Förderung und Finanzierung von Start-ups forcieren

Startbase soll zur zentralen Anlaufstelle der Gründerlandschaft heranwachsen

Förderung und Finanzierung von Start-ups forcieren

Baden-Württemberg ist ein Innovationsmotor in Deutschland: Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sind hier bezogen auf die Bevölkerungszahl doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Auch international hat Baden-Württemberg einen Spitzenplatz. Nirgendwo sonst in Europa ist der Beschäftigtenanteil industrieller Hochtechnologiebranchen höher, nirgendwo sonst werden mehr Patente angemeldet.Viele Innovationsträger in Baden-Württemberg sind weltweit agierende mittelständische Unternehmen, die ihre Technologien, Produkte und Dienstleistungen stetig verbessern. Dabei stehen sie im globalen Wettbewerb – zunehmend auch mit Start-ups aus aller Welt. Denn diese neuen Konkurrenten treiben außerhalb etablierter Unternehmensstrukturen Sprunginnovationen voran, die bestehende Märkte vollständig verändern und neue Märkte entstehen lassen. Ihr Einfluss wird weiter wachsen – das spüren selbst industrielle Kernbranchen wie der Automobilsektor. Zur Spitzengruppe gehörenDamit Baden-Württemberg seine Innovationsführerschaft behält, muss das Land in Zukunft auch mit seiner Start-up-Landschaft zur Spitzengruppe in Deutschland gehören. Tatsächlich steigt der Einfluss von Start-ups auf die Entwicklung neuer Technologien, und im innerdeutschen Vergleich holt das Bundesland auf. Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft EY konnten baden-württembergische Start-ups im ersten Halbjahr 2019 rund 150 Mill. Euro Risikokapital von Investoren einwerben. Die Summe hat sich im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht und entfiel auf 25 Finanzierungen, insbesondere im Bereich Software und Analytics. Damit liegt Baden-Württemberg auf Platz vier in Deutschland – in Berlin als Spitzenreiter gab es im gleichen Zeitraum 130 Finanzierungen mit einem Volumen von über 2 Mrd. Euro.Die Bedeutung einer starken Gründerszene für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg hat in den vergangenen Jahren auch die Landesregierung erkannt. Ihre Initiative Start-up BW verfolgt das Ziel, die Vernetzung der einzelnen Start-up-Ökosysteme zu verbessern und Gründer in verschiedenen Phasen wirkungsvoll zu unterstützen. Vorbild war die Förderung in Israel, einer der führenden Start-up-Nationen weltweit. Privatwirtschaft engagiert sichZudem engagiert sich in Baden-Württemberg zunehmend auch die Privatwirtschaft. So hat beispielweise GFT Technologies als Anbieter für Bankensoftware sein branchenübergreifendes Innovationszentrum CODE_n in Stuttgart angesiedelt und nicht in einem der Hubs Berlin oder München. Mit der Start-up-Autobahn bringt Daimler den Spirit aus dem Silicon Valley nach Stuttgart, und Bosch hat mit seiner Start-up-Plattform grow einen eigenen Inkubator in Ludwigsburg an den Start gebracht.Auch Akteure der Finanzwirtschaft wie die Allianz entdecken den Standort Baden-Württemberg als geeignetes Versuchslabor, um digitale Finanzinnovationen zu entwickeln. Ein Beispiel für die gelungene Vernetzung von Start-ups mit etablierten Unternehmen sind die FinTech Days der Finanzplatzinitiative Stuttgart Financial.Trotz aller Fortschritte ist das Start-up-Ökosystem in Baden-Württemberg – wie andernorts in Deutschland auch – weiterhin sehr stark regional geprägt. Dabei wäre es im Interesse von Gründern, dass der Austausch mit Investoren, Partnern und anderen Start-ups nicht an den Landesgrenzen endet. Wie aus regionalen Initiativen eine überregionale Start-up-Landschaft entstehen kann, hat ebenfalls Israel vorgemacht. Dort macht mit Start-Up Nation Finder eine zentrale digitale Plattform das gesamte Start-up-Ökosystem des Landes sichtbar. Bemerkenswertes ErgebnisDiesen Ansatz haben die Gruppe Börse Stuttgart und der Bundesverband Deutscher Startups gemeinsam aufgegriffen und erfolgreich für Deutschland umgesetzt. Das bemerkenswerte Ergebnis ist Startbase: Die Ende September 2019 gestartete, digitale Plattform bildet das fragmentierte deutsche Start-up-Ökosystem erstmals zentral ab und schafft wertvolle Synergien. Mit einer Präsenz auf Startbase werden Start-ups für Kunden, Investoren und potenzielle Partner wesentlich sichtbarer und können sich endlich einfach und schnell vernetzen.Das Interesse daran ist enorm: