Festgeld-Rekord trotz sinkender Zinsen
Festgeld-Rekord trotz sinkender Zinsen
Nie zuvor haben deutsche Privatleute mehr Geld in Termineinlagen geschoben als im ersten Quartal – Auch Unternehmen schichten um
Die Flucht aus Sichteinlagen und die Neuanlage in Festgeld setzen sich in Deutschland fort. Die privaten Haushalte haben im ersten Jahresviertel unterm Strich eine rekordhohe Summe in Termineinlagen angelegt, wie die Deutsche Bundesbank festhält. Dabei sanken die Zinsen im Startquartal für längere Laufzeiten spürbar.
jsc Frankfurt
Zwei Jahre nach dem abrupten Zinsanstieg in Deutschland gewinnt der Zustrom in Festgeldanlagen weiter an Fahrt: Im ersten Quartal legten die privaten Haushalte netto 61,9 Mrd. Euro neu in Termineinlagen an und damit mehr als jemals zuvor in der Statistik, wie die Deutsche Bundesbank festhält. Zugleich zogen die Deutschen erneut viel Geld aus Sichteinlagen ab.
Eine Fortsetzung des Trends hatte die Bundesbank zwar vorausgesagt: So prognostizierten die Volkswirte im Finanzstabilitätsbericht von November eine weitere Mittelverschiebung. Privatleute erzielen auf diese Weise höhere Zinsen. Für die Kreditwirtschaft sind damit höhere Zinsaufwendungen verbunden und absehbar wieder geringere Zinsüberschüsse.
Für das Umschichten von Geld bleibt noch immer viel Raum: Sichteinlagen kommen auf einen Bestand von 1.653 Mrd. Euro, Termineinlagen auf 592 Mrd. Euro.
Allerdings haben sich die Zinsen zur Jahreswende gedreht: In Erwartung von Zinssenkungen der EZB fielen die Sätze für längere Laufzeiten. Das schlägt sich auf die Angebote nieder: So sank der Zinssatz für neue Festgeld-Verträge mit einer Laufzeit von zwei Jahren von 3,1% im November auf 2,7% bis Ende März, wie das Vergleichsportal FMH auf Grundlage zahlreicher Marktangebote ermittelte. Aktuell liegt der Wert bei rund 2,6%. Auch die Zinsen für Festgeldangebote mit anderen Laufzeiten sanken vielfach ab, lediglich Angebote für drei bis sechs Monate blieben seit Herbst ungefähr stabil.
Keine Liebe für Einzelaktien
Darüber hinaus investieren die privaten Haushalte am Kapitalmarkt: Mit 13,7 Mrd. Euro sind dabei Investmentfonds das Mittel der Wahl, während einzelne börsennotierte Aktien mit 1,0 Mrd. Euro nur wenig Geld anzogen. Der kurze Boom der Einzelaktien in den Jahren 2020 und 2021 ist damit bereits wieder abgeflaut.
Auch Anlagezertifikate, von denen viele als Zinsprodukte fungieren, geraten wieder aus dem Blick der privaten Sparer: Denn Schuldverschreibungen, also die zugehörige Rechtshülle der Produkte, zogen im ersten Quartal nur noch 8,8 Mrd. Euro an, nach hohen 29,7 Mrd. Euro im Vergleichsabschnitt ein Jahr zuvor.
Unterm Strich besitzen die privaten Haushalte in Deutschland ein Geldvermögen von 7.946 Mrd. Euro, das entspricht im Durchschnitt rund 93.800 Euro für jeden Einwohner. Das Vermögen wächst bereits seit Jahren kräftig, Ende 2020 hatte es die Marke von 7.000 Mrd. Euro durchbrochen. Werden auch Schulden mitgezählt, liegen die Werte bei insgesamt 5.790 Mrd. Euro und bei rund 68.400 Euro pro Kopf. Auch das Vermögen abzüglich Schulden steigt deutlich.
Unternehmen schichten ebenfalls um
Auch Unternehmen („nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften“) schichten Geld aus Sichteinlagen (minus 32,1 Mrd. Euro) in Termineinlagen um (plus 16,7 Mrd. Euro). Häufig vergeben sie auch selbst Kredite (plus 38,2 Mrd. Euro) oder erwerben jenseits der Börse Firmenanteile (plus 19,5 Mrd. Euro). Weil Unternehmen oft verschuldet sind, beträgt ihr Geldvermögen insgesamt minus 2.065 Mrd. Euro.