Förderinstitute brauchen Freiraum

Um ihren Auftrag erfüllen zu können, muss dem Alleinstellungsmerkmal Förderbank regulatorisch Rechnung getragen werden

Förderinstitute brauchen Freiraum

Die Lehre aus der Finanzkrise lautet: Politik, Aufsicht und Banken müssen gemeinsam dafür Sorge tragen, dass sich eine solche Krise nicht wiederholt und der Steuerzahler nicht noch einmal für die Rettung von Banken in Anspruch genommen wird. Es ist daher wichtig und richtig, die Anforderungen an Eigenkapital und Liquidität zu erhöhen und klare Regeln für Banken in Schieflage zu definieren. Der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands hat diese Zielsetzung und deren Umsetzung stets konstruktiv begleitet.Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass die Funktions- und die Wettbewerbsfähigkeit der Kreditwirtschaft nicht darunter leiden. Denn durch die in Anzahl, Umfang und Komplexität zunehmenden regulatorischen Anforderungen sind Banken zwischenzeitlich häufig stärker mit der Umsetzung dieser Anforderungen als mit dem eigentlichen Bankgeschäft befasst. Problematisch ist vor allem, dass Gesetzgeber und Behörden fast gar nicht mehr nach Geschäftsmodell und Risikogehalt differenzieren. Nicht nur international tätige Großbanken haben sich an die strengeren Anforderungen zu halten, die sich auch untereinander immer stärker überschneiden. Sie gelten auch für die regional verankerten, mittleren und kleinen Banken sowie für die Förderbanken des Bundes und der Länder und belasten diese damit proportional wesentlich stärker in ihrer Geschäftstätigkeit. Teil der LösungDabei geht insbesondere von den Förderbanken mit ihrem eng umrissenen und risikoarmen Geschäftsmodell keine Gefahr für die Stabilität des Finanzmarktes aus. Ganz im Gegenteil: Indem unsere Förderbanken während der Krise viele, gerade mittelständische Unternehmen unterstützt haben, haben sie eine potenzielle Kreditklemme verhindert. Sie waren und sind nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung. Im gesetzlichen Auftrag ihrer Eigentümer arbeiten sie an der Umsetzung wirtschafts-, arbeitsmarkt- und gesellschaftspolitischer Ziele, engagieren sich im sozialen Wohnungsbau, bei der Energiewende oder beim Breitbandausbau. Das sind Zukunftsinvestitionen und Wirtschaftspolitik mit bankenmäßigen Mitteln. Damit sind sie ein wesentlicher Bestandteil der deutschen Förderpolitik, was sich auch in Zahlen niederschlägt: So wurden im Jahr 2016 neue Förderkredite in Höhe von gut 70 Mrd. Euro ausgezahlt. Bürgschaften und Haftungsfreistellungen beliefen sich im gleichen Jahr auf mehr als 1,4 Mrd. Euro.Dennoch gelten für die deutschen Förderinstitute bei der Bankenaufsicht sowie den Berichts- und Meldepflichten grundsätzlich die gleichen Anforderungen wie für international tätige Großbanken. Drei deutsche Förderbanken unterstehen aktuell der unmittelbaren Bankenaufsicht durch die Europäische Zentralbank. Die EZB kontrolliert als Teil der Europäischen Bankenunion ursprünglich die systemrelevanten Banken Europas. Die Systemrelevanz wird vor allem von der Höhe der Bilanzsumme abhängig gemacht. Art und Risikogehalt der betriebenen Geschäfte haben hingegen so gut wie keinen beziehungsweise unzureichenden Einfluss auf das Ausmaß an Aufsicht und Regulierung. Dabei benötigen wir dringend eine differenzierte, verhältnismäßige und sachgerechte Regulatorik. Keineswegs ausreichendZwar haben der nationale und der europäische Gesetzgeber vereinzelt spezielle Regelungen für Förderbanken definiert, doch reichen diese keineswegs aus. So können unter der Bedingung, dass den Verbindlichkeiten einer Förderbank entsprechende Förderdarlehen gegenüberstehen, diese bei der Berechnung zur EU-Bankenabgabe abgezogen werden. Doch warum müssen Förderbanken überhaupt in ein Sicherungssystem einzahlen, von dem sie aufgrund staatlicher Haftungsgarantien und ihres risikoarmen Geschäftsmodells nie Gebrauch machen werden?Auch die Nullgewichtung von Forderungen an Förderbanken in der EU-Bankenverordnung CRR entlastet wenig, wenn gleichzeitig die von der EU-Kapitaladäquanzrichtlinie CRD erfassten Institute und damit auch die Förderinstitute die Vorgaben der europäischen Finanzmarktregulierung in