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Franken-Schock erhöht Druck auf die Schweizer Banken

Von Daniel Zulauf, Zürich Börsen-Zeitung, 27.1.2015 Mit der Aufgabe der Euro-Wechselkursuntergrenze durch die Schweizerische Nationalbank nimmt auch im Schweizer Bankensektor der Druck auf Erträge und Margen weiter zu. Die Investoren haben die zu...

Franken-Schock erhöht Druck auf die Schweizer Banken

Von Daniel Zulauf, ZürichMit der Aufgabe der Euro-Wechselkursuntergrenze durch die Schweizerische Nationalbank nimmt auch im Schweizer Bankensektor der Druck auf Erträge und Margen weiter zu. Die Investoren haben die zu erwartende negative Entwicklung teilweise bereits vorweggenommen. Die meisten Bankenaktien haben seit dem Franken-Schock vom 15. Januar deutlich höhere Kursverluste erlitten als der Gesamtmarkt. Die Credit-Suisse-Titel büßten in den vergangenen zehn Tagen rund 17 % ein, die Julius-Bär-Titel verloren 18 % und die Papiere der Zürcher Investment- und Vermögensverwaltungsbank Vontobel bewegten sich 17 % unter dem Schlussstand vom 14. Januar. Besser aus der Affäre zog sich die UBS, deren Titel mit einem Minus von knapp 9 % die Performance des Gesamtmarktes leicht übertrafen.Grundlage für die düsteren Erwartungen der Finanzmarktteilnehmer ist eine Kombination von verschiedenen Faktoren, deren Auswirkungen in der Summe allerdings deutlich schwieriger zu prognostizieren ist als im Fall des exportorientierten Industriesektors. Analysten prognostizierten hohe Handelsverluste bei großen Schweizer Geldhäusern, was diese dementierten: UBS, Credit Suisse und Julius Bär betonten unisono, der Wechselkursschock habe das Handelsgeschäft nicht nennenswert beeinträchtigt.Auch den Befürchtungen über kräftige Verluste im Eigenkapital widersprachen die Institute postwendend. Die Maßnahme der SNB habe “keinen materiellen Einfluss auf die Kapitalquote”, so Credit Suisse. Das in Aktivitäten außerhalb der Schweiz eingesetzte Kapital werde gegen Wechselkursschwankungen abgesichert. Entsprechende Andeutungen waren auch von der UBS zu vernehmen. Die größte Schweizer Bank hatte am Freitag mitgeteilt, sie habe das Geld für eine Sonderausschüttung von 0,25 sfr (0,25 Euro) pro Titel bereits zurückgelegt. Die Skepsis bleibtWährend die UBS die Investoren einigermaßen zu beruhigen vermochte, herrscht gegenüber den anderen Finanzinstituten weiterhin Skepsis. Im Fall der Credit Suisse befürchten die Anleger einen substanziellen Rückgang der Erträge unter den neuen Wechselkursverhältnissen. Sie beziehen sich dabei auf eine von der Bank selber in ihrem letzten Quartalsbericht veröffentlichte Analyse, der zufolge das Institut bei einem 10 % tieferen Dollar- und Euro-Kurs im Neunmonatszeitraum rund 620 Mill. sfr weniger Vorsteuergewinn hätte ausweisen können.Aufgrund dieser Aussage rechnen Finanzanalysten im laufenden Jahr mit einem Gewinnrückgang bei der Credit Suisse um bis zu 20 %. Dementsprechend kursierten am Wochenende auch Gerüchte über ein neues Kostensenkungsprogramm bei der zweitgrößten Schweizer Bank im Umfang von 500 Mill. sfr. Entscheidungen seien diesbezüglich aber noch keine gefallen, sagte ein Sprecher. Auch bei der UBS rechnen die Analysten mit einem Gewinnrückgang im laufenden Jahr um rund 15 %. Eine Ausweitung des laufenden Kostensenkungsprogrammes dürfte auch dort ein Thema sein. Restrukturierungsmaßnahmen sind in