Fondssiegel-Initiatoren relativieren Ausschlusslisten

Forum Nachhaltige Geldanlagen setzt auf wenige Negativkriterien - Forscher sieht "keinen Effekt"

Fondssiegel-Initiatoren relativieren Ausschlusslisten

jsc Frankfurt – Die Verantwortlichen des Fondssiegels des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG) schreiben Ausschlusskriterien von Fonds nur eine geringe Bedeutung zu. Die Preise von Wertpapieren würden durch eine Negativliste einiger Investoren kaum beeinflusst, erklärte Timo Busch, Wirtschaftsprofessor der Universität Hamburg und verantwortlich für die Fondsbewertung, am Donnerstag anlässlich der Vergabefeier des FNG-Siegels in Frankfurt. “Dazu haben wir einfach zu effiziente Märkte. Wenn da irgendwer unterbepreist ist, kommt der nächste nicht nachhaltige Investor, und man hat überhaupt keinen Effekt.” Allerdings sei es der Wunsch einiger Anleger, in bestimmten Geschäftsfeldern nicht präsent zu sein, auch wenn Ausschlusskriterien das Wirtschaftsgeschehen selbst kaum beeinflussten.Das Fondssiegel soll keine umfassende Liste an Ausschlusskriterien vorgeben, wie Roland Kölsch ergänzte, Geschäftsführer der Gesellschaft für Qualitätssicherung Nachhaltiger Geldanlagen, der zuständigen FNG-Tochter. So seien zum Beispiel Tierversuche und Pornografie “kein Thema”. Die Auffassung von Investoren sei zu diversen Themen zu unterschiedlich, sagte er. Zwar müssen Fonds, die sich auf ein Siegel bewerben, den UN Global Compact beachten, eine weltweite Initiative, die Menschen- und Arbeitsrechte, Umweltschutz und Korruptionsprävention als Themen umfasst. Auch müssen ausgezeichnete Fonds Waffenfirmen und Atomkraftbetreiber ausschließen. Im April kündigte die FNG-Tochter an, Kohlebergbau, Kohleverstromung, Ölsande und Fracking auf die Negativliste zu setzen.Einige umstrittene, aber weitgehend akzeptierte Geschäftsfelder sind derweil auch unter dem FNG-Siegel zulässig. Dazu zählen Abtreibungsmittel und Embryonenforschung, die gerade von kirchennahen Fonds abgelehnt werden, oder auch die industrielle Tierhaltung, die etwa in Fonds der niederländischen Triodos Bank thematisiert wird. Ebenso sind Alkohol und Tabak sowie die grüne Gentechnik laut FNG-Mindestkatalog kein Tabu. “Zu ethischen Ausschlusskriterien wollen wir kein Signal setzen”, sagte Kölsch.Insgesamt haben 65 Fonds das Siegel erhalten, die laut Kölsch zusammen auf ein zweistelliges Milliardenvolumen kommen. Zu den Anbietern, die für bestimmte Fonds Siegel mit den maximal möglichen drei Sternen erhalten haben, zählen die Triodos Bank, die christliche Steyler Ethik Bank, die österreichischen Adressen Raiffeisen und Erste-Sparinvest, die Bank für Sozialwirtschaft sowie Union Investment mit Fonds für institutionelle Investoren. Derweil fehlen einige nachhaltige Produkte ganz in der Liste, etwa Fonds der GLS Bank und der nachhaltigen Fondsadresse Ökoworld. Auch einige kirchennahe Fonds, etwa die “KCD-” und die “Liga-Pax”-Reihe, die Union Investment für Kirchenbanken aufgelegt hat, oder der “Kirchen Balance” der DekaBank, tragen kein Siegel.Der Vertrieb von nachhaltigen Produkten werde durch die Auszeichnung womöglich erleichtert, sagte Kölsch. Darüber hinaus orientierten sich Investoren an den Mindeststandards, vorneweg der 24 Mrd. Euro schwere Atomfonds, der die Entsorgung des Atommülls decken soll. Wirkung per EngagementDie Analyse erfasst – neben den Negativkriterien – über das Sterne-Modell den Ablauf der Geldanlage. So fragen die Analysten der Universität Hamburg, wie ein Fondsmanagement Informationen einholt, Wertpapiere analysiert, mit Unternehmen Kontakt aufnimmt und wie nachhaltig ein Fondsanbieter insgesamt aufgestellt ist. Jenseits reiner Ausschlusskriterien gebe es durchaus wirkungsvolle Ansätze, sagte Busch. “Mit einer Dialog- oder Engagementstrategie kann man auf Schwachstellen hinweisen und zum Umlenken und Umdenken eines Unternehmens sehr effektiv beitragen.”