Fallende Prämieneinnahmen lassen AIG-Aktie abstürzen

Belastung durch Hurrikan "Sandy" befürchtet

Fallende Prämieneinnahmen lassen AIG-Aktie abstürzen

scd New York – Der von der US-Regierung gerettete Versicherungskonzern American International Group (AIG) hat die Investoren im dritten Quartal mit überraschend gesunkenen Prämieneinnahmen in einigen wichtigen Kerngeschäftsfeldern enttäuscht. Die Aktie von AIG war deshalb vor dem Wochenende die schwächste der 81 im US-Leitindex S & P 500 vertretenen Finanzdienstleister. Bis zum frühen Nachmittag gaben die Titel gut 6 % auf 33,04 Dollar ab. Mit einem Börsenwert von knapp 54 Mrd. Dollar ist der Konzern knapp ein Zehntel weniger wert als zum Jahreshoch am 18. Oktober.Chief Executive Officer Robert Benmosche hatte das Unternehmen in den Jahren nach der Finanzkrise, in deren Verlauf AIG mit der Rekordsumme von 182,3 Mrd. Dollar gerettet worden war, wieder fit für die Börse und private Investoren gemacht, damit der Staat möglichst verlustfrei aussteigen kann. Vor knapp zwei Monaten meldete das US-Finanzministerium dann, dass dies geglückt sei. Zum Abschluss wurden 554 Millionen Anteilsscheine zu jeweils 32,50 Dollar am Markt veräußert, damit schmolz die US-Beteiligung auf 22 % ab. Zu diesem Zeitpunkt hatte die USA aus der Rettung sogar schon einen Gewinn von 12,4 Mrd. Dollar eingestrichen. Die Regierung hat zudem zwischenzeitliche Kursanstiege zu weiteren Veräußerungen genutzt und hält derzeit nur noch 16 %. Das gegenüber den Höchstständen nun wieder gefallene Kursniveau ist mit mehr als 33 Dollar für den verkaufswilligen Finanzminister Timothy Geithner weiterhin hochattraktiv. Abwarten angeratenOb dies allerdings auch umgekehrt für kaufinteressierte Anleger gilt, zweifeln einige Analysten an. Der Gewinn der Gesellschaft sei im Wesentlichen von positiven Bewertungseffekten geprägt gewesen, erklärt etwa Sanford-C.-Bernstein-Analyst Josh Stirling. “Die relativ durchschnittliche Ergebnisstärke im Kerngeschäft ist der Grund, warum die Gesellschaft zur Hälfte ihres Buchwertes gehandelt wird.” Erst müssten die Töchter AIG Property-Casualty und AIG Life and Retirement sich wieder berappeln und profitabler werden. Im dritten Quartal waren die Prämieneinnahmen bei Chartis um 3,2 % gesunken. Sun America hatte sogar einen Rückgang um 19 % zu verkraften. Die Investoren seien ohnehin gut beraten, erst einmal abzuwarten, welche Kosten AIG wegen des Hurrikans “Sandy” schultern müsse, fügte Stirling an. Die Schätzungen des versicherten Schadens gehen bis zu 20 Mrd. Dollar. Insgesamt wird sogar ein Schaden von bis zu 50 Mrd. Dollar für die US-Wirtschaft befürchtet.Benmosche freute sich zwar über ein “weiteres solides Quartalsergebnis”. Getrieben wurde es aber im Wesentlichen von Investitionsgewinnen. Deren Nachhaltigkeit stellen neben Stirling auch andere Marktbeobachter in Frage. Unter dem Strich verdiente AIG in den Monaten Juli bis September 1,9 Mrd. Dollar bzw. 1,13 Dollar je Aktie nach einem Verlust von 4 Mrd. bzw. 2,10 Dollar je Titel in der Vorjahresperiode. Analysten hatten sich im Schnitt laut Thomson Reuters nur auf 86 Cent Gewinn je Titel eingestellt.Dass es trotz des stärker als erwartet ausgefallenen Ergebnisses zu einem Kurssturz kam, lag laut Marktbeobachtern daran, dass andere Versicherungskonzerne – etwa Travelers – die Erwartungen an den Tagen zuvor noch deutlicher geschlagen hatten und die Durchschnittsprognose die Erwartung im Markt damit ohnehin längst nicht mehr repräsentierte.