Familienunternehmen und Start-ups - das passt

Warum sich diese ergänzen und Nordrhein-Westfalen hervorragende Voraussetzungen dafür bietet - Bundesland mit wachsender Gründerszene

Familienunternehmen und Start-ups - das passt

“Everything started as nothing” – Egal ob Dr. Oetker, Miele oder Bertelsmann: Allen Unternehmen ist gemein, dass sie zu irgendeinem Zeitpunkt auch als Start-up begonnen haben. Herausragende Unternehmerpersönlichkeiten haben die bekannten Familienunternehmen zu dem gemacht, was sie heute sind. Gerade mittelständische Familienunternehmen bilden das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Über viele Generationen gewachsen, haben sie sich auch in der Wirtschaftskrise im Jahr 2008 als krisenfest erwiesen.Die erfolgreichen Familienunternehmen haben eine DNA, die sie von kapitalmarktorientierten Unternehmen unterscheidet: starke, verantwortungsvolle Inhaberpersönlichkeiten, die Bereitschaft, kontrollierte Risiken einzugehen und kurze Entscheidungswege. Eine wachsende Größe des Unternehmens führt in vielen Fällen jedoch auch zu einer Verlangsamung von Entscheidungsprozessen.Auf der anderen Seite steht das Start-up: Es hat keine fixen Strukturen, flache Hierarchien und in der Regel “hungrige” Gründer. Um die Geschäftsidee umzusetzen, benötigt das Start-up in den meisten Fällen Kapital, um Mitarbeiter einzustellen, Produkte zu entwickeln und zu bewerben. Daneben spielen häufig Kontakte eine erhebliche Rolle. Und genau hier bietet sich die Zusammenarbeit der Start-ups mit Familienunternehmen an. Die Vorteile für ein Start-up scheinen offensichtlich. Im Optimalfall erhält das Start-up “smart money”: nämlich einen (strategischen) Investor, der das Start-up nicht nur finanziell, sondern auch mit seinem Know-how und Netzwerk unterstützt.Im Gegensatz zu einem Konzern zeichnet sich ein Familienunternehmen häufig durch eine besondere Agilität aus. Die Entscheidungsträger können autark und ohne intensive Abstimmungsprozesse Entscheidungen treffen. Deshalb sind Familienunternehmen für ein Start-up ein guter Ansprechpartner. Auch für das Familienunternehmen bringt die Zusammenarbeit viele Vorteile. Neben einem großen Wachstumspotenzial können neue Technologien und Produktinnovationen entwickelt werden. Gerade in Zeiten der Digitalisierung können Start-ups ein wichtiger Impulsgeber für Familienunternehmen sein. Sie bringen eine neue Perspektive, hinterfragen bestehende Strukturen und regen zu neuen Prozessen an.Andererseits kann man sich als Familienunternehmen natürlich die Frage stellen, ob sich der finanzielle, organisatorische und auch der personelle Aufwand lohnt. Denn auch eine vielversprechende Zusammenarbeit bringt ein gewisses finanzielles Risiko mit sich. Wo innovativ gearbeitet wird, besteht auch immer die Gefahr von Rückschlägen. Dies muss allen Beteiligten bewusst sein und dafür muss auch im Unternehmen eine Toleranzkultur etabliert werden. Zu Beginn der Zusammenarbeit sollten Ziele und Maßnahmen zur Umsetzung für die Zusammenarbeit daher klar definiert werden.Die Arten der Zusammenarbeit mit einem Start-up sind vielfältig: Sie reichen von einfachen Kooperationen über Joint Ventures bis zu Beteiligungen am Start-up (als Business Angel oder als strategischer Investor). Die Entscheidung über die Form der Zusammenarbeit hängt stark von der Zielsetzung der Beteiligten ab. Handelt es sich bei den von dem Start-up entwickelten Waren beziehungsweise der Dienstleistung um solche aus dem (perspektivischen) Geschäftsfeld des Familienunternehmens? Wie aktiv möchte sich das Familienunternehmen involvieren? Bei einer Beteiligung am Start-up stellt sich zum Beispiel die Frage, ob sich das Familienunternehmen lediglich mit Kapital einbringen möchte, oder ob es sich aktiv – neben den ihm zustehenden Kontrollrechten – auch als Unterstützer oder Mentor einbringt. Weniger KonkurrenzBei Start-ups denkt der neutrale Beobachter nicht direkt an Nordrhein-Westfalen (NRW) als ein Bundesland mit einer wachsenden Gründerszene. Doch gerade darin liegt der Vorteil von NRW: Es gibt nicht so viele Konkurrenz-Start-ups wie in den Start-up-Metropolen Berlin, Hamburg oder München. Dadurch – und auch durch eine sehr hohe Universitätsdichte vor allem in der Region Rhein-Ruhr – können Start-ups aus einem breit aufgestellten Talentpool schöpfen. Zudem hat in NRW kürzlich der Bundesverband Deutsche Start-ups seine erste Landesgeschäftsstelle außerhalb Berlins eröffnet.Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Nordrhein-Westfalen beheimatet 70 Hochschulen mit insgesamt ca. 800 000 Studierenden. Gut 100 Forschungseinrichtungen sind an die Universitäten angegliedert. Neben mehr als 150 Hidden Champions haben 19 der 50 größten Unternehmen in Deutschland ihren Sitz in NRW. Bei der Existenzgründungsintensität liegt NRW mit 80 Gründungen pro 10 000 Einwohner zwischen 18 und 65 Jahren im deutschlandweiten Vergleich auf Platz 4. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 74.Ideale Voraussetzungen also für die Kooperation von Familienunternehmen mit Start-ups. Etwa in der Region Ostwestfalen-Lippe rund um Bielefeld, Gütersloh, Paderborn und Herford. Dort ist eine Vielzahl von mittelständisch geprägten Weltmarktführern, darunter viele Familienunternehmen, ansässig – und macht Ostwestfalen-Lippe zu einer der wirtschaftlich stärksten Regionen Deutschlands. Auch die Rheinschiene zwischen Köln und Düsseldorf bietet als Metropolregion eine Vielzahl an erfolgreichen Familienunternehmen.Umfragen haben gezeigt, dass es vielen Start-ups Schwierigkeiten bereitet, einen ersten Kontakt zu einem Familienunternehmen herzustellen. Dafür bietet es sich für beide Seiten an, an einer der zahlreichen Gründermessen und -konferenzen teilzunehmen. Daneben existieren gute Möglichkeiten zur Vernetzung von “Corporates” und Start-ups über Netzwerke oder Hubs. In Ostwestfalen hat sich unter anderem durch die Founders Foundation – ein Projekt der Bertelsmann-Stiftung – und Bestrebungen lokaler Unternehmer ein Start-up-Ökosystem entwickelt. So können sowohl die Start-ups als auch die Familienunternehmen im Pioneers Club (Bielefeld), dem Denkwerk (Herford) oder der Garage 33 (Paderborn) miteinander in Kontakt treten. Daneben bestehen exzellente Fördermöglichkeiten durch die ansässigen Universitäten und Fachhochschulen.In Ostwestfalen-Lippe arbeiten im Technologienetzwerk “Intelligente Technische Systeme OstWestfalenLippe – it’s OWL” bereits erfolgreich über 180 Unternehmen, Hochschulen, hochschulnahe Kompetenzzentren und wirtschaftsnahe Organisationen zusammen. OWL soll durch eine branchenübergreifende regionale Entwicklungsstrategie zum Standort für Spitzentechnologie im Bereich Maschinenbau, Elektronik, Automatisierung, IT und Automobilzulieferung ausgebaut werden. Dadurch wird die Region Ostwestfalen-Lippe wirtschaftlich noch stärker, durch die Zielsetzung des Spitzenclusters noch agiler und bietet Raum für innovative Ideen. “Das digitalste Bürogebäude”Um Start-ups auch durch eine ansprechende Infrastruktur zur Ansiedlung zu bewegen, entsteht in Köln ein innovatives Bürogebäude, das die Macher als “das digitalste Bürogebäude Deutschlands” bezeichnen. Die offizielle Bezeichnung des Gebäudes ist “The Ship”, es ent-steht im Kölner Nordwesten. Kommt ein externer Besucher vorbei, wird er App-gesteuert zu seinem Gesprächspartner geführt und per App lässt sich nachsehen, ob im Fitnessstudio gerade noch ein Platz frei ist.Durch das attraktive, sehr erfolgreiche und wirtschaftlich vielfältige Umfeld von Köln haben Start-ups ihre Kunden direkt vor Ort. Ein Standortvorteil, den es für die Start-ups in Berlin so nicht gibt. In Köln wird auch eine Start-up-Unit eingesetzt. Diese soll die zentrale Koordinierungs- und Anlaufstelle zur Stärkung des Start-up-Standorts Köln sein. Sowohl national als auch international. Dafür stellt die Stadt Köln bis zum Jahr 2020 2 Mill. Euro zur Verfügung.Um Nordrhein-Westfalen als Standort für Start-ups noch attraktiver zu machen, vergibt die NRW.Bank zudem 214 Mill. Euro mehr Wagniskapital für Gründerinnen und Gründer. Damit soll jungen Unternehmern der Zugang zu Wagniskapital erleichtert werden. Über die NRW.Bank gibt es die bundesweit höchste Landesförderung für Start-ups. Derzeit beträgt sie knapp eine halbe Mrd. Euro.Und mit dem Hightech-Gründerfonds in Bonn sitzt der größte Risikokapitalgeber Deutschlands in Nordrhein-Westfalen. Heute haben sich nach einer Studie im Auftrag des nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministeriums bereits 1500 Start-ups in NRW niedergelassen, ähnlich viele wie in der deutschen Hauptstadt Berlin.Es spricht demnach eine Menge dafür, dass sich die Start-up-Szene in Nordrhein-Westfalen auch in Zukunft positiv und dynamisch weiterentwickeln wird. Nicht zuletzt aufgrund von engen Kooperationen mit Familienunternehmen. Dadurch wird das vorhandene Potenzial beider Seiten noch besser ausgeschöpft.—-Martin Wambach, Geschäftsführender Partner bei Rödl & Partner in Köln—-Thomas Lang, Partner bei Rödl & Partner an den Standorten Bielefeld und Herford