FINANZEN UND TECHNIK - IM INTERVIEW: ARIC DROMI

"Facebook wird die größte Bank der Welt"

Blockchain soll nächsten Schritt ermöglichen

"Facebook wird die größte Bank der Welt"

Der Schwede Aric Dromi arbeitet als Futurologe für die Volvo Group. Daneben berät er auch andere Unternehmen zu den Themen digitale Transformation und Design der Zukunft. Die Börsen-Zeitung hat ihn zu künftigen Trends und Entwicklungen im Banking befragt.- Herr Dromi, Sie sagten kürzlich bei einem Vortrag, Facebook werde Ende 2017 mit Hilfe der Blockchain zur größten Bank, die die Welt je gesehen hat. Wie meinen Sie das?Ich denke, dass Facebook die größte Bank der Welt wird, weil die Plattform gar keine andere Wahl hat, wenn man logisch darüber nachdenkt. Das Netzwerk hat jetzt ein Stadium erreicht, bei dem es mit seiner derzeitigen Struktur seine Ertragsströme nicht noch viel weiter maximieren kann. Gleichzeitig erreicht die Blockchain-Technologie sehr schnell einen hohen Reifegrad. Zurzeit wird sie noch vornehmlich als Kryptowährungsstruktur genutzt. Aber so wie die Blockchain gestaltet ist, kann man sie für jedes Szenario nutzen, für E-Mails, als Register, zur Identitätenverwaltung.- Aber reicht das aus, um aus Facebook eine Bank zu machen?Facebook war immer sehr schnell dabei, neue Technologien auf die Plattform zu bringen. Es ist bekannt, dass sich das Unternehmen intensiv mit der Blockchain befasst. Es ist der einzige logische Weg, um ein schnell wachsendes, nachhaltiges Modell zu erschaffen, das Facebook über das, was es derzeit macht, hinausbringt.- Wie soll das aussehen?Eine der Grundideen der Blockchain-Technologie ist, dass jeder das Gleiche weiß wie alle anderen auch. Nehmen wir an, ich mache eine Reise: Facebook weiß schon, dass ich am Morgen mein Zuhause verlassen habe, wahrscheinlich kein Lunch hatte und um 17 Uhr am Bestimmungsort ankomme. Und die Händler dort erfahren über Facebook, dass ich Veganer bin, und machen mir entsprechende Angebote. Wenn man sich heute die Werbung auf Facebook ansieht, dann sind 90 % der Angebote nicht relevant. Wenn man über die Blockchain so ein Transparenzmodell erschafft und alles darüber abwickelt, gewinnen 90 % der Werbeeinblendungen an Relevanz und können in Echtzeit ausgespielt werden.- Was ist der konkrete Beitrag der Blockchain-Technologie hierzu?Nehmen wir den virtuellen Assistenten Facebook M, in den viel investiert wird, auch um ihn mit künstlicher Intelligenz anzureichern. Und jede Form der künstlichen Intelligenz benötigt so etwas wie die Blockchain-Infrastruktur. Wenn man die mit künstlicher Intelligenz verknüpft, beginnt das System, die Intentionen der Menschen darin zu verstehen. Dadurch ergibt Facebook noch einen ganz anderen Sinn. Dann wird das Netzwerk zu einer Bank, denn es ermöglicht mir, Werte mit Händlern auszutauschen. Auch wenn Geld nach wie vor eine Rolle dabei spielt, erschafft man etwas, das über den reinen monetären Wert hinausgeht.- Gibt es hier nicht Probleme mit dem Thema Datenschutz?Aber wenn ich doch meine Einwilligung gebe? Ich schätze, dass mehr als 70 % der Nutzer den Zugriff der Facebook-App auf ihre Smartphone-Kamera nicht deaktiviert haben. Meine Kinder kümmert so was nicht. Die installieren es und lassen es laufen. Datenschutz ist kein Thema für die.- Für deutsche Nutzer durchaus.Das mag sein, aber wenn man auf kohärente Weise einen Mehrwert anbietet, ist es die Entscheidung des Nutzers, ob er einwilligt. Und wenn er das tut und mit dem Gegenwert zufrieden ist, hat Datenschutz keine Bedeutung mehr, wenn dabei alles klar und transparent ist. Kommunikation ist das Schlüsselelement hier.- Was ist mit den heutigen Zahlverfahren von Apple oder Google?Facebook, Apple, Google: Deren Bezahlverfahren sind immer noch stark verknüpft mit der App-Ökonomie. Da ist es heute so, dass man erst sein Smartphone entsperren, das richtige Icon im richtigen Ordner finden und dann die App starten muss. Das ist aber kein skalierbarer Ansatz. Ich muss weiterhin auf meine Kreditkarte zurückgreifen. Also hat Apple Pay mir nicht wirklich etwas erspart. Da wurde einfach nur ein Stück Plastik durch ein größeres Stück Plastik ersetzt, und das erzeugt auch noch mehr Reibung.- Was muss sich ändern?Wenn man die bestehende Payment-Struktur mit einbezieht, dann verringert man die Reibung nicht, sondern fügt noch mehr hinzu. Und das Ziel ist doch, eine reibungslose Transaktion zu ermöglichen. Hier kann die Blockchain Facebook helfen, denn wenn sie ihre eigene Kryptowährung einführen, dann ergibt Facebook Payments Sinn.- Wo bleiben dabei die Banken?Sie werden aus dem Rennen sein. Das gesamte monetäre System durchlebt gerade einen Kodak-Moment. Sie müssen sich entscheiden, ob sie Kodak oder Fuji sein wollen. Denn Fuji hat überlebt, Kodak musste das Kerngeschäft aufgeben. Die Banken sind so sehr gefangen in ihrer bisherigen Art und Weise, Geld zu verdienen, dass sie einen ganzen Ozean voller Potenziale übersehen.- Das gilt aber nicht für jede Bank.Es wird Banken geben, die das überleben, aber es ist wie bei der Automobilindustrie, die nicht damit gerechnet hat, dass Firmen wie Uber, Google, Apple oder Alibaba in ihr Revier eindringen. Und ich glaube nicht, dass die Bankindustrie versteht, dass ihr diese Gefahr droht.- Den Banken ist diese Gefahr doch schon seit Jahren bekannt.Die Bankindustrie versucht sich aber in Gegenmaßnahmen, anstatt Google die Infrastruktur anzubieten. Banken sollten eine Art Schnittstellen-Anbieter sein. Sie sollten Value-API-Provider werden und im Hintergrund operieren.- Wie sollte das aussehen?In etwa so, wie ich mir meinen News-Bot wünsche. Der soll mir die relevantesten Nachrichten raussuchen auf Basis dessen, was mich interessiert. Zurzeit habe ich eine App von CNN, eine von BBC und noch einige andere von Nachrichtenanbietern. Doch ich möchte nur die Highlights von all diesen Networks geliefert bekommen, passend zum Kontext meiner eigenen jeweiligen geistigen Verfasstheit. Dafür sollte es Schnittstellen zu meinem persönlichen Bot geben. Die Technologie und die Konnektivität dafür sind vorhanden.—-Das Interview führte Franz Công Bùi.