Fokus auf Varengolds Cum-ex-Deals
ak Bonn
Gleich zwei neue Strafprozesse in Sachen Cum-ex sind am Montag am Landgericht Bonn gestartet. Mit der Anklage gegen einen Ex-Manager der Londoner Assetmanagement-Gesellschaft Duet wird ein neuer Komplex im größten Steuerskandal der deutschen Geschichte aufgerollt, der noch nicht Thema der bisherigen Strafprozesse war. Es geht um einen Cum-ex-Fonds einer Tochter der Varengold Bank aus dem Jahr 2010. Den Schaden für den Fiskus durch die doppelte Erstattung nur einmal gezahlter Kapitalertragsteuer bezifferte die anklagende Kölner Staatsanwaltschaft auf rund 92 Mill. Euro.
Duet soll die Deals für den Fonds spätestens von Herbst 2009 an geplant und orchestriert haben. In den Anfang 2010 aufgelegten Caerus II Equity Fonds investierten vor allem reiche Privatinvestoren, die von dem bereits in einem anderen Fall verurteilten früheren Steueranwalt Hanno Berger und dessen Kanzleipartner vermittelt worden sein sollen. Insgesamt kamen 87,7 Mill. Euro zusammen. Um die großen Handelsvolumina rund um die verschiedenen Dividendenstichtage zu finanzieren, stellten mehrere Banken kurzfristige Kredite bereit. Die SEB war laut Anklage mit 500 Mill. Euro dabei, die Maple Bank sowie Investec stellten je 250 Mill. Euro zur Verfügung. Als Depotbank, die die Erstattungsanträge beim Finanzamt München gestellt hatte, fungierte Caceis.
Die Millionengewinne für die Organisatoren des Caerus II Equity Fonds wurden über ein eigens gegründetes Vehikel namens Lincoln-shire Ltd. auf den Cayman Islands verteilt. Daran waren Duet und die Fraktion Hanno Berger zu je 39% beteiligt und sollen jeweils 13,6 Mill. Euro eingestrichen haben. Die Varengold-Manager bekamen 7,7 Mill. Euro. Die mutmaßlichen Steuerbetrüger hauten sich jedoch auch gegenseitig übers Ohr: Ohne Wissen der Geschäftspartner sicherten sich die Duet-Organisatoren weitere 14 Mill. Euro, weil sie in den Deals noch günstigere sogenannte Dividendenlevel vereinbarten, als sie ihren Komplizen offenbarten. Der jetzt angeklagte Backoffice-Mitarbeiter erhielt laut Anklage jedoch nur eine Bonuszahlung von 85000 Pfund und partizipierte damit längst nicht so stark wie die Duet-Partner.
Laut Bloomberg hat Duet auch in der Dividendensaison 2011 weitere Cum-ex-Geschäfte eingefädelt. Mit ihnen sollten 123 Mill. Euro nicht gerechtfertigte Steuerrückzahlungen beantragt werden. Da die Finanzbehörden jedoch mittlerweile genauer hinsahen, ließen sich davon nur 1,4 Mill. Euro realisieren. Diese Deals sind jedoch nicht Thema des aktuellen Verfahrens. Der angeklagte ehemalige Duet-Banker, der im Herbst 2021 kurzzeitig in Köln in Untersuchungshaft saß, hat für Donnerstag eine Einlassung angekündigt.
Weiteres Warburg-Verfahren
Im zweiten Cum-ex-Prozess geht es zum wiederholten Mal um Cum-ex-Geschäfte von M.M. Warburg. Angeklagt sind zwei Banker aus der zweiten Reihe der Hamburger Privatbank, deren Verfahren zuvor abgetrennt worden waren. Es geht um Cum-ex-Eigenhandelsgeschäfte und -Fonds der Warburg Gruppe.
Die Verteidiger griffen dort die jüngste Abberufung des Vorsitzenden Richters der 13. Strafkammer auf, die in absehbarer Zeit gegen den ehemaligen Warburg-Partner und Miteigner Christian Olearius verhandeln soll. Die Kammer hatte Ende Februar den eigenen Vorsitzenden für befangen erklärt und abgelöst, nachdem bekannt geworden war, dass er über interne richterliche Mitschriften aus Cum-ex-Parallelverfahren der 12. Strafkammer verfügte. „Die Vorgänge überschatten das Verfahren“, betonten die Anwälte beider Angeklagter. Ihre Mandanten müssen sich vor ebender 12. Strafkammer unter dem Vorsitz von Richter Roland Zickler verantworten, der schon vier Cum-ex-Urteile gesprochen hat. Ein reines Übergehen zur Tagesordnung sei nicht angebracht, so die Anwälte. „Bis heute hat das Landgericht die Vorgänge nicht aufgeklärt, wie das Material zur 13. Strafkammer gelangen konnte“, sagte Rechtsanwalt Marc Langrock, der einen der beiden Manager vertritt. Die Verteidiger beider Angeklagten beantragten die Einstellung des Verfahrens.