BÖRSENGÄNGE

Fenster offen für US-Fintechs

Als das Insurtech Lemonade vor gut vier Wochen mit seinen Plänen für ein Initial Public Offering (IPO) an die Öffentlichkeit ging, machte sich zunächst Skepsis breit. Das Start-up Wework war mit seinem Börsengang zuvor grandios gescheitert,...

Fenster offen für US-Fintechs

Als das Insurtech Lemonade vor gut vier Wochen mit seinen Plänen für ein Initial Public Offering (IPO) an die Öffentlichkeit ging, machte sich zunächst Skepsis breit. Das Start-up Wework war mit seinem Börsengang zuvor grandios gescheitert, Bewertungen für defizitäre Geschäftsmodelle werden seitdem stärker hinterfragt. Das veranlasste auch die Konsortialbanken von Lemonade zu einer vorsichtigen Preisfindung mit einer Unternehmensbewertung von 1,6 Mrd. Dollar. Das sollte Luft lassen für Kurssteigerungen nach der Erstnotiz.Und wie viel Luft da blieb, das zeigte der erste Kurs, der ein Plus von 75 % brachte. Mittlerweile ist Lemonade 4,6 Mrd. Dollar wert – die Frage, ob das Geschäftsmodell zu viel heiße Luft enthält, haben die Investoren mit einem deutlichen Nein beantwortet. Diese Zuversicht speist sich zum einen aus dem beschleunigten Trend zur Digitalisierung der Finanzbranche, der viele Fintechs auf der Gewinnerseite sieht, da sie über die bessere Fähigkeit zur Technologieentwicklung an den Datenschnittstellen verfügen als die alten Hasen der Branche. Zum anderen sind viele Fintechs erstaunlich kundenorientiert, da sie das Prinzip der modularen Plattformwirtschaft so begriffen haben, dass sie einen direkten Mehrwert an der Kundenschnittstelle schaffen bzw. ein konkretes Problem lösen. Börsenkandidaten wie der Cloud-Banking-Spezialist Ncino werden wiederum zum Problemlöser der Banken, indem sie die Institute auf die flexible Cloud-Infrastruktur hieven. Dieses Geschäft ist keine Eintagsfliege. Über Börsengänge kann sich eine breite Anlegerschaft am möglichen Erfolg eines solchen Start-ups beteiligen.Eine Reihe US-Fintechs hat Lunte gerochen und schnellt mit Börsenplänen hervor. Mit Marqeta steht ein Payment-Spezialist in den Startlöchern, der Assoziationen zu Adyen weckt und bei dem mit Goldman Sachs und Visa kürzlich kluge Strategen investierten. Allein die US-Kartenriesen haben so viel in Fintech investiert, dass sie damit die Marktkapitalisierungen von Deutscher Bank und Commerzbank in den Schatten stellen. Allein weil die US-Finanzwirtschaft mehr Kapital dafür mobilisiert und den Mehrwert von Fintech besser integriert, wird Deutschland zurückfallen.Tatsache ist: In den USA ist ambitioniertes Unternehmertum zu Hause. Während von dort aus der Kryptohändler Coinbase ein globales Geschäft ausrollt, hat die Bundesrepublik die Bitcoin Group aus Herford, die sich auf deutsches Geschäft beschränkt – während Coinbase ihr IPO eruiert.