EZB nimmt Schiffsfinanzierer an die Kandare
Reuters Frankfurt – Schiffsbanken müssen sich angesichts der Flaute auf hoher See auf weitere Auflagen der EZB einstellen. Die Notenbank hat von zahlreichen Finanzinstituten umfangreiche Daten über Schiffskredite und Rücklagen für ausfallgefährdete Darlehen angefordert, wie fünf mit dem Vorgang vertraute Personen am Dienstag Reuters sagten. Dies sei nur der “erste Schritt” einer großangelegten Überprüfung von Schiffsportfolien, erklärte die Europäische Zentralbank (EZB) in einer E-Mail, die Ende vergangener Woche bei zahlreichen europäischen Geldhäusern einging, wie ein Insider erklärte: “Es ist eine sehr umfangreiche Anfrage.” Die Schifffahrtsbranche kämpft seit vielen Jahren mit Überkapazitäten. Zuletzt hat sich die Lage wegen des schwächeren Wachstums in China und des mauen Welthandels noch einmal verschärft. Deutschen Instituten wie der HSH Nordbank, der Nord/LB und der Commerzbank, die Milliarden an die schwächelnde Branche verliehen haben, macht das schwer zu schaffen. Die Nord/LB erwartet in diesem Jahr zum ersten Mal seit 2009 wieder rote Zahlen. Bei der Bremer Landesbank schmilzt die Kapitaldecke wegen Verlusten in der Schifffahrt sogar so stark, dass sie vom Mehrheitseigner Nord/LB vermutlich komplett geschluckt werden muss.Von vielen deutschen Banken hat die EZB bereits 2014 im Rahmen ihres Bilanzchecks höhere Rücklagen für ausfallgefährdete Schiffskredite verlangt. Nun fürchten einige Geldhäuser eine erneute Verschärfung der Vorgaben. Die EZB sehe Handlungsbedarf, weil sich die Lage an den Schifffahrtsmärkten seit Herbst 2015 noch einmal deutlich verschlechtert habe, erklärte ein Insider.Die Notenbank habe von den Banken deshalb eine lange Liste von Daten angefordert – unter anderem zu ihrem Engagement in der Schifffahrt, zum Engagement in bestimmten Schiffssegmenten, zum Buch- und Marktwert von Schiffen sowie zu vorgenommenen Abschreibungen. Die Geldhäuser hätten gut einen Monat Zeit, um die Daten nach Frankfurt zu liefern.Die Banken rätseln noch darüber, welche Schritte die EZB nach der Erhebung und Auswertung der Daten unternehmen wird. Manche Experten halten es für wahrscheinlich, dass sie weitere Abschreibungen fordert. “Man kann die Probleme nicht weiter vor sich herschieben”, sagte Klaus Stoltenberg, Chef der Schiffsfinanzierung bei der Deutschen Bank, kürzlich bei einer Branchenkonferenz in Athen: “Die Leute müssen sich der Realität stellen.” Geldhäuser müssten in den nächsten ein bis zwei Jahren weiter Rückstellungen für ausfallgefährdete Schiffskredite bilden und die Verluste verdauen können. In Deutschland stehen wegen der Schiffskrise besonders die HSH Nordbank und die Nord/LB unter Druck, wie ein Aufseher sagte.