Finanzpunkt: Vom Taunus in die weite Welt?
fir Frankfurt
Der Anklang, den das Modell gemeinsam betriebener Filialen gefunden hat, habe sie überrascht. Dies sagten die Initiatoren, Eva Wunsch-Weber und Oliver Klink, bei einer Pressekonferenz am Donnerstag, bei der sie über ihre Erfahrungen mit der Kooperation berichteten. Die Vorstandschefs von Frankfurter Volksbank und Taunus Sparkasse hatten im Herbst 2019 angekündigt, gut 50 ihrer Standorte im Hochtaunus- und Main-Taunus-Kreis zusammenzulegen. Statt wie ursprünglich erwartet Ende des Jahres wurde nun der 26. und damit letzte Finanzpunkt in Betrieb genommen. 17 der Filialen sind mit Mitarbeitern besetzt, neun sind SB-Standorte.
15 Interessenten
Längst ist die Idee auch in Darmstadt umgesetzt und in anderen Bundesländern aufgegriffen worden – so in Baden-Württemberg und Bayern. Interesse bestehe auch in Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt. Gespräche würden mit 15 weiteren Instituten hierzulande geführt.
Die Idee habe mittlerweile selbst international Aufsehen erregt. Dies zu sagen, komme ihr sehr ungewohnt vor, bekundete Wunsch-Weber. „Ich glaube, es wäre vermessen für zwei Regionalbanken zu sagen, es ist unsere Aufgabe, diese Idee in die Welt zu tragen.“ Allerdings habe die japanische Notenbank, Bank of Japan, das Gespräch gesucht, um sich das Konzept eingehend erklären zu lassen. „Denn in Japan bestehen durchaus ähnliche Strukturen wie hier, haben wir lernen dürfen. Außerdem haben wir Resonanz aus Frankreich und Amerika erfahren.“
Ob das Modell schließlich tatsächlich in Europa, im fernen Japan oder in den USA Schule macht, ist noch nicht ausgemacht, doch zeigt sich: Zumindest das Interesse ist da. Und das Potenzial Analysen zufolge riesengroß. So ging Klink auf Erkenntnisse von Deloitte ein, die Finanzpunkte für etwa jede dritte Geschäftsstelle der Sparkassen und Genossenschaftsbanken für denkbar hält. Bundesweit käme das Konzept also für 6000 der 18000 Standorte der beiden Finanzverbünde infrage. Die Beratungsgesellschaft schätzt die dadurch mögliche Kostenersparnis auf bis zu 2 Mrd. Euro pro Jahr.
5 Millionen Euro eingehalten
Die ursprünglich veranschlagten Investitionen in die Finanzpunkte von insgesamt 5 Mill. Euro seien eingehalten worden. „Wir liegen nach Abschluss der Umbauarbeiten voll im Plan“, sagte Wunsch-Weber. Auch die erhofften Synergieeffekte bei den laufenden Kosten hätten sich nahezu komplett eingestellt. Nehme üblicherweise ein klassischer Filialumbau gut und gerne ein Jahr in Beschlag und koste selten weniger als einen siebenstelligen Betrag, so könnten die durch ihre modulare Bauweise standardisierten Filialen schon nach wenigen Wochen in den Betrieb übergehen, erläuterte die Chefin der Frankfurter Volksbank. Kaum mehr als 250000 Euro seien zu berappen, aufgeteilt auf zwei Betreiber.
Auf die Frage, ob sich aus Finanzpunkten möglicherweise eigene Geschäftsfelder in Taunus Sparkasse und Frankfurter Volksbank etablieren und Erträge generieren lassen, gibt sich Wunsch-Weber zurückhaltend. Das sei nicht der Beweggrund der Zusammenarbeit gewesen. Ausschließen möchte sie es aber nicht: „Vielleicht werden wir uns das noch mal überlegen, wenn wir uns aufs internationale Feld begeben.“
In den häufig zu vernehmenden Abgesang auf die Filiale möchten die Vorstandsvorsitzenden zwar keinesfalls einstimmen. „‚Share a Bank‘ ist ein strategisch kaum zu schlagender Ansatz, um die Multikanalstrategie langfristig zu sichern“, sagt Wunsch-Weber. Ohne Präsenz vor Ort gäben sie das auf, was sie von den Neobanken unterscheide und immer noch einen Wettbewerbsvorteil biete. Doch seien Finanzpunkte nur sinnvoll, wenn das Umfeld stimmt, gab Klink zu bedenken.
Der Mix muss stimmen
Viele Anfragen von Bürgermeistern, die sich um einen Finanzpunkt bemühten, würden abschlägig beschieden, weil die Rahmenbedingungen das nicht hergäben. „Finanzpunkte können die lokale Infrastruktur mit einem Mix aus Einzelhandel, Gewerbe und Handwerk stützen, aber leider eben nicht reaktivieren. Nur in Ortschaften, in denen ein Bäcker, ein Metzger und Einzelhandel vorhanden sind, in denen sich unsere beiden Häuser auch auf eine vorhandene eigene Kundenfrequenz aus bisherigen Standorten stützen können, da macht auch ein Finanzpunkt Sinn.“ Bei Kundschaft wie Mitarbeitern kämen die Finanzpunkte sehr gut an, resümierten die Kooperationspartner, die betonten, trotz aller Einigkeit und guten Zusammenarbeit Konkurrenten zu bleiben.