Franklin Templeton reißt das Ruder herum
Von Silke Stoltenberg, Frankfurt
Zwei Jahre nach seinem Amtsantritt ist es dem Deutschlandchef von Franklin Templeton, Stefan Bauer, nach Darstellung der Gesellschaft gelungen, das Ruder herumzureißen – vor allem dank der Übernahme von Legg Mason. Trotz der durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Verwerfungen und trüber Stimmung an den Börsen gab es hierzulande für die US-Fondsgesellschaft erstmals seit Jahren im laufenden Turnus wieder Mittelzuflüsse. Per Ende Juli summieren sich die Nettomittel auf rund 700 Mill. Euro. „Es ist das beste Jahr seit 2013, wir konnten die guten Produkte und Strategien von sechs Investmentboutiquen, die mit dem Kauf von Legg Mason seit 2020 zu Franklin Templeton gehören, hierzulande prima vermarkten“, sagt Bauer im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.
Besser vermarktet
Während die Muttergesellschaft durch die Übernahme von Legg Mason schlagartig doppelt so groß wurde, war das Geschäft der übernommenen Gesellschaft hierzulande mit etwa 1 Mrd. Euro eher überschaubar. Nach der Integration der Kollegen von Legg Mason hätten es dann die Vertriebsmitarbeiter von Franklin Templeton geschafft, das Neugeschäft der neuen Produkte zu verdreifachen und das verwaltete Volumen zu verdoppeln. Dank dieser breiteren Produktpalette gelang es dem Team von Bauer, wieder in die schwarzen Zahlen zurückzukommen – das gab es schon lange nicht mehr (siehe Grafik). Jetzt gilt es natürlich, aus der Trendwende einen nachhaltigen Aufwärtstrend zu machen, was im jetzigen Umfeld des allgemein schwächelnden Fondsgeschäfts keine leichte Aufgabe ist.
Die große Übernahme von Legg Mason war für Franklin Templeton ein weiterer Schritt, um die Abhängigkeit von den früheren Blockbuster-Produkten „Templeton Growth“ und „Templeton Global Bond“ des bekannten Anleihefondsmanagers Michael Hasenstab, die schon vor Jahren in die Krise getrudelt waren, zu reduzieren. Wegen enttäuschender Renditen hatten die beiden großen Investmentfonds ordentlich Anlegergelder verloren.
Trotz des Schwungs im Neugeschäft konnte sich Franklin Templeton indes nicht den Rückschlägen an den Börsen entziehen. Das verwaltete Vermögen in Deutschland ging auf 20,9 Mrd. Euro zurück. Jenseits aller Aktivitäten, die sich in den offiziellen Statistiken aber nicht wiederfinden, sei das Deutschland-Geschäft aber mehr als 30 Mrd. Euro groß, versichert Bauer. Er hatte im vergangenen Jahr verkündet, innerhalb der nächsten fünf Jahre auf 50 Mrd. Euro wachsen zu wollen (vgl. BZ vom 25.9.2021). Die durch den Krieg ausgelöste Krise hat dieses Vorhaben erschwert.
Das Neugeschäft wiederum wäre ohne den Kriegsausbruch noch höher ausgefallen, führt Bauer aus. Seit Februar litt Franklin Templeton wie viele Wettbewerber unter einem schwachen Absatz, der sich dann gen Sommer hin aber wieder deutlich erholte.
„Das Neugeschäft läuft in diesem Jahr in beiden Bereichen gut, sowohl bei den Privatkunden als auch bei den institutionellen Anlegern, wobei es allerdings bei letzterer Gruppe viele gibt, die in den letzten Monaten ihre Risikobudgets gerissen haben und jetzt nicht mehr so investieren können, wie sie möchten“, schildert der 50-Jährige.
Value-Aktien gefragt
Nicht nur das Deutschland-Geschäft habe von der Legg-Mason-Übernahme profitiert, sondern auch das Geschäft in Europa, sagt Bauer. Mehr als die Hälfte der europäischen Länder habe zuvor Abflüsse gehabt. „Natürlich hat uns aber auch geholfen, dass dieses Jahr wieder die Value-Aktien im Fokus stehen.“ Wer auf Value-Aktien setzt, sucht Unternehmen mit Substanz, deren fundamentaler Wert unterhalb des aktuellen Aktienpreises liegt.
