Finanzplatz im Stimmungstief

CFS-Index zeigt historischen Einbruch - Finanzdienstleister rechnen erstmals seit 2009 mit Stellenabbau

Finanzplatz im Stimmungstief

Der Corona-Schock hat für die Banken und Finanzdienstleister offenbar eine größere Dimension als die Finanz- und Staatsschuldenkrise. Der seit 2007 vom Center for Financial Studies (CFS) erhobene Stimmungsindex verzeichnete im abgelaufenen Quartal jedenfalls den größten bisher gemessenen Einbruch.lee Frankfurt – Der Corona-Schock trübt die Stimmung in der deutschen Finanzbranche erheblich ein. Der vierteljährlich vom Center for Financial Studies erhobene CFS-Index, der die Verfassung der Finanzbranche in Deutschland abbildet, hat im ersten Quartal mit 15,8 Punkten den größten bisher gemessenen Einbruch verzeichnet – und das, obwohl zwischen dem Beginn der Erhebung im Jahr 2007 und der Pandemie eine globale Finanzkrise lag. Erstmals seit 2009 lag der Index mit 98,8 Punkten damit wieder im negativen Niveau unter dem neutralen Stand von 100 Punkten, wie das CFS in einer Mitteilung hervorhob.Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die volle Wucht der Krise in der Branche bislang noch nicht angekommen ist. So entwickelten sich die Umsätze und Erträge der Finanzdienstleister und -institute zwar rückläufig. Mit einem Minus von 2,6 Punkten im Vergleich zum Vorjahresquartal bleibt die bisherige Entwicklung jedoch noch hinter dem zurück, was der Finanzbranche nach Einschätzung der Umfrageteilnehmer noch bevorsteht.Dies wird nicht ohne Folgen für den Arbeitsmarkt bleiben. Zwar rechnen die befragten Bankmanager derzeit nicht mit einer Beschleunigung des seit Jahren anhaltende Stellenabbaus durch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie. Anders sieht es bei den Finanzdienstleistern aus: Sie rechnen demnach zum ersten Mal seit 2009 wieder mit einem Stellenabbau.Angesichts der historischen Eintrübung bei allen gemessenen Leistungszahlen wie Umsatz, Ertrag, Mitarbeiter und Investitionen plädiert der Frankfurter Finanzprofessor und Direktor des CFS, Jan Pieter Krahnen, dafür, dass bei allen Rettungs- und Wiederaufbaumaßnahmen die Auswirkungen auf die Finanzstabilität höchste Aufmerksamkeit erfährt. Dies sei umso wichtiger, als das nach der letzten Finanzkrise geschaffene Aufsichtsregime einen pauschalen Bail-out erschwert.Infolge der Pandemie rechnen die befragten Manager auch damit, dass die globale Bedeutung des Finanzplatzes Deutschland abnimmt. Der entsprechende Wert sank laut Mitteilung um 5,8 Punkte auf 111,2 Punkte und liegt damit so niedrig wie seit 2012 nicht mehr. Dies könnte mit der Sorge zusammenhängen, dass die US-Banken die wegen des Brexit geschmiedeten Pläne für einen Ausbau ihrer Präsenz in Deutschland zurückstellen, um sich in der Krise auf den Heimatmarkt zu fokussieren.Dafür spricht zumindest, dass die befragten Dienstleister die Zukunft des Finanzplatzes besonders skeptisch einschätzten: In dieser Untergruppe ging der Indexwert um 7,8 Punkte zurück, während der Rückgang bei den befragten Bankern lediglich 3,6 Punkte betrug.Nach Einschätzung von Lutz Raettig, Präsident von Frankfurt Main Finance, ist dieser Einbruch der Unsicherheit geschuldet. Raettig unterstrich jedoch die starke Position des Finanzplatzes in der aktuellen Krise: “Die Bundes- und Landesregierung kann auf eine leistungsfähige Finanzwirtschaft zurückgreifen und den milliardenschweren ,Corona-Schutzschild für Deutschland` binnen kürzester Zeit auf den Weg bringen, ohne dabei negative Reaktionen an den Kapitalmärkten auszulösen.” Die große Mehrheit der Befragten hält die umfangreichen Hilfsprogramme einiger EU-Staaten für ein Stabilitätsrisiko für die Währungszone. Gleichwohl lehnen 48 % der Befragten die Einführung von Corona-Bonds ab. Dem standen 23 % Befürworter und 30 % Unentschlossene gegenüber.