LEITARTIKEL

Faszinosum Konsolidierung

Haben Sie heute schon konsolidiert? Aber mindestens darüber gesprochen, oder? Bankenkonsolidierung, ob in der privaten oder der öffentlich-rechtlichen Säule, scheint für Macher, Märkte und Medien ein Faszinosum zu sein. Deutsche Bank & Commerzbank...

Faszinosum Konsolidierung

Haben Sie heute schon konsolidiert? Aber mindestens darüber gesprochen, oder? Bankenkonsolidierung, ob in der privaten oder der öffentlich-rechtlichen Säule, scheint für Macher, Märkte und Medien ein Faszinosum zu sein. Deutsche Bank & Commerzbank oder Superlandesbank, das ist wie Fußball: Jeder glaubt, er habe etwas dazu zu sagen, und insgesamt ist das Thema in der öffentlichen Diskussion auf merkwürdige Weise positiv besetzt. Manche Aufseher rufen sogar explizit nach Konsolidierung. Dabei sprechen so ziemlich alle Sachargumente gegen Fusionen auf Groß- oder Landesbankenebene, egal aus welcher Perspektive man sich mögliche Konstellationen anschaut.Fangen wir mit den Stakeholdern an. Aus Kundensicht führt jeder große Zusammenschluss zu weniger Wettbewerb und wirkt damit tendenziell preissteigernd. Dies auf einem Markt, der hierzulande entgegen anderslautenden Behauptungen auf der Anbieterseite keineswegs überbesetzt ist. Die Bundesbank zählte in Deutschland Ende 2017 gut 1 800 Kreditinstitute. Darunter waren rund 900 Volks- und Raiffeisenbanken und 390 Sparkassen, also rein lokale Player, die sich in aller Regel in ihrer jeweiligen Familie nicht ins Gehege kommen. So gesehen bleiben etwa 500 Banken übrig, von denen viele auch nur regional auftreten oder sehr spezielle Geschäftsmodelle haben. Nebenbei: Die dezentralen Verbünde brauchen keine Nachhilfe im Fach Konsolidierung. In den 1950er Jahren gab es allein im Westen der Republik nahezu 12 000 Kreditgenossenschaften und fast 900 Sparkassen.Den Beschäftigten droht bei einer Großfusion, was der Volksmund ein “Blutbad” nennt, also der Abbau Tausender Arbeitsplätze. Bei der Kombination Blau-Gelb ginge es sicher um eine mittlere fünfstellige Zahl. Die mit der Dresdner Bank vereinigte Commerzbank kappte seit der Übernahme 28 000 Jobs. Auch wenn die Folgen der Streichungen meist sozial abgemildert werden: Wie die Kunden dürften auch die Angestellten kaum Fusionsfans sein.Dann vielleicht die Eigentümer? Gewiss haben Zusammenschlüsse theoretisch das Zeug, die Effizienz zu verbessern, Kosten zu drücken und auch Ertragssynergien zu heben, indem dank des Ausscheidens eines Wettbewerbers neues Geschäftspotenzial erschlossen wird und – siehe oben – höhere Preise durchgesetzt werden können. Das sollte auf eine Steigerung der Renditen und des Unternehmenswerts hinauslaufen. Leider sieht es in der Praxis oft anders aus. Viele Bankenfusionen im In- und Ausland haben in extremem Maße Werte der Aktionäre vernichtet. Hier mag man einwenden: Das lag nicht an der Fusion, sondern an der Krise. Doch das wäre ein schwaches Gegenargument. Auch bei langfristiger Betrachtung haben bei weitem nicht alle Fusionskonstrukte den Eigentümern wenigstens im Nachhinein Freude bereitet.Erstaunlich ist, wie wohlwollend Politik und Aufsicht die Sandkastenspiele begleiten. Elf Jahre nach Beginn der jüngsten (und gewiss nicht letzten) großen Finanzkrise sollten doch eigentlich alle ihre Lehren aus “too big/too complex to fail” gezogen haben. Jede Megafusion spräche diesen Krisenerfahrungen hohn. Doch in Berlin wird allen Ernstes über die Notwendigkeit einer Industriepolitik für den Finanzplatz auch in Form von Bankenkonsolidierung nachgedacht.Wie sieht es schließlich aus dem Blickwinkel der Banken selbst aus? Der Track Record spricht eindeutig gegen neuerliche Fusionsabenteuer. Ein Zusammengehen von Deutscher und Commerzbank zum Beispiel hieße weitere drei bis fünf Jahre kostenträchtige Restrukturierung sowie Beschäftigung mit sich selbst statt mit den Kunden und dem Geschäft. Das wäre ein Förderprogramm unter anderem für die in Deutschland expandierenden Auslandsbanken.Die starken respektive wiedererstarkten Landesbanken Helaba, BayernLB und LBBW wiederum müssten mit dem Klammerbeutel gepudert sein, wollten sie entscheidende Assets wie die regionale Verankerung und Kundennähe und womöglich ihren Sitz für eine Fusion opfern. Das Thema Nord/LB steht auf einem anderen Blatt. Dieser Problemfall ist aber schon per se so komplex, dass es geradezu absurd wäre, die Lösung mit einem großen strategischen Wurf verknüpfen zu wollen. Doch darüber geht der Sparkassenverband DSGV in seiner Präsentation, mit der er zurzeit landauf, landab für eine Superlandesbank aus Berlin Hyp, DekaBank, Helaba, LBBW und Nord/LB wirbt, nonchalant hinweg. Fazit: Nichts an einer weiteren großflächigen Bankenkonsolidierung ist, jedenfalls aus deutscher Sicht, wirklich faszinierend. —–Von Bernd WittkowskiEgal aus welcher Perspektive: So ziemlich alle Sachargumente sprechen gegen Fusionen auf Groß- oder Landesbankenebene. Die Nord/LB ist ein Sonderfall.—–