Fondsgebundene Versicherung in der Zwischenwelt
Von Christiane Lang, Frankfurt
Die Offenlegungsverordnung der EU teilt Finanzprodukte in zwei Welten – und die fondsgebundenen Versicherungen liegen mittendrin: Seit dem 10. März müssen Finanzdienstleister Nachhaltigkeitsangaben zu ihren Produkten machen. Auf der einen Seite stehen die Fondsgesellschaften: Sie schlüsseln auf, ob die Produkte ESG-Kriterien berücksichtigen, seien es „hellgrüne“ Ansätze wie Ausschlüsse und Best-in-Class-Ansätze, die in Artikel 8 genannt sind, oder „dunkelgrüne“ Strategien, die laut Artikel 9 eine Wirkung entfalten sollen. Auf der anderen Seite stehen die Versicherer: Für sie gelten die Regeln im Prinzip auch, doch inwieweit klassische Lebens- und Rentenpolicen nun als nachhaltig eingestuft werden können, ist Experten zufolge noch unklar.
Zwischen beiden Welten schließlich stehen die fondsgebundenen Versicherungen. Im Gegensatz zur reinen Lebens- oder Rentenversicherungspolice legt der Kunde seine Beiträge hier zum Teil in Investmentfonds an. Gewisse Beitragsgarantien sowie Zusatzversicherungen können dabei noch eingebunden werden. In diesen Fällen fließt ein Teil der Beiträge in das Sicherungsvermögen des Versicherers. In bestimmten Fällen kommt noch ein sogenannter Wertsicherungsfonds ins Spiel, hier werden die Versicherungsbeiträge also auf drei Töpfe aufgeteilt.
Fondsgebundene Versicherungen können daher, je nach Konstruktion, „streng genommen nicht als nachhaltig klassifiziert“ werden, selbst wenn der zugrunde gelegte Fonds nachhaltig ist, wie Martin Stenger ausführt, der für die US-Fondsgesellschaft Franklin Templeton als Sales Director für Versicherungs- und Altersvorsorgelösungen verantwortlich ist. „Die Sicherungsvermögen der Versicherer sind eben nicht komplett ESG-konform und erfüllen noch längst nicht die Kriterien für Artikel-8- oder Artikel-9-Produkte.“ Ein Versicherer nutzt hier typischerweise langlaufende Wertpapiere, was die Umstellung schwierig macht.
Vorbild Stromkonzerne
Eine Lösung des Dilemmas sieht der Experte in einer Mischkalkulation nach dem Vorbild von Stromkonzernen. „Die schöpfen aus einem Mix aus konventionellen und erneuerbaren Energiequellen.“ Ein Versicherer könne dann etwa auf den bereits nachhaltigen Teil des Sicherungsvermögens verweisen.
Problematisch werde das jedoch bei der Renditeberechnung, denn dafür werde das komplette Sicherungsvermögen herangezogen und nicht nur der nachhaltige Teil, erläutert der Experte. Denn laut Verordnung müsse auf das Gesamtprodukt eine Aussage zur Nachhaltigkeit gemacht werden.
„In der Praxis wird das Thema spätestens dann virulent, wenn voraussichtlich im vierten Quartal dieses Jahres in der Anlageberatung die obligatorische Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden kommt“, sagt Stenger. „Welche Versicherungen können die Berater dann anbieten, wenn der Kunde eine nachhaltige Police wünscht?“
Die bestehenden Sicherungsvermögen in ESG-konforme Wertpapiere zu drehen, wird dem Franklin-Tempelton-Manager zufolge Jahre dauern. „Da ist vergleichbar mit dem Wenden eines riesigen Tankers.“ Beim Tausch müsse ein Versicherer jedes einzelne Wertpapier ansehen und zugleich die Bestandspolicen erfüllen können. „Das ist ein sehr langwieriger und sehr komplexer Prozess.“
Ohne Extra-Topf
Eine mögliche Lösung wäre, einen zweiten Deckungsstock aufzubauen, der ESG-Regeln unterliegt. Das aber stößt in der Branche auf ein geteiltes Echo. Marktführer Allianz Leben ist dagegen. „Unsere Stärke ist unsere Größe und damit unser Einfluss als Investor, den wir für eine wirkliche Veränderung in der Realwirtschaft einsetzen und nicht nur, um ein Portfolio zu transformieren“, sagt Gabriele Recke, Leiterin für Nachhaltigkeit von Allianz Leben.
Die Klassifizierung des Sicherungsvermögens nach Artikel 8 muss Recke zufolge nicht heißen, dass jedes einzelne Wertpapier klimaneutral ist. Relevant ist vielmehr die gesamte Anlagestrategie, so dass der Versicherer bereits sämtliche Vorsorgekonzepte, die rein auf dem Sicherungsvermögen basieren – also klassische Versicherungen – als Artikel-8-konform einstuft. Schon seit Jahren setze Allianz Leben ihre Nachhaltigkeitsstrategie in ihrem 316 Mrd. Euro schweren Sicherungsvermögen um.
Bei einer fondsgebundenen Versicherung kommt jedoch der Investmentfonds hinzu. Weil die Details in der Verordnung noch nicht geklärt sind, hält sich die Allianz zurück. „Die Einstufung der Fonds hat keine Auswirkung auf die gesamte Fondspolice“, sagt sie. „Wir warten auf Klärung durch die EU, wie Nachhaltigkeit für Fonds konkret definiert ist.“