einer ersten Phase allerdings immer mit hohen Kosten verbunden. Das schmälert die Gewinnaussichten der Banken für das laufende Jahr zusätzlich.Diese Eintrübung der Ertragsperspektiven kommt für die großen Häuser zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Sie müssen im laufenden Jahr mit einer weiteren Verschärfung der Kapitalanforderungen rechnen. Der im Dezember vorgestellte Bericht der Expertenkommission Brunetti empfiehlt dem Bundesrat, die Anforderungen an die maximale Verschuldungsquote (Leverage Ratio) der Großbanken deutlich zu erhöhen. Nur knapp über MinimumDie minimale Leverage Ratio für systemrelevante Schweizer Banken unter Ausklammerung besonderer Formen von Wandlungskapital für Krisenfälle liegt mit 3,12 % nur knapp über dem internationalen Minimalstandard von 3 %. Die Schweiz sollte sich aber an den höchsten Standards messen, und diese betrügen in den USA künftig 5 bis 6 %, so die Kommission. Es ist deshalb zu erwarten, dass die Großbanken in den nächsten Jahren substanzielle Beträge aus ihren Gewinnen zum weiteren Aufbau von hartem Eigenkapital zurücklegen müssen. Diese zu erwartenden Gewinnrücklagen könnten dereinst auf Kosten der Dividende gehen, was die harsche Reaktion der Börse erklärt. Puffer durch AuslandserträgeBei den international breit aufgestellten Großbanken fällt aber immerhin gut die Hälfte der Kosten im Ausland an, was den negativen Wechselkurseffekt auf deren Erfolgsrechnung deutlich schmälert. Bei den auf das Vermögensverwaltungsgeschäft spezialisierten Privatbanken ist dieser Vorteil deutlich geringer. Nach Einschätzung der Ratingagentur Fitch sind diese Banken denn auch am stärksten von den unmittelbaren Folgen des Wechselkurseffektes betroffen.Stark herausgefordert ist diesbezüglich der Finanzplatz Genf, an dem die Banken ihre überwiegend internationale Kundschaft bedienen. “Die Kosten fallen für uns vor allem in Franken an, die Einnahmen erzielen wir jedoch meist auf der Basis von Fremdwährungen. Darum werden unsere Erträge sinken, wenn die Wechselkursverhältnisse so bleiben”, erklärte Patrick Odier, Geschäftsführender Partner der alteingesessenen Genfer Privatbank Lombard Odier.Die mit dem Wechselkursschock einhergehende konjunkturelle Abkühlung, wie sie von allen Schweizer Ökonomen erwartet wird, könnte sich mittelfristig aber auch nachteilig auf das inländische Kreditgeschäft auswirken. Forderungen gegenüber Exportunternehmen, die in den nächsten Monaten mit deutlichen Gewinneinbußen rechnen müssen, mutieren für die kreditgebenden Banken nun zunehmend zum Risiko, mahnt Fitch. Dasselbe gilt auch für den stark von ausländischen Kunden abhängigen Tourismussektor. Ein starker Anstieg der Kreditverluste, die in den vergangenen Jahren stetig zurückgegangen sind und ein historisch tiefes Niveau erreicht haben, ist vorläufig aber kaum zu erwarten. Viele Unternehmen verfügen über eine solide Kapitalbasis, und die Banken waren in den vergangenen Jahren bei der Vergabe von Darlehen an exponierte Branchen mehrheitlich vorsichtig. Schnellere KonsolidierungDennoch zweifelt niemand daran, dass die Schweizer Banken auf ein sehr schwieriges Jahr zusteuern. Die Branchenkonsolidierung, wie sie schon seit etlichen Jahren zu beobachten ist, dürfte sich nach Auffassung der meisten Beobachter weiter beschleunigen. Ein damit einhergehender Personalabbau wird wohl kaum zu vermeiden sein.