EZB warnt vor zunehmenden Abwärtsrisiken für Banken
EZB warnt vor zunehmenden Abwärtsrisiken für Banken
Trübe Wirtschaftsaussichten und politische Risiken belasten – Finanzierungskosten steigen
fir Frankfurt
Die Banken im Euroraum haben laut Europäischer Zentralbank (EZB) vor allem dank der gestiegenen Zinsen Erträge und Profitabilität ausgebaut, sähen sich aber unter anderem angesichts konjunktureller und politischer Unwägbarkeiten zunehmenden Abwärtsrisiken ausgesetzt. So hätten die Unsicherheiten hinsichtlich der Ertragsaussichten zugenommen, schreibt die EZB in ihrem am Mittwoch erschienenen Finanzstabilitätsbericht, den sie zweimal jährlich herausgibt. Alles in allem bleibe der Ausblick auf die Finanzstabilität im Euroraum "fragil", hält sie darin fest.
De Guindos konstatiert Gegenwind
"Obwohl ihre Kreditmargen bisher weitgehend von den steigenden Zinsen profitiert haben, sehen sich die Banken zunehmend mit Gegenwind konfrontiert", wird EZB-Vizepräsident Luis de Guindos zitiert. Die Kreditnachfrage kühlt ihm zufolge "außergewöhnlich schnell" ab, und die Kreditausfälle nähmen zu, wenn auch von einem niedrigen Niveau aus. Darüber hinaus bereite die Schwäche der Immobilienmärkte Sorge, und zwar sowohl bei Gewerbe- als auch bei Wohnimmobilien.
EZB-Vizepräsident Luis de GuindosObwohl ihre Kreditmargen bisher weitgehend von den steigenden Zinsen profitiert haben, sehen sich die Banken zunehmend mit Gegenwind konfrontiert.
Zum einen seien Märkte und Nichtbanken anfällig für negative makroökonomische und geopolitische Überraschungen. Zum anderen hätten Firmen, Privathaushalte und Staaten mit strengeren Finanzierungsbedingungen und höherem Schuldendienst zu kämpfen. Deshalb sei zu befürchten, dass die Kreditqualität leidet. Das mindere, im Verbund mit schwächerer Kreditvergabe und steigenden Refinanzierungskosten, die Rentabilitätsaussichten der Banken, so die EZB.
Kreditvergabe unter Druck
Denn höhere Kreditzinsen, geringere Darlehensnachfrage und strengere Kreditstandards lasteten auf dem Kreditgeschäft und somit auch der Rentabilität der Banken. Die Dynamik der Kreditvergabe habe sich merklich verlangsamt, wobei die Kreditvergabe an private Haushalte und Unternehmen im Jahresverlauf den niedrigsten Stand seit 2015 erreicht habe, geht aus dem Finanzstabilitätsbericht hervor. "Die unsicheren makrofinanziellen Bedingungen könnten das Volumenwachstum auch in Zukunft belasten und den positiven Margeneffekt höherer Zinssätze auf die Nettozinserträge der Banken teilweise ausgleichen", heißt es.
Darüber hinaus dürfte die Profitabilität nach EZB-Einschätzung unter Druck geraten, weil die Refinanzierungskosten der Banken mit den für das Neugeschäft gezahlten Zinssätzen gleichzögen und sich der Funding-Mix weiter in Richtung teurerer Finanzierungsquellen verschiebe. Die Eigenkapitalrendite werde demnach leicht sinken, erwartet die EZB.
Die durchschnittliche Quote der notleidenden Kredite (NPL) verharrte den Angaben zufolge im ersten Halbjahr zwar weitgehend unverändert bei knapp über 2%, doch seien erste Anzeichen für zunehmende Verluste in einigen Kreditportfolios zu bemerken, und zwar sowohl bei Firmen- wie bei Privatkunden. Damit könnten die Banken mit höherer Kreditrisikovorsorge konfrontiert werden.