vielerlei anderer Hinsicht erfüllen müssen: etwa die EU-Bankenabwicklungsrichtlinie BRRD, die SRM-Verordnung über den EU-Abwicklungsmechanismus oder die delegierten Verordnungen zur Sanierung und Abwicklung von Banken (trotz Anstaltslast und Gewährträgerhaftung). Ebenso finden die Vorschriften zum Abwicklungsfonds, die Einlagensicherung, die vorgesehene Finanztransaktionssteuer, die EZB-Aufsicht sowie die vorgesehene EU-Trennbankenverordnung Anwendung auf die Förderbanken.Im November 2016 hat die EU-Kommission einen Entwurf zur Überarbeitung der CRD vorgelegt, der der großen Bedeutung von Förderbanken für die europäischen Volkswirtschaften gerecht werden soll. So soll die Richtlinie nicht auf Institute angewandt werden, die staatliche Förderaufgaben wahrnehmen. Damit hat die Kommission einen großen Schritt in die richtige Richtung getan und das spezifische, risikoarme Geschäftsmodell erfreulicherweise anerkannt. Jedoch sind die Vorschläge noch nicht in allen Punkten praxisgerecht. Insbesondere zwei Kriterien bereiten uns noch Sorge.So eignet sich die Definition “gedeckter Einlagen” aus der EU-Richtlinie über Einlagensicherungssysteme nicht, um Förderbanken aus der CRD auszunehmen. Denn diese Richtlinie soll einen umfassenden Einlagenschutz sicherstellen. Entsprechend weit ist der Anwendungsbereich gewählt. Förderbanken das Einlagengeschäft generell zu verbieten, ist nicht zielführend. Rechtliche Vorgaben legen bereits fest, dass sie Einlagen- und Girogeschäft nur für eigene Rechnung und nur insoweit betreiben dürfen, als diese Geschäfte unmittelbar der Erfüllung ihrer öffentlichen Förderaufgaben dienen. Einlagengeschäfte mit Verbrauchern betreiben die Förderbanken ohnehin nicht.Weiterhin darf die Bilanzsumme eines Instituts einen Schwellenwert von 30 Mrd. Euro nicht überschreiten, ansonsten gilt automatisch die CRD. Diese Grenze sagt aber nichts über die Systemrelevanz einer Förderbank aus – schon allein weil von Förderbanken aufgrund der Gewährträgerhaftung keine systemischen Risiken ausgehen können. Zudem hängt ihre Mittelausstattung ausschließlich vom jeweiligen öffentlichen Träger, vom Hoheitsgebiet und vom Umfang der jeweiligen Aufgabenübertragung ab. Große Volkswirtschaften benötigen zudem starke Förderbanken, einerseits um ihre wirtschafts-, struktur- und gesellschaftspolitischen Ziele zu verwirklichen, andererseits als Garanten der Finanzmarktstabilität. Dies hat uns die Finanzkrise gelehrt. Thema Leverage RatioAuch das Thema Leverage Ratio darf nicht unerwähnt bleiben. Die risikounabhängige Verschuldungsquote stellt das regulatorische Eigenkapital dem Gesamtgeschäftsvolumen einer Bank gegenüber und darf einen fest definierten Wert nicht überschreiten. So soll eine übermäßige Verschuldung von Kreditinstituten verhindert werden. So weit, so gut. Werden in Zukunft aber auch Förderkredite auf die Leverage Ratio angerechnet, würden diese im Falle ihrer Weiterleitung nach dem Hausbankprinzip mehrfach mit Eigenmitteln unterlegt werden müssen. In der Folge würde der Förderauftrag damit negativ beeinträchtigt werden. Die im November 2016 in der Überarbeitung der CRR vorgesehenen Ausnahmen müssen daher zwingend in das endgültige Gesetz Eingang finden. Aus der Krise gelerntFörderbanken sind in Europa längst keine deutsche Ausnahmeerscheinung mehr. Andere Mitgliedstaaten der EU haben aus der Krise gelernt und Förderbanken gestärkt oder sogar neu gegründet, um positive volkswirtschaftliche Effekte zu erzielen.Das bestehende regulatorische Korsett erschwert die Durchführung des öffentlichen Auftrags der Förderbanken und ist volkswirtschaftlich nicht von Nutzen. Jeder Euro, den Förderbanken für Regulatorik ausgeben müssen, fehlt bei der Förderung und kommt nicht beim Unternehmer an. Die bestehenden Erleichterungen reichen nicht aus, um dem Alleinstellungsmerkmal Förderbank gerecht zu werden. Die Förderbanken müssen aus der CRD und der CRR ausgenommen werden und sind künftig wie schon vor der europäischen Bankenregulierung auf nationaler Ebene zu beaufsichtigen und zu regulieren.—Otto Beierl, Stellvertretender Präsident des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖB, und Vorstandsvorsitzender der LfA Förderbank Bayern