Fondshaus GAM steckt in Vertrauenskrise fest
jsc Frankfurt – Zwei Jahre nach dem Skandal um den Fondsmanager Tim Haywood und dem Einfrieren von Fonds hat die Schweizer GAM noch immer keinen Tritt gefasst: Die Serie milliardenschwerer Mittelabflüsse riss auch im ersten Halbjahr nicht ab, trotz weitreichender Kosteneinsparungen blieb unterm Strich ein Verlust stehen, wie die Gesellschaft am Dienstag berichtet hat. In der wesentlichen Sparte Investmentmanagement verwaltetet die Gesellschaft zur Jahresmitte nach Abflüssen von netto 8,5 Mrd. sfr im ersten Halbjahr noch 35,5 Mrd. sfr – zwei Jahre zuvor lag der Wert bei 84,4 Mrd. sfr. Die gesamten Erträge, die sich wesentlich aus der Sparte speisen, sind seither ebenfalls deutlich gesunken, allein im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019 gaben sie um 27 % auf 122,5 Mill. sfr nach. Die Gesellschaft steuerte mit einem Kostenschnitt von 25 % gegen, so dass ein Aufwand von 124,5 Mill. sfr stehen blieb.Zum operativen Verlust von 2,0 Mill. sfr vor Steuern gesellt sich noch eine Goodwill-Wertminderung in Höhe von 373,7 Mill sfr, die von der einstigen Übernahme der Gesellschaft durch die UBS im Jahr 1999 und durch Julius Bär im Jahr 2005 herrührt, ehe GAM 2009 an die Börse ging. Gemäß IFRS bleibt ein Verlust von 390,1 Mill. sfr stehen.Haywood wurde Ende Juli 2018 suspendiert und die Absolute-Return-Bond-Fonds (ARBF) wurden ausgesetzt und später abgewickelt. Haywood hatte offenbar Anleihen aus dem Kreis des britisch-indischen Unternehmers Sanjeev Gupta erworben, wie die Nachrichtenagentur Reuters und die “Financial Times” später berichtet hatten. GAM hat Haywood ein “grobes Fehlverhalten” vorgeworfen, während sich der Manager Medienberichten zufolge als “Sündenbock” in der Causa bezeichnete und Vorwürfe zurückwies. Mittlerweile herrscht offenbar Waffenstillstand: GAM erklärte vor einem Jahr, dass basierend auf dem damaligen Kenntnisstand keine Partei die andere verklagen werde. Um Optimismus bemühtDie Gesellschaft versucht, den Blick nach vorn zu richten: Im zweiten Quartal seien die Abflüsse im Investmentmanagement mit netto 2,0 Mrd. sfr deutlich geringer ausgefallen als im Startquartal mit 6,5 Mrd. sfr. Das zweite Geschäftsfeld, die Bereitstellung von Fondsdiensten für andere Vermögensverwalter (Private Labelling), verzeichnete Zuflüsse von 2,6 Mrd. sfr. Das Segment kommt auf ein Volumen von 83,9 Mrd. sfr, weist aber wesentlich geringere Margen aus als das Investmentmanagement. Ein beschleunigtes Effizienzprogramm komme planmäßig voran, im Gesamtjahr werde die Gesellschaft so Kosten von mindestens 65 Mill. sfr einsparen. Mit Jeremy Roberts komme Anfang September außerdem ein neuer Global Head of Distribution. An der Schweizer Börse gab die Aktie der GAM gestern gleichwohl um 7,65 % auf 2,12 sfr nach. Mitte 2018 lag die Aktie noch bei 13,70 sfr.