese Banken interessieren sich allerdings wenig für die Vergabe von Kleinkrediten. Für die Einführung von regionalen Banken nach dem deutschen Vorbild macht sich deshalb Professor Richard Werner von der Universität Southampton stark. Diese sollten dem Gemeinwohl verpflichtet sein, statt für Aktionäre Profite zu erwirtschaften, so seine Forderung. Außerdem plädiert er dafür, dass regionale Ersparnisse in der Region bleiben und lokale Firmen unterstützen sollten. Erfreuliche GeschäftszahlenDass sie zum Vorbild taugen, belegen beispielhaft die guten Geschäftszahlen der Sparkassen in Nordrhein-Westfalen für 2013. Zusammengerechnet verfügen sie über eine Bilanzsumme von 275,5 Mrd. Euro, Kundeneinlagen in Höhe von 196,5 Mrd. Euro und ein Kreditvolumen von 194,6 Mrd. Euro. Betrachtet man die beiden Regionen, wie sie durch ihre Sparkassenverbände repräsentiert werden, ergibt sich folgendes Bild: Allein in Westfalen-Lippe addierte sich die Bilanzsumme der 71 Sparkassen im vergangenen Jahr zum ersten Mal auf mehr als 120 Mrd. Euro. Ihre mehr als sechs Millionen Kunden vertrauten ihnen Einlagen in Höhe von 87,6 Mrd. Euro und damit 2,7 % mehr als im Vorjahr an, diesen steht ein Kreditvolumen von 82,9 Mrd. Euro (plus 2,6 %) gegenüber. Das Betriebsergebnis vor Bewertung stieg um 14 Mill. Euro auf 1,37 Mrd. Euro. Im ersten Quartal dieses Jahres kletterte der Kreditbestand an Unternehmen und Selbständige bereits um 48 Mill. Euro auf 39,38 Mrd. Euro.Ähnlich positiv als Finanzierungspartner des heimischen Mittelstands und Motor für wirtschaftliche Prosperität und Stabilität stehen die 34 Sparkassen im Rheinland da: Mit 155,5 Mrd. Euro notieren die aggregierte Bilanzsumme der Institute wie auch der Bestand der Kundenkredite mit 111,7 Mrd. Euro auf Vorjahresniveau, die Kundeneinlagen stiegen um 1,5 % auf 108,9 Mrd. Euro. Das Betriebsergebnis vor Bewertung legte um 3,7 % auf 1,38 Mrd. Euro zu. In den ersten drei Monaten des Jahres 2014 stiegen die Neuzusagen für Kredite an Unternehmen und Selbständige im Vergleich zum Vorjahreszeitraum an.Damit sich diese erfreulichen Entwicklungen weiter fortsetzen können, sind alle Maßnahmen zu begrüßen, die den Finanzsektor nach den Erfahrungen mit der europäischen Staatsschuldenkrise dauerhaft sicherer machen. Wie alle anderen Banken auch unterliegen Sparkassen einer Fachaufsicht. Diese ist durch die europäische Bankenunion nicht mehr nur national, sondern zunehmend europäisch geprägt. Die Bankenunion ist das bedeutendste europäische Integrationsprojekt seit der Euro-Einführung. Es strebt zwei große, auch von Deutschland begrüßte Ziele an: Der Steuerzahler ist bei der Abwicklung von Banken künftig weitgehend außen vor, und Europas Kreditinstitute treten grenzüberschreitend füreinander ein.Keine Frage: Sparkassen verfügen über ausreichend Kondition und Stehvermögen, um den Regulierungsvorgaben – wie sie für alle Banken gelten – zu folgen und damit dauerhaft eine bedeutende Rolle in der europäischen Finanzwirtschaft zu übernehmen. Die europäische Bankenregulierung konfrontiert aber auch kleine und ausschließlich regional wirtschaftende Kreditinstitute mit einer Flut von immer komplizierteren und aufwendigeren Anforderungen, die Technik, Mitarbeiterkapazitäten und Kapital binden, ohne dass vom Geschäftsmodell dieser Häuser eine Gefahr für die Stabilität des Finanzmarktes ausgeht. Es ist deshalb eine wichtige Aufgabe der Sparkassenverbände, in Zusammenarbeit mit den Dienstleistern aus dem Verbund praktikable Lösungen für Sparkassen jedweder Größe anzubieten.Die direkt im Blickpunkt der europäischen Bankenaufsicht stehenden 128 großen Kreditinstitute in Europa werden von der Europäischen Zentralbank (EZB) im Rahmen des “asset quality review” direkt auf Herz und Nieren geprüft, um mögliche maßgebliche Risiken in den nationalen Bankmärkten aufzudecken. Die EZB muss dies tun, um sich für ihre künftige Arbeit als europäischer Bankenaufseher solide Grundlagen, Glaubwürdigkeit und Respekt zu verschaffen. Außerdem bieten diese gründlichen Untersuchungen auch eine Chance. Denn möglicherweise ergeben sich Erkenntnisse, die auch für die deutschen Sparkassen hilfreich sind. Gut für EuropaEs ist absehbar, dass die direkte Prüfung durch die EZB sich bald auch auf die größeren Sparkassen und Genossenschaftsbanken erstrecken wird: In Deutschland vereinen die 24 durch die EZB beaufsichtigten Banken lediglich 65 % der Bilanzsumme des Bankenmarktes auf sich, während in Ländern mit hoch konzentrierten Bankmärkten 90 % erreicht werden. Mit Blick auf die Milliardenvolumina, die im Vergleich hierzu die bisher weitestgehend unregulierten Schattenbanken verwalten, wird hier eine Unverhältnismäßigkeit der regulatorischen Instrumente in der EU offenkundig.Europa braucht eine mittelständische Bankenpolitik, die jede ihrer Maßnahmen in ein angemessenes Verhältnis zur Bedeutung der Institute für das Finanzsystem, zu Art und Umfang ihrer Geschäfte und zur jeweiligen Risikolage der Institute setzt. Europa braucht regionale Bankenmodelle. Die deutschen Sparkassen mit ihrem regionalen Geschäftsmodell könnten deshalb zu Recht Vorbild für stabile und zukunftssichere Bankenstrukturen in anderen europäischen Ländern sein.—Von Rolf Gerlach, Präsident des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe (SVWL) und Michael Breuer, Präsident des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbandes (RSGV)