EZB forciert europäischen Zahlungsverkehr

Coeuré schlägt vor, dass EU-Kommission Finanzbranche zum Einsatz von Instant Payments verpflichtet - Digitalwährung eine Option

EZB forciert europäischen Zahlungsverkehr

Europas Banken verschlafen den technologischen Wandel und müssen nun von den Notenbanken zu ihrem Glück gezwungen werden. Die EZB entwirft einen Fahrplan für den künftigen Zahlungsverkehr und fordert Banken auf, die Infrastruktur für Echtzeit-Zahlungen endlich in größerem Umfang einzusetzen.bg Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) verstärkt ihren Einsatz für den Aufbau eines paneuropäischen Zahlungsverkehrs, um die “strategische Autonomie” des Währungsraums und damit die internationale Rolle des Euro zu stärken. Aus der Abhängigkeit von außereuropäischen Anbietern könnten Risiken für die Cybersicherheit erwachsen, zudem sei die Unterstützung des einheitlichen Marktes durch globale Großanbieter nicht gesichert, sagte EZB-Direktor Benoît Coeuré am Dienstag in einer Rede in Brüssel. Der EU-Zahlungsverkehr sei damit anfällig für Umwälzungen – in Schweden hatten Parlament und Regierung bereits die systemische Relevanz des nationalen Zahlungsverkehrs betont und Maßnahmen zur Wahrung der Souveränität ergriffen.Coeuré skizziert zwei Maßnahmen, um ein paneuropäisches System auf Basis von EZB-Infrastruktur für Echtzeitzahlungen (Instant Payments) auf die Beine zu stellen. Erstens schlägt er vor, die EU-Kommission könne den Einsatz von Instant Payments per Gesetz verpflichtend machen, wenn zum Beispiel bis Ende 2020 keine kritische Masse an Transaktionen erreicht worden ist. Banken und zwischengeschaltete Zahlungsdienstleister nutzen die zum Selbstkostenpreis angebotene EZB-Infrastruktur TIPS bislang zurückhaltend – eine Zielgröße für das kommende Jahr hat Coeuré nicht definiert. Wenn Bargeld verschwindetZweitens zeigt sich der EZB-Direktor offen dafür, dass in einem neuen Zahlungs-Ökosystem auch eine von der Notenbank emittierte digitale Zentralbankwährung (Central Bank Digital Currency, CBDC) zum Einsatz kommen könnte. Eine solche Währung könne sicherstellen, dass Bürger weiterhin in der Lage seien, Zentralbankgeld einzusetzen, wenn Bargeld nicht mehr benutzt werde – womit er auf die Diskussion anspielte, ob eine flächendeckende Bargeldversorgung womöglich ab einem gewissen Punkt nicht mehr gegeben sein könnte. In Schweden ist das bereits der Fall, weswegen die Regierung den Banken, denen der gesamte Zahlungsverkehr obliegt, eine gesetzliche Pflicht zur Mindestversorgung mit Bargeld verordnet hat.Coeurés Anmerkungen zur Schaffung einer digitalen Zentralbankwährung sind allerdings weich formuliert. Er verweist darauf, dass die Zentralbanken derzeit eine Kosten-Nutzen-Analyse von CBDC vornehmen sowie mögliche Risiken prüfen. In China könnte allerdings schon bald eine CBDC marktreif sein, was den Handlungsdruck für die EZB erhöhen würde. In der Bundesbank und EZB reifen Pläne, Giralgeld zu tokenisieren, also im Rahmen des heutigen Geldkreislaufs über die Geschäftsbanken zu gehen statt eine von der Zentralbank emittierte CBDC unter Umgehung der Geschäftsbanken anzustreben.Coeuré, der Mitte Januar zur Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) als Leiter des Innovation Hub wechseln wird, lässt keine Zweifel daran, dass der Zahlungsverkehr in einer öffentlich-privaten Struktur weiterentwickelt werden müsse mit der Anwendung “SEPA Credit Transfer Instant” (SCT Inst) als Basis. Die Notenbank habe bereits eine gute Backend-Lösung aufgebaut, nun sei der private Sektor gefordert, die Anbindung des Frontend, also des Online-Handels, auf die Beine zu stellen. “Pepsi” soll Weg ebnenCoeuré lobte dabei eine Initiative europäischer Banken, die eine grenzüberschreitende Lösung auf den Weg bringen will. Anfang November hatten sich 20 Banken in der “Pan European Payment Initiative” (Pepsi) zusammengetan, um der Transaktionsmaschine von Visa und Mastercard etwas entgegenzusetzen. Neben einer Reihe französischer Institute soll auch die Deutsche Bank bei Pepsi engagiert sein. Die Bundesbank hatte im April an die Banken appelliert, ein solches paneuropäisches System aufzubauen – wie so häufig in Europa müssen Frankreich und Deutschland gemeinsam vorangehen. – Kommentar Seite 1