WAGNISKAPITAL

Falsch aufgezäumt

Herausragend auch im internationalen Vergleich wären die künftigen Finanzierungsbedingungen für Start-ups, sollte sich Finanzminister Wolfgang Schäuble mit seinem geplanten "Tech Growth Fund" durchsetzen. So jedenfalls jubelt Thomas Jarzombek,...

Falsch aufgezäumt

Herausragend auch im internationalen Vergleich wären die künftigen Finanzierungsbedingungen für Start-ups, sollte sich Finanzminister Wolfgang Schäuble mit seinem geplanten “Tech Growth Fund” durchsetzen. So jedenfalls jubelt Thomas Jarzombek, internetpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, angesichts der Pläne seines Parteifreunds. Tatsächlich würde der beabsichtigte Kreditrahmen von 1 Mrd. Euro per annum über die nächsten zehn Jahre, der jungen Firmen über die verpflichtende Kofinanzierung privater Investoren 2 Mrd. Euro jährlich an frischem Geld ermöglicht, einige drückende finanzielle Engpässe beseitigen, die nur allzu oft die Entwicklung und das Wachstum hoffnungsvoller Gründer lähmen.Da dies aber auch die künftige wirtschaftliche Entwicklung des ganzen Landes bremst, hatte sich die schwarz-rote Regierung im Koalitionsvertrag verpflichtet, Deutschland als Investitionsstandort für Wagniskapital international attraktiv zu machen. Auf das versprochene Venture-Capital-(VC-)Gesetz wartet die Branche aber seit nunmehr fast drei Jahren – nicht zuletzt, weil Schäuble alle Vorschläge des Wirtschaftsressorts oder des VC-Verbands rigoros abblockt. Fürchtet der Finanzminister doch Steuerausfälle größeren Ausmaßes, wenn Fondsmanager von der Umsatzsteuer befreit werden oder Verlustvorträge bei Anteilseignerwechseln – wie etwa Finanzierungsrunden von Start-ups – erhalten bleiben sollen. Faktisch würden bei vielen dieser Vorschläge aber nur bestehende Benachteiligungen hiesiger Start-ups, VC-Fonds und Investoren innerhalb Europas beseitigt – können doch Gründer in Frankreich oder Großbritannien von deutlich besseren Rahmenbedingungen profitieren.Wenn nun also das Finanzministerium mit dem beabsichtigten Tech Growth Fund für bessere Finanzierungschancen sorgen will, zäumt es das Pferd von hinten auf. Statt das steuerliche und aufsichtsrechtliche Umfeld so umzugestalten, dass sich Investoren mehr bei Start-ups engagieren, werden mit staatlichen Ausfallgarantien für KfW-Kredite mangelnde Investitionen überbrückt. Wobei nach Expertenmeinung die drohenden Kreditausfälle größer sein dürften als die vom Finanzminister befürchteten Steuerausfälle. Abgesehen davon gibt es genügend Praktiker der Start-up-Finanzierung, welche die mit dem Growth Fund beabsichtigte Verknüpfung von Eigen- und Fremdkapital als vollkommen am Bedarf vorbei bezeichnen. “Herausragend” auch im internationalen Vergleich ist die Idee des Finanzministers also wahrlich nicht.