Bankenaufsicht

EZB hadert mit Brexit-Verlagerungen

Die Bankenaufsicht in Euroland nimmt die Auslandsbanken an die Kandare, die im Zuge des Brexits Aktivitäten in den Währungsraum verlagert haben. Nach einer eingehenden Analyse ihrer Handelsaktivitäten müssen die Institute strukturell nachbessern.

EZB hadert mit Brexit-Verlagerungen

bn Frankfurt

– Die Bankenaufsicht in Euroland nimmt die Auslandsbanken an die Kandare, die im Zuge des Brexits Aktivitäten in den Währungsraum verlagern mussten. Nach einer ernüchternden Analyse der Handelsaktivitäten in sieben Finanzgruppen kündigte ihr Chef Andrea Enria in einem Blog-Eintrag am Donnerstag aufsichtliche Konsequenzen an. Für 56 von 264 untersuchten Handels­tischen, welche die EZB aufgrund ihres Nettohandelsertrags sowie anderer Faktoren als wesentlich einschätzt, kommen auf die Häuser nun verbindliche aufsichtliche Entscheidungen zu.

Dabei dürfte es darum gehen, in den im Euroraum gelegenen Rechtseinheiten Verantwortliche für Handelstische mit klaren Berichtslinien sowie einer an die Performance dieser Einheit gekoppelten Vergütung zu benennen. Auch sollen die Banken sicherstellen, dass der jeweilige Tisch über eine angemessene Ausstattung mit Infrastruktur und Personal verfügt, um seine Risiken lokal zu steuern. Auf der Agenda steht ferner, dass die Institute eine solide Governance sowie eine interne Kontrolle von Fernbuchungen mit der Muttergesellschaft etablieren. Nicht zuletzt sollen sich die lokalen Einheiten nur begrenzt auf gruppeninternes Absicherungsgeschäft verlassen müssen.

Bescheide bis Jahresende

Die Bescheide, über welche die Banken in den vergangenen Tagen bereits informiert worden sind, sollen den Instituten bis Jahresende zugehen. Die 56 Handelstische, rund jeder fünfte untersuchte, vereinen Enria zufolge 46% des risikogewichteten Exposures auf sich, das analysiert worden ist. Nehme man die Tische hinzu, deren Struktur bereits ein lokales Risikomanagement in Euroland ermögliche, werde die Umsetzung der aufsichtlichen Auflagen den gemäß den Erwartungen der Aufsicht gesteuerten Anteil auf 67% erhöhen, teilte Enria mit.

In ihren aufsichtlichen Erwartungen zu Buchungsmodellen hatte die EZB bereits 2018 klargestellt, dass nach Euroland strebende Banken im Währungsraum Kontrolle und Übersicht über die dort eingegangenen Risiken demonstrieren können müssen. Dazu gehörten neben einer ausreichenden Ausstattung mit Kapital und Liquidität ein angemessenes Ni­veau an Risikomanagement, lokaler Governance sowie IT- und Berichtsstrukturen. Neben dem Unwillen von Banken, kostenträchtige Verlagerungen vorzunehmen, dürfte seither eine fehlende Bereitschaft von Beschäftigten, etwa beruflich von London nach Frankfurt umzuziehen, Verlagerungen gebremst haben.

In den Reihen der Aufsicht, die zu Beginn der Pandemie den Instituten zahlreiche Erleichterungen eingeräumt hatte, wird zwar eingeräumt, es sei kein Leichtes, weite Teile eines Geschäfts in einen anderen Rechtsraum zu verlagern, zumal in Zeiten einer Pandemie. Diese dürfe aber nicht als Entschuldigung dienen, Verlagerungen zu verzögern. Es sei an der Zeit, diese in aller Ernsthaftigkeit voranzutreiben.

Als Aufseher in Euroland sei es die Pflicht der EZB, Einleger und andere Gläubiger der lokalen Rechtseinheiten zu schützen und die Finanzstabilität zu stärken, so Enria. Der Aufsicht sei bewusst, dass ihre Erwartungen zu Veränderungen in der Struktur einiger Bankengruppen führen könnten, man wolle verhältnismäßig vorgehen. So könnte das Risiko einiger Fremdwährungsprodukte durchaus effizienter in einer zentralisierten, gruppenweiten Struktur gesteuert werden.

Zu Namen der untersuchten Häuser äußert sich die EZB nicht. Bloomberg zufolge, die bereits am Mittwoch über die „Desk Mapping Review“ berichtet hatte, umfasste die Analyse unter anderem US-Häuser wie Bank of America, Citigroup, Goldman Sachs, J.P. Morgan und Morgan Stanley, ferner in Großbritannien und der Schweiz ansässige Institute. Im Zuge des Brexits hatten so gut wie alle bedeutenden Großbanken ihre Aktivitäten auf dem Kontinent intensiviert. So bauten Citi­group und J.P. Morgan in Frankfurt große Broker-Dealer-Einheiten auf. Die Europa-Einheit von J.P. Morgan dürfte dabei Ende vergangenen Jahres mit einer Bilanzsumme von über 400 Mrd. Euro zum viertgrößten Spieler am deutschen Bankenmarkt avanciert sein.

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