Fonds lassen von Büros ab
tl Frankfurt
Offene Publikums-Immobilienfonds sind bisher gut durch die Coronakrise gekommen. Michael Schneider, Geschäftsführer der Service-Kapitalverwaltungsgesellschaft Intreal, rechnet trotz des schwierigem Marktumfelds mit neuen Fonds, wie er bei einem Pressegespräch zur Zukunft der offenen Immobilienfonds sagte. „Im zweiten Halbjahr 2021 werden Produkte auf den Markt kommen, die wegen Corona verschoben wurden. Derzeit befinden wir uns in konkreten Vorbereitungen für ein neues Produkt.“ Bestehende Fonds konzentrierten sich auf krisensichere Segmente, vor allem auf Lebensmitteleinzelhandel, Wohnen und Logistik. Ins Hintertreffen dürften Büros, der übrige Einzelhandel und Hotels geraten.
Stärker diversifizieren
„Die großen Bestandsfonds müssen noch stärker nach Nutzungsarten diversifizieren, der Büro-Handels-Anteil ist zu hoch“, sagt Schneider. Immerhin habe sich da schon ein bisschen etwas bewegt. „Es gibt schon vereinzelt spezialisierte Fonds oder Themenfonds.“ Auch große Fondsgesellschaften hätten US- oder Wohnen-Fonds gebracht. Dieser Trend zeigt sich auch bei der zur Deutschen Bank gehörenden Fondsgesellschaft DWS. Deren drei offene Immobilienfonds „Grundbesitz global“, „Grundbesitz Europa“ und „Grundbesitz Fokus Deutschland“ haben ihre Schwerpunkte seit 2018 verschoben – weg von Büros und hin zu Wohnen sowie Logistik, wie Ulrich Steinmetz, Mitglied der Geschäftsleitung der DWS Grundbesitz, auf dem Pressegespräch erläuterte. Diese Entwicklung werde sich in den kommenden Jahren fortsetzen mit Logistik und Wohninvestments in sogenannten US-Sunbelt-Märkten, also etwa in Texas, Florida und der Großstadt Atlanta, darüber hinaus Wohnen insbesondere in Deutschland, den Niederlanden und Japan sowie Logistik in diversen Metropolregionen rund um die Welt.
Spezialthema Gesundheit
Der 900 Mill. Euro schwere „Living and Working“ von Swiss Life setzt auch auf Gesundheitsimmobilien, die den Mix aus Wohnen, Büro und Nahversorgern komplettieren. „Auch 2021 stehen Wohnen und Gesundheit im Fokus“, sagte Christine Bernhofer, CEO der Swiss Life KVG sowie COO von Swiss Life Asset Managers.
Mieterinsolvenzen werden allerdings 2021 häufiger ein Thema sein. „Es könnte zu deutlichen Abwertungen kommen, die sich dann natürlich auf die Fondsperformance auswirken werden“, sagte Intreal-Manager Schneider. „Der Rendite-Spread zwischen den verschiedenen Fonds wird sich ausweiten.“ Im 2015 aufgelegten „Fokus Wohnen Deutschland“ gab es 2020 keinen Anstieg der Mietausfälle – sie lagen bei 2 bis 3%, kalkuliert waren 3%. Bei den offenen Fonds der Swiss Life lagen sie „im kleinen einstelligen Prozentbereich“, sagte Bernhofer.
Im März und April 2020 waren deutliche Einbrüche beim Absatz von Fondsanteilen zu verzeichnen (siehe Grafik). Die konnten in den Folgemonaten aber fast ausgeglichen werden. „Coronabedingte zusätzliche Rückgaben gab es so gut wie keine“, sagte Schneider. Dies bestätigten Steinmetz für die DWS Grundbesitz, aber auch Klaus Niewöhner-Pape, Geschäftsführer von Industria Wohnen. Deren „Fokus Wohnen Deutschland“ mit einem Brutto-/Netto-Fondsvermögen von 697 bzw. 531 Mill. Euro per Ende 2020 konzentriert sich auf neu errichtete, bezahlbare Wohnungen, die eine hohe Energieeffizienz ausweisen. Darüber hinaus sei gefördertes Wohnen „ eine interessante Beimischung“. 15 bis 25% des Fondsvermögens sollen hier investiert werden.
Die Mittelzuflüsse lagen im „Fokus Wohnen Deutschland“ 2020 bei 146 (i.V. 156) Mill. Euro, davon 25% im November und Dezember. „Das setzt sich in den ersten 15 Januartagen mit 20 Mill. Euro fort.“ Für 2021 sind Mittelzuflüsse von 150 bis 200 Mill. Euro und der Ankauf von drei bis fünf Projekten mit einem Gesamtvolumen von 200 Mill. Euro geplant.
Den drei DWS-Fonds flossen im vergangenen Jahr netto 1,6 Mrd. Euro zu, das Transaktionsvolumen lag bei 1,9 Mrd. Euro. Zusätzlich wurden für die Folgejahre Kaufverträge für Projektentwicklungen über 1 Mrd. Euro abgeschlossen. „Living and Working“ und dem exklusiv über die Deka vertriebenen „European Living“ von Swiss Life sind im Vorjahr netto 483 Mill. Euro zugeflossen.
Nachhaltigkeit entdeckt
Nach Darstellung der DWS haben Nachhaltigkeitskriterien auch für Immobilienfonds Gewicht. Für ihr europäisches Büroobjektportfolio hat sich die Gesellschaft vorgenommen, die Kohlenstoffdioxidemissionen bis 2030 um 50% zu reduzieren. „Das Thema wird uns 2021 und 2022 nicht nur regulatorisch beschäftigen, sondern auch in der Praxis des Portfoliomanagements“, lautete die Prognose. Umgesetzt wird dies zum Beispiel durch den Einsatz grünen Stroms.