Dieser Investmentansatz hat in Krisenzeiten Konjunktur und wird ganz grundsätzlich schwerpunktmäßig bei Franklin Templeton verfolgt. Diese Haltung hatte der Gesellschaft in den vergangenen Jahren schwer zugesetzt, als die Growth-Aktien, die eher jungen und schnell wachsenden Unternehmen insbesondere aus dem Technologiesektor, schwer gefragt waren.
Nach dem Zukauf von Legg Mason ist die US-Fondsgesellschaft in Shopping-Laune geblieben. Im alternativen Bereich wurde Ende letzten Jahres der Private-Equity-Spezialist Lexington Partners aus New York erworben, im vergangenen Mai kam das Private-Credit-/Private-Debt-Haus Alcentra hinzu. Somit kommt die Gesellschaft nunmehr auf rund 20 Investmentboutiquen unter ihrem Dach.
Die alternativen Investments spielen für die Zukunftsstrategie des Assetmanagers eine große Rolle. „Das alternative Segment ist derzeit in der Hand der institutionellen Anleger, aber wir überlegen derzeit, mit welchen Angeboten wir die Private Investments auch für Kunden im Bereich Wealth Management investierbar machen könnten“, berichtet Bauer. Das Problem bei Private Equity oder anderen Anlageformen aus diesem Segment sind zum einen die Losgrößen des Investments im Millionenbereich, die für Privatkunden unüblich sind. Zum anderen ist diese Anlagekategorie extrem illiquide. „Um die Gefahr der Illiquidität zu verringern, wären etwa Multi-Asset-Fonds mit alternativen Investments eine Möglichkeit sowie die Einschränkung der Rückgabemöglichkeiten auf wenige Termine pro Jahr.“
Lokaler ausgerichtet
Zugleich ist Bauer in den letzten Monaten bei seinem Vorhaben vorangekommen, das Deutschland-Geschäft lokaler auszugestalten, indem große Teile der Wertschöpfungskette aus London nach Frankfurt verlagert werden sollen. Hier geht es um Legal oder Compliance, die Investmentexpertise wie auch den um den Prozess der Mandateausschreibung.
Franklin Templeton ist seit geraumer Zeit dabei, den einzelnen Ländern mehr Entscheidungsbefugnis über ihr lokales Geschäft zu geben. Dafür wurden in Frankfurt entsprechende Spezialisten in der jüngsten Zeit eingestellt: für die Immobilienstrategie „Franklin Templeton Social Infrastructure“, im Vertrieb der Indexfonds und für die Mandateausschreibung. Geplant ist zudem die Einstellung eines Vertriebsexperten für das alternative Segment. Da aber zugleich Mitarbeiter der Abwicklungsabteilung durch den Verkauf der sogenannten Global Transfer Agency Services an das Finanztechnologieunternehmen FIS zu dem neuen Eigentümer gewechselt sind, schrumpfte die Zahl der Mitarbeiter von zuletzt 100 auf 75.
Auf Nachhaltigkeit umgestellt
Die Umstellung der Fondspalette auf nachhaltige Fonds nach der EU-Offenlegungsverordnung schreitet voran. Von den 192 über Luxemburg aufgelegten Fonds für das deutsche Geschäft sind bereits 38 nach Artikel8 eingestuft (nachhaltige Anlagekriterien werden im Investmentprozess mit berücksichtigt) und sechs Fonds plus die Strategie mit den sozialen Infrastruktur-Immobilen nach Artikel 9 (dezidiert nachhaltige Anlagestrategie). Anleger legten auf die Einstufung nach zumindest Artikel 8 großen Wert, so Bauer.
Doch die Umstellung der Fondspalette komme nicht so schnell voran wie erhofft. „Die Luxemburger Aufsicht CSSF ist überlastet mit den ganzen Anträgen auf Einstufung nach der Offenlegungsverordnung, hier haben wir derzeit ein echtes Nadelöhr bei der angestrebten Umstellung der Fondspalette.“