"EURO FINANCE WEEK" 2020

EZB fordert Lösung für faule Kredite

Vize de Guindos: Notfalls müssen Staaten und die EU die Institute unterstützen - Mehr Konsolidierung

EZB fordert Lösung für faule Kredite

Zum Auftakt der “Euro Finance Week” in Frankfurt stand die Lage des europäischen Bankensystems im Zentrum – auch mit Blick auf eine länger anhaltende Coronakrise. EZB-Vizepräsident Luis de Guindos bekräftigte die Forderung nach einer europäischen Lösung für faule Kredite – notfalls mit staatlicher Hilfe.ms Frankfurt – EZB-Vizepräsident Luis de Guindos hat die Warnung der Europäischen Zentralbank (EZB) vor einem spürbaren Anstieg fauler Kredite im nächsten Jahr untermauert und erneut eindringlich einen europäischen Plan im Umgang mit dem Thema gefordert. Wie de Guindos gestern zum Auftakt der “Euro Finance Week” sagte, sieht die Notenbank dabei zwar vor allem die Institute selbst gefordert. Gegebenenfalls müssten aber die Euro-Länder und die EU die Institute unterstützen.Die Aussagen kommen zu einer Zeit, da einerseits die Sorgen um die Widerstandsfähigkeit der Banken und damit die Kreditvergabe bei einer andauernden Coronakrise zunehmen und andererseits die EU-Debatte über eine Lösung für diese Non-Performing Loans (NPLs) – wie etwa einen europaweiten Marktmechanismus zur Veräußerung – ins Stocken geraten ist (vgl. BZ vom 2. Oktober). Vor allem in Italien haben zuletzt Sorgen vor einer neuerlichen Bankenkrise spürbar zugenommen (vgl. BZ vom 10. November).Der Chef der EZB-Bankenaufsicht, Andrea Enria, hat wiederholt eine staatliche Unterstützung für die Banken beim Abbau ausfallgefährdeter Kredite gefordert. Die EZB-Aufseher befürchten im schlechtesten Fall der Pandemie einen Anstieg der ausfallgefährdeten Kredite in den Bankbilanzen auf bis zu 1,4 Bill. Euro. Ein Anstieg gilt als zentrales Problem für die Wirtschaft. Schließlich sinkt die Fähigkeit und Bereitschaft der Banken zur Kreditvergabe.De Guindos lobte gestern, dass sich das Bankensystem bislang als sehr widerstandsfähig erwiesen und seine Rolle zur Konjunkturstabilisierung gespielt habe. Zudem verwies er darauf, dass es bis dato noch keinen deutlichen Anstieg der NPLs gegeben habe. Das sei aber auch der staatlichen Unterstützung in Form von Schuldenmoratorien und öffentlichen Garantien zu verdanken. 2021 aber könne sich das Bild wandeln. “Die NPLs könnten im Laufe des nächsten Jahres beginnen, sich zu materialisieren”, so de Guindos.Es sei dringend “ein umfassender Ansatz auf nationaler und EU-Ebene erforderlich, wenn notleidende Aktiva in den Bankbilanzen erheblich zunehmen”. Marktbasierte Lösungen sollten im Mittelpunkt stehen. Maßnahmen auf EU-Ebene, um die Sekundärmärkte für NPLs effizienter und transparenter zu gestalten, seien wünschenswert. Weitere Maßnahmen könnten “best practices” für staatlich geförderte Verbriefungsregelungen oder neue Lösungen umfassen, die in Probleme geratenen, aber lebensfähigen Unternehmen helfen würden, ausstehende Schulden umzustrukturieren und sich neues Kapital zu beschaffen.De Guindos bekräftigte auch das EZB-Plädoyer für mehr Bankenfusionen in Europa – um Überkapazitäten abzubauen, die Kosteneffizienz zu verbessern und so das Problem der anhaltend niedrigen Profitabilität zu beheben. “Konsolidierung durch Fusionen und Übernahmen ist ein weiterer potenzieller Weg, um Überkapazitäten in diesem Sektor abzubauen”, sagte er. Nach Einschätzung der EZB werden die Banken noch lange mit den Folgen der Krise zu tun haben. Das Vor-Krisen-Niveau bei der Profitabilität sei nicht vor 2022 zu erwarten, so de Guindos.