Fintechs gehen gestärkt aus der Coronakrise hervor
lee Frankfurt
Technologieunternehmen mit Bezug zur Finanzbranche gehen gestärkt aus der globalen Coronakrise hervor. Zu diesem Schluss kommen die Berater von Cap Gemini in dem gemeinsam mit dem Branchenverband Efma erstellten World Fintech Report 2021, für den Banker, Gründer und Investoren befragt wurden.
Die Autoren bezeichnen die Pandemie als Schwarzen Schwan, als ein unvorhersehbares Ereignis also, das die gesamte Finanzbranche auf die Probe gestellt habe. Trotz damit einhergehender negativer Effekte wie Technikausfälle, steigende Kosten für die Rekrutierung von Mitarbeitern und Datenspeicherung sowie zunehmendem Wettbewerb um Investorengelder aus der Healthcare-Branche gehe die Branche gestärkt aus der Krise hervor.
Fest machen die Autoren dies unter anderem an der Übernahmeaktivität im Fintechsegment, die nach vier rückläufigen Quartalen in Folge im Schlussquartal 2020 um 11% zugelegt habe. Die Tatsache, dass die Zahl der Megadeals im Vergleich zu 2019 um 10 auf 102 stieg, werten sie als Indiz dafür, dass das Fintechsegment im Einklang mit seinen Geldgebern reifer werde: „Überschießender Optimismus mit Blick auf Frühphasenfinanzierungen weicht einer steigenden Begeisterung für die Finanzierung reifer Fintech-Unternehmen in der Spätphase.“ Der Anteil der Late-Stage-Transaktionen, von der Serie-B- bis zur Serie-E+-Finanzierung an allen Finanzierungsrunden in diesem Segment ist nach Berechnungen von Cap Gemini in den Jahren zwischen 2018 und 2020 um etwa 9 Prozentpunkte auf 42% gestiegen.
Wie Theodora Lau, Gründerin der Risikokapitalgesellschaft Unconventional Ventures anmerkt, entpuppt sich 2021 mit Blick auf Fintech-Finanzierungen als sehr geschäftiges Jahr. „Das Interesse der Investoren an großen Finanzierungsrunden und reifen Start-ups ist ungebrochen“, konstatiert sie im World Fintech Report. Zugleich nehme das Crowdfunding an Fahrt auf, was nach Ansicht der US-Amerikanerin frischen Wind in den Finanzierungsmarkt bringen könne.
Spektrum erweitert
War es in den Jahren nach 2008 zunächst das disruptive Potenzial der Fintechs, das die Investoren begeisterte, sind nach Ansicht der Autoren zunehmend reife Unternehmen mit einem tiefen Verständnis für das Bankgeschäft und diversifizierten Geschäftsmodellen gesucht. Nicht selten habe sich das eine aus dem anderen entwickelt, wird unter Verweis auf das britische Fintech-Unternehmen Revolut betont. Das als Multi-Wallet-Anbieter für digitales Bezahlen in verschiedenen Landeswährungen gestartete Unternehmen hat sein Spektrum um den Handel mit digitalen Assets, Brokerage-Dienstleistungen und Sparkonten erweitert. Die Ausweitung des Geschäftsmodells habe einen entscheidenden Beitrag zum Erfolg der 500 Mill. Dollar schweren Serie-D-Finanzierung geleistet, die das Unternehmen im Februar 2020 lancierte. Ähnlich verfuhr das hierzulande wenig bekannte US-Fintech Money Lion, das sein anfängliches Personal-Finance-Angebot um Wealth-Management-Funktionen und Einlagenkonten erweiterte. Um sich der Investorengunst auf Dauer sicher zu sein, müssten Fintech-Unternehmen nicht bloß Umsatz generieren, sondern auch die Kosten niedrig halten. Geldverbrennungsexzesse in den Gründungsjahren seien zu vermeiden, lässt sich Chriss Bayliss, Mitbegründer der australischen Judobank, zitieren. Verinnerlicht haben das indes die wenigsten. Für die Bewertung der Start-up-Unternehmen hat jedenfalls die Zahl der, womöglich teuer erkauften, Kunden noch immer mehr Gewicht als die Profitabilität.