Finexity will rein in das DLT-Pilotregime der EU
Die Hamburger Finexity gehört zu den Pionieren der blockchainbasierten Investment-Plattformen. Schon im Jahr 2019, ein Jahr nach Gründung, konnte die Gesellschaft nach Abstimmung mit der deutschen Finanzaufsicht BaFin tokenisierte Immobilien-Wertpapiere aufnehmen. Weitere digitale Assets aus dem Bereich der Private Markets folgten.
Höhere Zielrenditen
Die Gesellschaft zielt damit auf den Massenmarkt mit privaten Anlegern. „Wir wollen Private-Market-Investments für Retail zugänglich machen, so dass diese ein Portfolio mit höheren Zielrenditen aufbauen können“, sagt Mitgründer und CEO Paul Huelsmann im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Dies sei eine sinnvolle Ergänzung zur klassischen Geldanlage in Aktien und Anleihen.
Produkte erstmal selbst auflegen
Auf der Finexity-Plattform finden sich vor allem Sachwerteinvestments, die in die Kategorie alternative Kapitalanlagen fallen. Die Reichen und die Superreichen haben mitunter 45 bis 50% ihres Portfolios in verschiedenen Sachwerten allokiert.
Mögliche strategische Aktionäre und Partner von Finexity sind daher nicht nur Immobilien- und Private-Equity-Firmen, sondern auch Uhren-, Diamant- und Kunsthändler oder Sammler. „Für den Anfang war klar, dass wir die Produkte selbst auflegen müssen“, sagt Huelsmann. Je nach Anlageklasse führte Finexity demnach entweder eine „Single-Asset-Zweckgesellschaft“ ein, die nur ein einziges Asset verantwortet, oder eine „Multi-Asset-Zweckgesellschaft“, die mehrere Assets umfasst. Diese Einheiten legen dann ein digitales Wertpapier als Security Token auf, wie Huelsmann erläutert. „Den Vertrieb haben wir über unseren Marktplatz als Anlagevermittler organisiert.“
Finexity-CEO Paul HuelsmannWir stellen Primär- und Sekundärmarkt dar, aber unsere Stärke ist der Primärmarkt.
Mit dem Vertrieb verbinden
Aus diesen Anfängen heraus liege der Fokus nun auf der Skalierung, sagt Huelsmann. „Wir stellen Primär- und Sekundärmarkt dar, aber unsere Stärke ist der Primärmarkt. Deshalb versuchen wir bestmöglich, Emittenten und Vertrieb miteinander zu verbinden.“ Ein Emittent könne sein Wertpapier über Finexity tokenisieren und über die angeschlossenen Anlagevermittler an Privatkunden vertreiben.
Neun Vertriebe habe die Gesellschaft schon angeschlossen, sagt Huelsmann. Dazu zähle auch die Sparkasse Bremen, die ihren Kunden darüber Immobilien, Kunst und Investments in erneuerbare Energien anbiete. Der Sekundärmarkt sei seit über zwei Jahren live und sei im Grunde mit einem außerbörslichen Handel „over the counter“ (OTC) vergleichbar.
Regulatorisch eine Stufe aufgestiegen
Im Mai veröffentlichte die BaFin eine Einschätzung „zum Betrieb eines multilateralen Handelssystems“ (MTF, Multilateral Trading Facility). Demnach liegt ein solches System bereits vor, „wenn zwei potenzielle Käufer und Verkäufer von Finanzinstrumenten miteinander agieren und dies auf einer Plattform oder einem System geschieht, die bzw. das eine dritte Partei betreibt“. Das gilt auch, wenn der eigentliche Vertragsschluss über den Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten bilateral außerhalb der Plattform erfolgt.
Die BaFin setzt damit eine Einschätzung der EU-Wertpapieraufsicht ESMA um. Damit ist Finexity regulatorisch eine Stufe aufgestiegen: Die Gesellschaft verfüge heute bereits über etwa 80% der Technologie für ein MTF, sagt Huelsmann.
Als Spezialist für die Distributed Ledger Technology (DLT) gehen die Hamburger als nächstes großes Projekt die Zulassung für das DLT-Pilotregime der EU-Kommission an. Die Gesellschaft schreibe derzeit einen Antrag dafür. Sie gehe davon aus, dass der Antrag innerhalb der üblichen Zeit von sechs bis zwölf Monaten genehmigt werden könnte.
Marktbetreiber und Zentralverwahrer
Konkret will Finexity eine DLT-TSS-Infrastruktur aufbauen, die im Pilotregime als multilaterales Handelssystem und als Wertpapierabwicklungssystem betrieben wird. Sie will also die erbrachten Dienstleistungen von einem DLT-MTF und einem DLT-SS (Wertpapierabwicklungssystem) kombinieren und die Funktionen von Marktbetreiber und Zentralverwahrer vereinen. Darin liegt unter anderem der Charme von Blockchain-Infrastruktur: Es fallen optional Intermediäre weg, was die Prozesseffizienz erhöhen und die Kosten im Lebenszyklus eines Wertpapiers verringern kann.
Auslandsprojekt köchelt
Über 160 Security Token hat Finexity bislang handelbar gemacht, das Ökosystem wächst mit der Regulierung. In dem Zusammenhang arbeitet Huelsmann derzeit mit einem bestehenden strategischen Partner an einem Projekt zur Auslandsexpansion zusammen. Das dürfte in einigen Wochen spruchreif sein.
IM GESPRÄCH: PAUL HUELSMANN
„Unsere Stärke ist der Primärmarkt“
Der Finexity-CEO verbindet Emittenten und Vertrieb auf
einer Plattform – Antrag für DLT-Pilotregime der EU geplant
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Finexity ist auf die Tokenisierung von Sachwerten wie Immobilien spezialisiert und bindet den Vertrieb dafür über ihre Plattform an. Um dafür noch leistungsfähiger zu werden, will CEO Paul Huelsmann eine erweiterte DLT-Infrastruktur aufbauen, die Handel und Verwahrung unter dem EU-Pilotregime vereint.