Fintechs locken Europas Versicherer an

Munich Re, Allianz und Axa kaufen junge Technologiefirmen auf - Investitionen gewinnen an Fahrt

Fintechs locken Europas Versicherer an

Bloomberg München – Wenn Andrew Rear über Versicherer spricht, würde man nicht annehmen, dass er für eine Gesellschaft arbeitet, die schon seit 136 Jahren besteht. Der 46-jährige Leiter der Geschäftssparte Digital Partners von Munich Re hatte die Branche als “eine der letzten Bastionen des 19. Jahrhunderts” bezeichnet. Im vergangenen Monat schloss er das erste Insurtech-Geschäft für Digital Partners von Munich Re ab und beteiligte sich an dem seit einem Jahr existierenden US-Start-up Slice Labs. Vier Monate vorher hatte Wettbewerber Allianz in Simplesurance investiert, eine neue Firma, die Produktversicherungen beim Kauf im Internet anbietet. Die Transaktionen zeigen, wie sehr sich die etablierten Versicherer mit dem Einstieg in eine Technologie beeilen. “Insurtechs werden Bestand haben und zu grundlegenden Veränderungen in der Versicherungsbranche führen”, sagt Rear.Fintechs ziehen schon seit einiger Zeit Investoren an. Bei einem Großteil der Finanzierungen lag der Schwerpunkt aber bislang auf Technologien, die Bank- und Anlagegeschäft verändern könnten – so wie Datenanalyse, automatische Vermögensverwalter und die Blockchain, die Software hinter der digitalen Währung Bitcoin. “Das Versicherungswesen hatten Existenzgründer früher nicht wirklich auf dem Radar, weil es so komplex und schwer verständlich ist”, sagt François Robinet, Managing Partner bei Axa Strategic Ventures, der Risikokapitalsparte des französischen Versicherers Axa. “Jetzt entdecken sie, dass es eine Menge Schwächen und Probleme gibt, die sie beseitigen können.”Die Finanzierung der auf Versicherungen spezialisierten Start-ups erreichte im vergangenen Jahr das Rekordvolumen von 2,7 Mrd. Dollar. Die Anzahl der Investitionen in solche Unternehmen dürfte dieses Jahr 75 übertreffen, verglichen mit 61 im Jahr 2015 und einer im Jahr 2012, wie Daten des auf Wagniskapital spezialisierten Marktforschers CB Insights zeigen. Sowohl Munich Re als auch die Allianz haben in den vergangenen Jahren eigene Sparten für Wagniskapital und Beteiligungen aufgebaut. Axa baute im vergangenen Jahr ihre Venture-Capital-Sparte mit 230 Mill. Euro an Investitionszusagen auf.Allianz und Munich Re gaben nicht bekannt, wie viel sie in die jeweiligen Transaktionen investiert haben. Die Summen sind aber normalerweise gering. Das Risikokapital-Portfolio von Axa besteht nach Aussage von Robinet aus 22 Unternehmen, für die etwa 25 Mill. Euro aufgebracht wurden. Alle befänden sich in einem frühen Stadium, wo die Investments normalerweise 2 Mill. Euro nicht überschreiten würden, fügt er hinzu. Zwar nutzen die Gesellschaften schon seit Jahren den Direktvertrieb über Online-Plattformen, sie geben aber noch immer den Großteil ihrer Ausgaben – ohne Berücksichtigung von Versicherungsansprüchen – für den Vertrieb aus.