EZB sieht höhere Stabilitätsrisiken

Notenbank misst Sorge um Schuldentragfähigkeit mehr Gewicht bei - De Guindos relativiert Lage in Italien

EZB sieht höhere Stabilitätsrisiken

In Euroland haben die Risiken für die Finanzstabilität nach Einschätzung der Europäischen Zentralbank in den vergangenen sechs Monaten insgesamt zugenommen. Neben der Volatilität im Markt für italienische Staatsanleihen treibt die Notenbank unter anderem der Brexit und die Reform der Zins-Benchmarks um.bn Frankfurt – Die jüngsten Kursschwankungen im Markt für Italiens Staatsanleihen rufen die Finanzstabilitätswächter der Europäischen Zentralbank (EZB) auf den Plan. Im Oktober sei die Volatilität wieder in den Markt für italienische Bonds zurückgekehrt, teilt die Notenbank in ihrem jüngsten halbjährlichen Finanzstabilitätsbericht mit. Neben globalen Schocks stellten dabei auch die jüngsten Entwicklungen im Inland Risiken für die Finanzstabilität dar, heißt es mit Blick auf den zwischen Italien und der EU-Kommission entbrannten Streit um die Haushaltspläne des Landes. Ende Mai hatten die Bid-Ask-Spreads italienischer Staatsanleihen Niveaus erklommen, die man zuletzt auf dem Höhepunkt der Staatsschuldenkrise 2011 gesehen hatte, vermerkt der Bericht. Der Anstieg der Risikoprämien und entsprechende Neubewertungen haben italienischen Banken eine Belastung ihrer Eigenkapitalquoten beschert.Italien ist einer der fleißigsten Emittenten von Staatsanleihen in der Eurozone. Von 2019 bis 2024 muss kein anderes Land des Währungsraums Fälligkeiten in derart hohem Volumen meistern. Allein 2019 sind es knapp 200 Mrd. Euro. EZB-Vizepräsident Luis de Guindos war bei Präsentation des Berichts gleichwohl bemüht, das von Italien ausgehende Stabilitätsrisiko zu relativeren. Zwar räumte er ein, dass ein klarer Parallelverlauf zwischen der Eskalation in der Etatdebatte und den Risikoaufschlägen italienischer Staatsanleihen zu beobachten gewesen sei. Auch liefen die Renditen von Staatsanleihen und Bankbonds im Gleichschritt. Auf der anderen Seite machten Bonds aber nur ein Fünftel der Refinanzierung italienischer Kreditinstitute aus, und ihr Anteil an der Bilanzsumme habe abgenommen. De Guindos: “Die Auswirkungen auf Italiens Banken sind geringer als in der Vergangenheit.” Auch sei der von Italien ausgehende Ansteckungseffekt bislang limitiert. Bedenken wegen KonjunkturSkeptischer äußerte sich De Guindos zu den Folgen des britischen Austritts aus der Europäischen Union. Zwar bejahte er die Frage, ob die Banken in Euroland für einen harten Brexit gewappnet seien. Zugleich wies er indes auf die Folgen für die Konjunktur hin. Momentan drehten sich die Debatten vor allem um Fragen der Vertragskontinuität und der Bail-in-Fähigkeit nach dem Brexit, sagte er. Am wichtigsten aber sei, dass Großbritannien im Falle eines harten Brexit in eine “sehr tiefe Rezession” eintauchen werde. “Und wenn Sie eine solche Rezession haben, werden Probleme der Finanzstabilität hervortreten”, fügte er hinzu.Als “weiter bedeutend” bezeichnet die Notenbank in ihrem Bericht die Unsicherheiten rund um die Reform der Zins-Benchmarksätze Eonia und Euribor. Was den Euribor angehe, arbeite der private Administrator, das European Money Markets Institute (EMMI), noch daran, die Benchmark gemäß EU-Vorgaben zu überarbeiten, heißt es. Letztlich dürfte das Überleben der Benchmark für längere Ausreichungen dabei von mehreren Faktoren abhängen. Dazu zählten ein erfolgreicher Wechsel der Ermittlungsmethode, die Genehmigung durch die belgische Aufsichtsbehörde sowie die freiwillige Unterstützung durch die Banken.In den zurückliegenden sechs Monaten haben die Risiken für die Finanzstabilität in der Eurozone insgesamt zugenommen, wie die EZB weiter schreibt. Das Umfeld sei herausfordernder geworden. Auf Sicht von zwei Jahren ist das Risiko von Ängsten um die Schuldentragfähigkeit demnach ebenso gewachsen wie die potenzielle Gefahr von Liquiditätsverspannungen im Investmentfondssektor. Dieselbe Bedeutung wie vor einem halben Jahr messen die Finanzstabilitätswächter in ihrem halbjährlichen Bericht dem Risiko eines ruckartigen Anstiegs der Risikoprämien bei sowie der Gefahr, dass die Intermediationsfähigkeit von Banken leidet. Mit Ausnahme der Gefahr von Liquiditätsverspannungen im Fondssektor, die die Notenbank als potenziell ansieht, ordnet sie den Risiken jeweils eine mittlere systemische Dimension zu.