Bereits zum Start von Startbase waren über 600 Start-ups, rund 85 Investoren und 40 etablierte Unternehmen vertreten. Die umfassenden Suchfunktionen der Plattform erlauben es allen Akteuren, schnell neue Kooperationspartner zu identifizieren, Interessierte anzusprechen und stets über aktuelle Entwicklungen informiert zu bleiben. Als eine Art digitale “Gelbe Seiten” für das Start-up-Ökosystem schafft Startbase bisher ungekannte Transparenz in der Gründerlandschaft in Deutschland und soll zu ihrer zentralen Anlaufstelle heranwachsen. So trägt Startbase maßgeblich dazu bei, dass deutsche Start-ups national wie international mehr Aufmerksamkeit erhalten.Die Gruppe Börse Stuttgart steuert bei Startbase auch Know-how in den Bereichen Kapitalmarkt und Unternehmensfinanzierung bei. Denn es ist die ureigene Aufgabe einer Börse, junge Unternehmen bei der Kapitalbeschaffung zu unterstützen – neben größerer Sichtbarkeit und besserer Vernetzung eine weitere zentrale Herausforderung für Start-ups. Wie wichtig es ist, den Zugang zu Kapital zu verbessern, zeigt ein Blick auf die verbreitetsten Finanzierungsquellen von Start-ups: Laut einer Erhebung des Bundesverbands Deutscher Startups greifen Gründer hierzulande in erster Linie auf eigene Ersparnisse, staatliche Förderung sowie auf Freunde und Familien als Kapitalquellen zurück. Mit deutlichem Abstand folgen Wagniskapitalgeber und Banken, der Kapitalmarkt spielt nur eine sehr geringe Rolle. Virtuelle Datenräume geplantStartbase will junge Unternehmen dabei unterstützen, ein breiteres Spektrum an Möglichkeiten zur Kapitalbeschaffung zu erschließen. Deshalb erleichtert die Plattform den aufwendigen Informationsaustausch zwischen Start-ups und Kapitalgebern. So sind virtuelle Datenräume geplant, in denen junge Unternehmen ihren Investoren vertrauliche Informationen zur Verfügung stellen, die diese in standardisierter Form weiterverarbeiten können. Dies ist ein wichtiger Schritt in Richtung eines standardisierten und effizienten Zugangs zu klassischem Wagniskapital. Damit leistet Startbase einen wichtigen Beitrag zur weiteren Etablierung und Professionalisierung der Wagniskapitallandschaft in Deutschland.Der klassische Finanzierungspfad führt bei Start-ups über private Risikokapitalgeber zum öffentlichen Kapitalmarkt. Gerade für größere Start-ups ist ein Börsengang eine geeignete Möglichkeit, Eigenkapital aufzunehmen. Daneben ist auch die Aufnahme von Fremdkapital über Anleiheemissionen denkbar. Neben diese bekannten Finanzierungsformen treten im Zuge der digitalen Transformation der Finanzmärkte neuartige Möglichkeiten: Für kleinere Start-ups kann die Ausgabe digitaler Token auf Basis der Blockchain-Technologie interessant sein. Dies ist im Vergleich zum Schritt an den klassischen Kapitalmarkt relativ kostengünstig.Ein weiterer Vorteil liegt in der Flexibilität: So lassen sich über die Ausgabe von Token sowohl Unternehmen als auch einzelne Projekte oder Produkte finanzieren. Aus Investorensicht werden sehr zielgerichtete Investitionen und eine direkte Beteiligung an Projekterfolgen möglich. Anders als bisher könnten auch Privatanleger schon mit kleineren Beträgen in Start-ups investieren und dabei eine angemessene Diversifikation umsetzen. Dabei müssen sie neben den Chancen allerdings auch die erhöhten Risiken beachten, die mit einem Engagement bei Start-ups einhergehen.Die Börse Stuttgart als Partner bei Startbase schafft seit Mitte 2018 eine durchgängige Infrastruktur für digitale Assets wie Kryptowährungen und Token. Im Aufbau ist eine Plattform, die Unternehmen die Emission von Token mit standardisierten und transparenten Abläufen erlaubt. Eine multilaterale Handelsplattform soll perspektivisch auch den Handel von Token in einem Sekundärmarkt ermöglichen. So könnte ein liquider Markt für Direktinvestitionen in Start-ups entstehen, der für breite Investorenkreise zugänglich ist. Dies würde nicht zuletzt den Druck des klassischen Wagniskapitalmodells verringern, ein Start-up schnell zum Exit führen zu müssen. Die Bereitschaft von Investoren, längerfristig Kapital für innovative Geschäftsideen bereitzustellen, würde nachhaltig erhöht. Das Start-up-Ökosystem kann dadurch in vielfältiger Weise gestärkt werden – und Innovationen bekommen mehr Raum, sich zu entfalten. Michael Völter, Vorstandsvorsitzender der Vereinigung Baden-Württembergische Wertpapierbörse e.V.